Biokrieg - Bacigalupi, P: Biokrieg - The Windup Girl
Halsgrube frei, und der blasse Rock schmiegt sich ganz entzückend um ihre Hüften. Sie könnte so schön sein, wäre sie nicht wider die Natur.
»Sie wissen, warum ich hier bin?«
Er nickt flüchtig. »Uns haben Gerüchte über ein sehr unglückliches Vorkommnis erreicht. Und wir haben verfolgt, wie unser Land in den Flüsterblättern und Zeitungen diskutiert wird.« Er sieht sie bedeutungsvoll an. »Zahlreiche Stimmen erheben sich gegen uns. Dabei sind die meisten Anschuldigungen falsch und in keinster Weise gerechtfertigt.«
Kanya nickt. »Wir haben Fragen …«
»Ich möchte Ihnen versichern, dass wir dem thailändischen Volk freundschaftlich gegenüberstehen. Diese Freundschaft mit den Thai existiert bereits seit langer Zeit und geht auf unsere Zusammenarbeit im Großen Krieg zurück.«
»Ich würde gerne erfahren, wie …«
Wieder wird sie von Yashimoto unterbrochen. »Tee?«, schlägt er vor.
Kanya zwingt sich dazu, weiterhin höflich zu bleiben. »Sehr gerne.«
Yashimoto gibt dem Aufziehmädchen ein Zeichen, woraufhin sie aufsteht und das Zimmer verlässt. Ohne es zu wollen, entspannt sich Kanya daraufhin ein wenig. Dieses Wesen ist … beunruhigend. Doch jetzt, nachdem sie fort ist, breitet sich eine unangenehme Stille zwischen ihnen aus, während sie darauf warten, dass die Dolmetscherin zurückkommt. Kanya hat das Gefühl, einen Sekundenzeiger ticken zu hören, weitere kostbare Minuten gehen verloren. Die Zeit schreitet unablässig weiter voran. Sturmwolken brauen sich zusammen, während sie hier sitzt und darauf wartet, dass Tee serviert wird.
Das Aufziehmädchen kehrt zurück und kniet sich neben ihnen an einen niedrigen Tisch. Kanya zwingt sich, ruhig zu bleiben, während die Japanerin die langsamen, zeremoniellen Bewegungen ausführt, doch es kostet sie große Willenskraft. Das Aufziehmädchen schenkt ein, und während Kanya jede ihrer fremdartigen Bewegungen beobachtet, meint sie zu erkennen, was die Japaner sich von ihren genmanipulierten Bediensteten erhoffen. Das Mädchen ist perfekt, so präzise wie ein Uhrwerk, und bei der Teezeremonie wohnt ihren Bewegungen sogar so etwas wie rituelle Anmut inne.
Im Gegenzug bemüht sich das Aufziehmädchen, Kanya keinesfalls direkt anzusehen. Sie verliert kein Wort über die weiße Uniform. Schenkt der Tatsache keine Beachtung, dass Kanya sie unter anderen Umständen, ohne zu zögern, kompostieren lassen würde. Sie ignoriert die Uniform des Umweltministeriums vollkommen. Ausgesprochen höflich.
Yashimoto wartet, bis Kanya an ihrem Tee genippt hat, dann nimmt er selbst einen Schluck. Stellt die Schale behutsam auf dem Tisch ab. »Unsere Länder sind einander seit jeher freundschaftlich verbunden«, sagt er dann. »Seit unser Kaiser dem Königreich den Tilapia geschenkt hat. Das war
zur Zeit Ihres großen Königs Bhumibol, dem Freund der Wissenschaften. Seit damals hat sich für uns nichts geändert.« Er sieht sie eindringlich an. »Ich hoffe, dass wir Ihnen in dieser Angelegenheit behilflich sein können, aber ich möchte doch auch noch einmal betonen, dass wir Freunde des Königreichs sind.«
»Erzählen Sie mir von den Aufziehwesen«, sagt Kanya.
Yashimoto nickt. »Was möchten Sie wissen?« Er lächelt und zeigt auf das Mädchen, das neben ihnen kniet. Ihre Haut ist glatt, ihre Bewegungen sind überraschend geschmeidig. Und trotzdem bekommt Kanya bei ihrem Anblick eine Gänsehaut. »Ich möchte wissen, wozu Sie sie brauchen.«
Yashimoto zuckt mit den Achseln. »Wir sind eine Nation von alten Menschen. Es gibt nur wenig Nachwuchs. Brave Mädchen wie Hiroko füllen diese Lücke. Wir sind nicht so wie die Thai. Wir haben Kalorien, aber niemanden, der die Arbeit macht. Wir brauchen Assistenten. Arbeiter.«
Kanya achtet sorgsam darauf, sich ihre Abscheu nicht anmerken zu lassen. »Ja. Ihr Japaner unterscheidet euch stark von uns. Und Ihr Land ist auch das einzige, dem wir diese Nischen …«
»Dieses Verbrechen«, ergänzt Jaidee.
»… eingeräumt haben«, beendet sie den Satz. »Niemand sonst darf derartige Kreaturen in unser Land bringen.« Widerstrebend nickt sie in Richtung ihrer Dolmetscherin und bemüht sich, den missbilligenden Tonfall aus ihrer Stimme zu verbannen. »Kein anderes Land. Keine andere Fabrik.«
»Wir sind uns dieses Privilegs durchaus bewusst.«
»Und dennoch haben Sie es ausgenutzt, indem Sie eine militärische Aufzieheinheit …«
Hirokos Worte schneiden ihr den Satz ab, obwohl Kanya noch weiterspricht. Doch Hiroko
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