Biokrieg - Bacigalupi, P: Biokrieg - The Windup Girl
dahintersteckt. Der Palast hat uns autorisiert, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.«
»Indem Sie einen Aufruhr provozieren?« Sie fegt die Flüsterblätter von ihrem Schreibtisch. »Indem Sie die Stadt in Brand stecken? Bitte. Ich kann das verhindern. Es ist gar nicht notwendig. Ich finde die erforderlichen Beweise. Ich kann belegen, dass dieses Aufziehwesen nicht von Pracha gelenkt wurde. Ich kann es beweisen.«
»Sie stecken zu tief drin. Ihre Loyalitäten sind unklar.«
»Ich bin unserer Königin treu ergeben. Geben Sie mir nur eine Chance, diesen Wahnsinn aufzuhalten.«
Wieder Schweigen. »Sie haben drei Stunden. Wenn Sie bis zum Sonnenaufgang nichts vorzuweisen haben, dann kann ich nichts mehr für Sie tun.«
»Aber bis dahin werden Sie warten?«
Sie kann das Lächeln am anderen Ende der Leitung erahnen. »Das werde ich.« Dann ist die Verbindung unterbrochen. Und sie ist allein in ihrem Büro.
Jaidee macht es sich auf dem Schreibtisch bequem. »Nur so aus Neugier: Wie wollen Sie Prachas Unschuld beweisen? Schließlich ist es mehr als offensichtlich, dass er das Mädchen beauftragt hat.«
»Warum lassen Sie mich nicht endlich in Ruhe?«, fragt Kanya ihn.
Jaidee lächelt. »Weil es Sanuk ist. Wirklich äußerst amüsant, wie Sie sich krummlegen, um zwei Herrchen gleichzeitig hinterherzuhecheln. « Er zögert und beobachtet sie einen Moment lang. »Aus welchem Grund liegt es Ihnen am Herzen, was mit General Pracha geschieht? Er ist doch gar nicht Ihr eigentlicher Patron.«
Kanya sieht ihn hasserfüllt an. Sie deutet auf die Flüsterblätter, die überall im Büro umherfliegen. »Wir sind in genau derselben Situation wie vor fünf Jahren.«
»Damals waren es Pracha und Premierminister Surawong. Die Versammlungen vom zwölften Dezember.« Jaidee besieht sich die Flüsterblätter genauer. »Doch diesmal hat sich Akkarat unser Ministerium vorgenommen. Es ist also nicht ganz dasselbe.«
Vor ihrem Bürofenster brüllt ein Megodont, und Jaidee lächelt erneut. »Hören Sie das? Wir rüsten uns für die Schlacht. Sie werden diese zwei alten Bullen nicht davon abhalten können, miteinander zu kämpfen. Ich verstehe noch nicht einmal, warum Sie das überhaupt wollen. Pracha und Akkarat provozieren sich doch schon seit Jahren gegenseitig wie die Tiere. Es wird Zeit für einen richtigen Kampf.«
»Wir sind hier aber nicht beim Muay-Thai, Jaidee.«
»Nein. Da haben Sie Recht.« Sein Lächeln wirkt plötzlich traurig.
Kanya starrt auf die Flüsterblätter und die gesammelten Unterlagen, die den Import des Aufziehmädchens belegen. Sie ist verschwunden. Trotzdem, sie kam eindeutig mit den Japanern hierher. Kanya liest noch einmal die Einreisedokumente durch: Sie kam per Luftschiff aus Japan. Eine Assistentin des Managements …
»Und eine Mörderin«, wirft Jaidee ein.
»Seien Sie still. Ich denke nach.«
Ein japanischer Aufziehmensch. Ein von dem Inselstaat im
Stich gelassenes Geschöpf. Unvermittelt springt Kanya auf, greift nach ihrer Spannfederpistole und schiebt sie in den Halfter, während sie die Unterlagen einsammelt.
»Wo wollen Sie denn hin?«, fragt Jaidee.
Sie schenkt ihm ein schwaches Lächeln. »Wenn ich Ihnen das verraten würde, wäre es doch kein Sanuk mehr.«
Jaidees Phii grinst breit. »Allmählich begreifen Sie, wie die Dinge laufen!«
36
Die Menschenmenge um Emiko herum schwillt immer weiter an. Sie wird angerempelt. Es gibt kein Entkommen. Sie ist vollkommen schutzlos, kann jederzeit entdeckt werden.
Am liebsten würde sie sich einen Weg freischlagen, um ihr Überleben kämpfen, auch wenn sie keine Möglichkeit sieht, aus diesem Pulk herauszukommen, bevor sie überhitzt. Ich werde keinesfalls wie ein Tier verrecken. Ich werde kämpfen. Sie werden bluten.
Mühsam kämpft sie die aufsteigende Panik nieder. Versucht, ruhig nachzudenken. Immer mehr Menschen drängen sich um sie herum und versuchen, näher an den Anschlag heranzukommen. Obwohl sie mitten unter ihnen ist, hat sie noch niemand bemerkt. Solange sie sich nicht bewegt …
Der Druck der sie umgebenden Menschen ist dabei eher von Vorteil. Ein Zittern ist so gar nicht möglich und schon gar nicht eine der abgehackten Bewegungen, die sie enttarnen würden.
Ganz ruhig. Vorsichtig.
Emiko gibt dem Druck nach, lehnt sich an und schiebt
sich auf diese Weise Stück für Stück vorwärts, immer mit gesenktem Kopf, als wäre sie eine von Schluchzern geschüttelte Frau, die von der Nachricht über diesen Schlag gegen das
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