Biohacking - Gentechnik aus der Garage
es nicht verdient hat, längst zu den Bösen oder zumindest zu den Verdächtigen gezählt werden, löst beklemmende Gefühle aus.
Doch sind die Wachsamkeit und die Bemühungen des FBI nicht auch gerechtfertigt? Nehmen wir die Perspektive des Biohackers ein, müssen wir das Outreach-Programm des FBI als überzogene, auch ungeschickte, Einmischung, als Überwachung harmloser Bürger, als staatlichen Übergriff empfinden. Doch wir haben durch unsere eigene experimentelle Recherche selbst ja auch erfahren, dass mit der entsprechenden Dummheit oder kriminellen Energie sicher auch Gefahrenpotenzial besteht. Bleibt einem Staat, dem am Wohl seiner Bürger liegt, überhaupt noch eine andere Option, als proaktiv Informationen zu sammeln?
Am Abend nach der Tagung ziehen sich die europäischen Biohacker zurück in eine der Bars in Walnut Creek und sind sich bei Bier und kalifornischem Wein schnell einig: Das Modell des FBI ist falsch, und nach Europa passt es schon gar nicht. Es gebe keinen Grund, mit Interpol, BND oder Polizeibehörden zusammenzuarbeiten, sagt Rüdiger Trojok: „Biohacking ist eine zivile Angelegenheit und keine Sache für Geheimdienste.“ Solange Biohacker die Sicherheitsregeln einhalten, müsse das Forschen ohne vorauseilende Einmischung der Staatsgewalt möglich sein.
Dass der – natürlich nicht anwesende – Steve Kurtz nichts vom „Outreach“-Programm des FBI hält, ist vor dem Hintergrund seinerErfahrungen sicher nicht verwunderlich: „Niemand sollte jemals mit dem FBI kooperieren,“ sagt er. Zwar sei die Wahrscheinlichkeit falscher Anschuldigungen unter Präsident Obama inzwischen geringer. Das FBI stehe nun zumindest nicht mehr wie zu Bushs Zeiten unter Druck, „Heimwerker-Terroristen“ zu finden. Doch das könne sich „über Nacht ändern, wenn die Konservativen an die Macht kommen“.
Manche Biohacker schreckt das FBI mit seiner Einmischung bereits so sehr ab, dass sie Konsequenzen ziehen. Sie brechen ihre Zelte in den mit der Bundespolizei kooperierenden Hackerspaces ab und arbeiten entweder in ihrer Garage oder gründen ein eigenes Gemeinschaftslabor. Dass ein solches lange FBI-frei bleibt, ist aber natürlich auch nicht garantiert, denn irgendwo Spitzel einzuschleusen gehört zu den Kernkompetenzen von Behörden mit Geheimdienstaufgaben.
Noch bevor irgendein Biohacker jemals etwas angestellt hat, könnte also die Zusammenarbeit mit den Behörden unbeabsichtigte Konsequenzen haben. Denn wenn sich Biohacker in Gemeinschaftslabors nicht sicher vor Überwachung fühlen können, werden viele von ihnen eben jenen offiziellen, sinnvollen, die Sicherheit fördernden Initiativen den Rücken zukehren. Das wäre für alle Beteiligten ein schlechtes Outreach-Outcome.
Nathaniel Head wird nicht müde zu beteuern, dass es ihm nicht um Überwachung gehe. Sinn des Programms sei es vielmehr, eine Art Schnittstelle zwischen Biohackern und Öffentlichkeit zu schaffen. Aber seit wann sind die Geheimdienstabteilungen des FBI Öffentlichkeit? Donahue versucht zu erklären: Wenn Politiker aus dem Kongress oder Bürger von den Medien aufgeschreckt würden über „unregulierte Amateurbiologen“, dann könne das FBI nun sagen, „dass wir mit der Amateurgemeinde kommunizieren und dass sie keine Gefahr darstellt“.
Und man kann fast den Eindruck bekommen, dass das Modell des engen Kontakts zu den Biohackern, auf das er und Head sichtlich stolz sind, zumindest teilweise funktioniert, zumindest was den Kenntnisstand der Agenten anbetrifft. Denn inzwischen, nach rund drei Jahren „Outreach“, haben sie, wie es scheint, tatsächlich gelernt, was es ist, das Biohacker tun, und dass sie es normalerweise mit Vorsicht tun. „Unsere Erfahrungen mit der DIY-Bio-Bewegung sind bisher überwältigend positiv gewesen“, lautet die offizielle Position des FBI. DIY-Biologen hätten nicht das Know-how und die Technologie, um Gesellschaft und Umwelt zu gefährden. „Das FBI stuft die Biohacker-Community nicht als Gefahr für die Öffentlichkeit ein“, so die Sprecherin der Behörde, Betsy Glick.
Wenn es diese „Community“ offiziell „als Gefahr für die Öffentlichkeit“ einstufen würde, kämen sicher auch nicht mehr allzu viele Mitglieder dieser Community zu „Outreach“-Konferenzen.
Und natürlich ist es nicht die Aufgabe einer Behörde, die auch geheimdienstlich arbeitet, Hobbybiologen ein Eiapopeia zu singen. Der „Outreach“ ist Mittel zum Zweck. Es geht vor allem darum, sich Informationswege zu
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