Biokrieg - Bacigalupi, P: Biokrieg - The Windup Girl
vorbeimarschieren zu sehen. Die Erde bebt unter ihren Stiefeln. Staub wirbelt auf. Ihre Zahl scheint endlos, und Anderson muss sich zusammennehmen, um nicht die Flucht zu ergreifen. Das sind Raubtiere. Anderson ist die Beute. Er fragt sich, ob Peters und Lei eine auch nur annähernd so deutliche Warnung erhielten, bevor in Finnland alles den Bach runterging.
»Haben Sie eine Pistole?«, fragt er Carlyle.
Carlyle schüttelt den Kopf. »Die bringen einen nur in Schwierigkeiten.«
Anderson sucht die Straße nach Lao Gu ab. »Mein Rikschafahrer hat sich verdrückt.«
»Verfluchte Yellow Cards.« Carlyle lacht leise. »Die wissen auch immer, woher der Wind weht. Ich möchte wetten, dass sämtliche Yellow Cards in der ganzen Stadt untergetaucht sind.«
Anderson packt Carlyle am Ellenbogen. »Kommen Sie. Und versuchen Sie, möglichst keine Aufmerksamkeit zu erregen. «
»Wohin gehen wir?«
»Wir wollen mal schauen, was los ist.«
Anderson führt ihn eine Nebenstraße entlang. Sein Ziel ist der Hauptfracht- Khlong, ein Kanal, der direkt ins Meer fließt. Fast augenblicklich sehen sie sich einem Kordon von Weißhemden gegenüber, die ihre Gewehre heben und Anderson und Carlyle bedeuten, einen anderen Weg einzuschlagen.
»Sieht so aus, als würden sie das ganze Viertel abriegeln«, sagt Anderson. »Die Schleusen. Die Fabriken.«
»Quarantäne?«
»Wenn sie hier wären, um Brände zu legen, würden sie Masken tragen.«
»Also ein Putsch? Wie am 12. Dezember?«
Anderson zieht die Augenbrauen hoch. »Ist es dafür nicht ein wenig früh?«
Carlyle betrachtet die Weißhemden. »Vielleicht ist uns General Pracha einen Schritt voraus.«
Anderson zieht ihn in die andere Richtung. »Kommen Sie. Gehen wir zu meiner Fabrik. Vielleicht weiß Hock Seng etwas. «
Überall entlang der Straße holen Weißhemden die Leute
aus ihren Geschäften und fordern sie auf, die Türen zu verschließen. Ladenbesitzer befestigen hastig Holzplatten vor ihren Schaufenstern. Eine weitere Kompanie Weißhemden marschiert vorbei.
Als Anderson und Carlyle vor der SpringLife-Fabrik eintreffen, sehen sie gerade noch, wie die Megodonten herausgeführt werden. Anderson schnappt sich einen der Mahout, der sein Tier mit einem Peitschenschlag zum Stehen bringt und Anderson fragend ansieht, während der Megodont schnaubt und ungeduldig mit den Füßen aufstampft. Fließbandarbeiter strömen um das Hindernis herum.
»Wo ist Hock Seng?«, fragt Anderson. »Der Yellow-Card-Boss. Wo?«
Der Mahout schüttelt den Kopf. Immer mehr Arbeiter eilen an ihnen vorbei.
»Waren die Weißhemden hier?«
Der Mahout antwortet so schnell, dass Anderson ihn nicht versteht. Carlyle übersetzt. »Er sagt, dass die Weißhemden auf Rache aus sind. Sie wollen ihren Gesichtsverlust wiedergutmachen. «
Der Mahout macht eine unwirsche Handbewegung, und Anderson tritt beiseite.
Auch aus der Chaozhou-Fabrik auf der anderen Straßenseite werden die Arbeiter evakuiert. Keiner der Läden hat mehr geöffnet, die Garküchen sind alle in die Häuser geschoben worden oder befinden sich in wilder Flucht. Entlang der Straße sind alle Türen geschlossen. Aus Fenstern in den oberen Stockwerken lugen hier und dort Thai heraus, aber auf der Straße sind nur davoneilende Arbeiter und marschierende Weißhemden zu sehen. Die letzten SpringLife-Angestellten hasten vorbei, ohne Carlyle oder Lake die geringste Aufmerksamkeit zu schenken.
»Das wird ja mit jeder Minute schlimmer«, murmelt Carlyle.
Unter seiner tropischen Sonnenbräune ist er blass geworden.
Eine weitere Welle Weißhemden biegt um die Ecke – sechs Reihen nebeneinander, eine Schlange, die sich die ganze Straße entlang erstreckt.
Angesichts der abgesperrten Ladengeschäfte stellen sich Anderson die Nackenhaare auf. Fast könnte man meinen, alles bereitet sich auf einen Taifun vor. »Folgen wir dem Beispiel der Eingeborenen und machen wir, dass wir hineinkommen. « Er packt eines der schweren Eisentore und zerrt daran. »Helfen Sie mir!«
Sie brauchen ihre ganze Kraft, um die Tore zu schließen und die schweren Riegel vorzulegen. Anderson versetzt dem Schloss einen letzten Schlag und lehnt sich dann keuchend gegen das heiße Eisen. Carlyle betrachtet die Gitterstäbe. »Heißt das, dass wir jetzt sicher sind oder dass wir in der Falle sitzen?«
»Noch sind wir nicht im Khlong-Prem-Gefängnis. Also können wir wohl davon ausgehen, dass wir es geschafft haben. «
Aber innerlich hegt Anderson Zweifel. Es sind zu viele
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