Biohacking - Gentechnik aus der Garage
Bausteine der DNA, und setzen sie neu zusammen.“ Er baut also auf mehr als drei Milliarden Jahren Evolution auf. Produziert hat diese künstliche Mikrobe, bis dieses Buch in den Druck ging, allerdings noch nichts – außer Schlagzeilen.
Venters Mikroben mit echtem Minimalgenom wären das reduzierteste Leben überhaupt. Nähme man ihnen nur ein einziges Gen weg, wären sie nicht mehr nachhaltig lebens- und vermehrungsfähig. Tom Knight müsste solch bis an die Grenzen gehende Verringerung der Komplexität eigentlich gefallen. Aber tatsächlich hält er diese bislang sehr minimalistischen Ansätze für seine Zwecke für nicht ausreichend. „Es gibt einen kleinen, aber wichtigen Unterschied zwischen minimal und einfach“, sagt Knight. Wer ein einfaches System herstelle, erhalte sich gewisse Redundanzen, „wer einen Minimal-Organismus herstellt, der verliert einen wichtigen Aspekt des Systems, die Modulierbarkeit.“ Und Module einzubauen und auszutauschen und miteinander zu synchronisieren – auf eine Weise, dass Zellen oder Lösungen voller biologischer Moleküle das machen, was der Ingenieur will –, ist das erklärte Ziel.
Und langfristig darf es auch gerne wieder etwas komplexer werden, zumindest was die Ergebnisse solcher Bioproduktion angeht. Knight spricht etwa von einem Handy, das man sich bestellt und bei dem gleich eine Mini-Biofabrik zum Herstellen von mehr solchen Handys im Lieferumfang enthalten ist. Man kann ihn nun für völlig verrückt halten, denn nicht nur Biotelefone sind schwer vorstellbar, sondern auch ein Wirtschaftssystem, in dem sich Hersteller damit begnügen, einmal etwas zu verkaufen, damit die Verbraucher es dannvervielfältigen. So etwas lassen sich etwa Saatgut- oder Musikproduzenten schon heute nicht unwidersprochen bieten. Tatsächlich, sagt Knight selber, müsste eine solche Entwicklung mit einer „radikalen Transformation der ökonomischen Landschaft“ einhergehen. Die technologische Transformation allerdings werde kommen: „Langfristig gesehen werden wir molekulare Teile für Hochleistungscomputer produzieren mithilfe biologischer Systeme oder zumindest biochemischer Prozesse – vermutlich nicht mehr zu meinen Lebzeiten, aber es wird passieren, ganz sicher.“
Die Idee vom Biohandy zum Selberkopieren klingt zwar abgedreht, und ein ökonomisches Modell drumherum muss erst noch erfunden werden. Wonach sie nicht klingt, ist Hacking. Und sie klingt auch nicht nach echtem Do-it-yourself. Doch auch wer heute in Eigenleistung sein Haus baut, wird in den seltensten Fällen die Ziegelsteine selber brennen und die T-Träger im eigenen Walzwerk herstellen. Bastler besorgen sich immer Bausteine, Hardware-Hacker Platinen, Software-Hacker Programme und Code-Schnipsel. Bei den synthetischen Biologen heißen die Bausteine dann eben BioBricks. Und sie sind keine Zukunftsvision, sondern es gibt sie bereits in über 20 000 Variationen. Etwa 7000 sind derzeit lieferbar. Und wer hat sie erfunden? Tom Knight.
Mit einem Bakterium (Aliivibrio fischeri) , das im Dunkeln leuchten kann, begann er zusammen mit Kollegen schon in den 90er Jahren, an solchen standardisierten Genbausteinen zu arbeiten. „Wie kann ein Elektroingenieur ein Bakterium, das leuchtet, nicht lieben?“, stößt der sonst eher langsam und sonor erzählende Knight mit einem Lachen hervor. Doch der biokonvertierte Elektronikingenieur wollte den Genen seines geliebten leuchtenden Babys vor allem eine ordentliche Erziehung verpassen. Sie sollten verlässlich Funktionen erfüllen, wenn man sie einem anderen Bakterium einbaut, zum Beispiel eben leuchten. Sie sollten beliebig zusammensteckbar sein, damit das Bakterium zum Beispiel, wenn es leuchtet, auch gleichzeitig eine bestimmte Substanz produziert. Und sie sollten steuerbar sein, die Mikrobe sollte also etwa bei einem Lichtimpuls von außen für eine halbe Stunde das Leuchten einstellen.
All das und vieles mehr funktioniert bereits, und es klingt nach der idealen Spielwiese für Hobbybiologen, Biohacker, Garagen-Mikrobenbastler. Allerdings entschieden sich Knight und seine Mitarbeiter früh, dass nicht jeder mitspielen darf bei diesem Spiel des Lebens. Der iGEM-Wettbewerb, 13 den sie 2004 zum ersten Mal veranstalteten, ist zwar offen für alle möglichen Teams. Diese müssen aber von Biotech-Profis betreut werden und in für einfache gentechnische Versuche zertifizierten Labors arbeiten, so wie Bernadette und ihre Mitstreiter.
Warum Do-it-Yourself-Biologen von ihm keine
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