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Biohacking - Gentechnik aus der Garage

Biohacking - Gentechnik aus der Garage

Titel: Biohacking - Gentechnik aus der Garage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanno Charisius Richard Friebe Sascha Karberg
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deutlich: „Wer in Deutschland privat Gentechnik ohne Genehmigung betreibt, verstößt gegen Gentechnikgesetz und Gentechnische Sicherheitsverordnung. Selbst bei Versuchen, die keine gentechnischen Manipulationen beinhalten, können andere Gesetze und Vorschriften relevant sein, wie zum Beispiel das Chemikaliengesetz, das Tierschutzgesetz, das Infektionsschutzgesetz oder die Biostoffverordnung. Viele denkbare Versuche sind daher ohnehin im privaten Raum verboten.“
    Solche Worte müssen jeden Biohacker, der ein bisschen mehr versuchen will, als nur ab und zu ein Sushi- oder Muskel-Gen anzuschauen, einschüchtern. Auch wir haben an manchen eigentlich für Laborarbeit gedachten Tagen mehr Zeit mit dem Lesen von Gesetzestexten als mit dem Lesen im Erbgut verbracht. Solche Texte können sowohl an ihren deutlichen als auch an ihren unverständlichen Stellen einschüchternd sein. Meistens sind sie aber letztendlich doch ziemlich eindeutig.
    So ist etwa durch das Gentechnikgesetz durchaus nicht jegliches „Privat-Gentechnik-Betreiben“, wie Schaade es nennt, verboten. Zweifelsfrei auch außerhalb von Sicherheitslabors erlaubt sind gentechnische Laborarbeiten in Deutschland etwa so lange, wie das Erbgutmaterial (selbst wenn es gentechnisch manipuliert sein sollte) nicht in einen Organismus eingesetzt wird. „Die Isolierung von DNA stellt noch keine erlaubnis- beziehungsweise genehmigungspflichtige Tätigkeit im Sinne des Gentechnikgesetzes dar", bestätigt uns etwa der Rechtsanwalt Jürgen Robienski. Er forscht an der Medizinischen Hochschule Hannover im „Engineering Life“-Projekt, einer universitätsübergreifenden, interdisziplinären Untersuchung zu denethischen Implikationen der Synthetischen Biologie, zu deren juristischen Aspekten.
    Im Übrigen wird bei diesen Experimenten fast nur mit Wasser hantiert, in dem DNA und Enzyme gelöst sind, was im Chemikaliengesetz oder der Biostoffverordnung nicht als gefährlich eingestuft wird – jedenfalls nicht in den verwendeten Mengen. Damit sind all solche Experimente erlaubt, die sich allein auf der Ebene der DNA abspielen – wie die von uns durchgeführten diagnostischen Gentests an der eigenen DNA, Barcoding des Sushi-Imbisses oder auch das Isolieren des Rizin-Gens aus einem Blatt des Wunderbaums.
    Und wie sieht es mit unserer Spionage im Hundehaufen aus? „Der genetische Fingerabruck bei Hunden ist nicht verboten“, sagt uns Robienski. Nicht einmal das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Hundehalters hält er für betroffen. Und das Gendiagnostik-Gesetz „findet keine Anwendung, da der Zweck Ihres genetischen Fingerabdrucks nicht einer der im Gesetz genannten Zwecke wie medizinische oder Abstammungsanalyse ist und damit schon der Anwendungsbereich des Gesetzes gar nicht eröffnet wird.“
    Tatsächlich erlauben die deutschen Gesetze sogar bestimmte gentechnische Veränderungen von Lebewesen, solange diese Veränderungen nur mit Genmaterial aus derselben Art vorgenommen werden. Solche heißen dann „cisgene“ Veränderungen. Während in der klassischen, „transgenen“ Gentechnik ganze Gene oder andere DNA-Sequenzen einer Art in das Erbgut einer anderen verfrachtet werden, ist ein cisgener Gentransfer beispielsweise schon das klassische Kreuzen einer faden, hochgezüchteten Erdbeerart mit einer Wildvariante, die zwar kleine, aber dafür schmackhafte Früchte produzieren kann. Bei einem klassisch züchterischen Kreuzungsvorgang werden Tausende von Genvarianten durchmischt, was bei der Erdbeere normalerweise dazu führt, dass sich alle Merkmale mischen, also im Idealfall etwas schmackhaftere, aber auch nicht so ertragreiche Früchte dabei herauskommen. Ein Transfer einzelner Gene von der kleinen, leckeren Wildvariante auf die Zucht-Erdbeere könnte dagegen zu besser schmeckenden, großen Früchten führen.
    Der Fachbegriff für solchen arteigenen Gentransfer heißt Selbstklonierung. Sie ist auch mit Bakterienerbgut im Heimlabor nach Gesetzeslage durchaus erlaubt – wenn also etwa Gene eines ungefährlichen Coli-Bakterienstamms in einen anderen solchen Coli-Stamm verfrachtet werden. Denn laut Gentechnikgesetz gilt Selbstklonierung eben nicht als „Verfahren der Veränderung genetischen Materials“ und muss folglich auch nicht in einem Sicherheitslabor stattfinden. 51
    Im Gentechnikgesetz heißt es in einer heiteren Mischung aus Juristen- und Biologen-Slang: „Zur Selbstklonierung kann auch die Anwendung von rekombinanten Vektoren zählen, wenn sie

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