Biohacking - Gentechnik aus der Garage
Verwendung der BioBricks geradestanden, konnten beispielsweise die Biohacker des New Yorker Gemeinschaftslabors Genspace oder des Pariser La Paillasse mit BioBricks arbeiten. Offiziell. Es geht natürlich, mit ein paar Tricks, auch anders. Wir wissen jedenfalls von Biohackern, die bereits mit BioBricks experimentiert haben.
Die allermeisten Biohacker-Labors sind bislang mit Geräten, Zutaten und Expertise nicht gut genug ausgestattet, um dort wirklich mit anspruchsvollen Gentechniken arbeiten zu können. Die sind aber für synthetische Biologie nötig. Wer sie betreiben will, muss meist nicht nur ein Gen, sondern gleich mehrere miteinander kommunizierende Gene zwischen Organismen transferieren. In unserer fast dreijährigen Recherche haben wir keinen Biohacker getroffen, von dem wir hätten sagen können, dass er bereits synthetische Biologie betreibt.
Unmöglich ist es allerdings nicht, wie das Beispiel von Stephen del Cardayre zeigt. Zwar bezeichnet er sich nicht als Biohacker, sondern ist Biochemiker und Forschungschef der Biotech-Firma LS9. Die hat Coli-Bakterien mithilfe synthetischer Biologie so verändert, dass sie Bioethanol aus nachwachsenden Rohstoffen, wie zum Beispiel Zuckerrohr, herstellen können. Doch er sagt: „Große Ideen können überall beginnen, und im Fall von LS9 haben wir anfangs im Büro und später sogar in meinem Haus gearbeitet.“ Und natürlich könne man auch in einer Garage starten. Doch irgendwann, wenn aus der Idee oder dem synthetisch-biologisch hergestellten Prototyp-Organismus dann ein Produkt werden soll, wird es – Tom Knight wird das nicht freuen – dann doch wieder zu komplex. Und zu teuer. „Man braucht Geld, das Ganze hier ist nicht billig, denn manbraucht die Ausrüstung, die Materialien, die Leute, und es ist viel Arbeit.“
Bernadette, Miles, Patrick und der Rest des Baltimore-Teams haben ihr Projekt präsentiert. Burkett ist zufrieden und durchaus auch stolz, dass er seine Leute so weit gebracht hat. „Ich war ehrlich gesagt ziemlich erstaunt, dass wir nicht mehr Aufmerksamkeit bekommen haben für unsere Bemühungen, Wissenschaft zu demokratisieren, denn genau das hat andere Zuhörer immer sehr nervös gemacht“, kommentiert Patrick O’Neill die eher verhaltene Reaktion der Jury.
Tatsächlich sind solche Demokratisierungsbemühungen derzeit noch die Ausnahme. Aber davon auszugehen, dass die meisten iGEM-Geeks als gut finanzierte Profiforscher oder Elite-Studenten möglicherweise gar nicht den Bedarf dafür sehen, wäre wahrscheinlich falsch. Wir haben jedenfalls jede Menge Leute dort getroffen, die DIY-Forschung, unabhängiger Biotech-Bastelei und Biohacking mit Sympathie begegneten und es vielleicht auch selbst einmal versuchen wollten.
Zur großen Preisverleihung versammeln sich die 128 Teams im größten Hörsaal auf dem MIT-Campus, dem muschelartigen Kresge-Auditorium für rund 1200 Zuhörer. Und der Saal wird voll bis auf den letzten Platz. Einige Teams müssen sogar auf den Gängen sitzen. Die Gruppen sind leicht erkennbar am Outfit: Mal nur knallorange T-Shirts mit dem Namen der Heimat-Uni, aber mitunter sogar auch Anzüge, Dirndl-Tracht oder Krawatte. Hier und da vermischen sich die Farben auch. Die trotz Alkoholfreiheit rauschende Party am Vorabend scheint solche teilweise internationalen Kontakte begünstigt zu haben.
Die Spannung steigt. Für das traditionelle Gruppenfoto schreien all die, die es in den überfüllten Hörsaal geschafft haben, ein ohrenbetäubendes „iGEM“ ins Weitwinkel-Objektiv des Fotografen. Mit Gejohle und Klatschen wird danach der Einmarsch der Jury gefordert. Neben Biologie-Professoren besteht diese auch aus ehemaligen iGEM-Teilnehmern und auch Biohackern wie etwa Mac Cowell. Und dann ist der Moment da, auf den alle sechs Monate lang hingearbeitet haben. Unter donnerndem Applaus betritt die Jury den Raum, und die Zeremonie beginnt. Und sie dauert lange, denn es gilt, nichtnur einen, sondern viele Preise zu verteilen: für den besten neuen BioBrick, das beste Poster, die beste Präsentation, das beste Software-Tool, das beste medizinische Projekt, das beste Umwelt-Projekt, Gold-, Silber- und Bronzemedaillen ...
Die begehrteste Trophäe, den goldenen BioBrick, bekommt in diesem Jahr das Team aus Slowenien. Sie gewinnen mit einer Technik, die Proteine und Enzyme wie an einem molekularen Fließband anordnen und so zur Zusammenarbeit zwingen kann. Es ist eine so anspruchsvolle Methode, dass sie mehrere Erfahrungs- und
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