Biokrieg - Bacigalupi, P: Biokrieg - The Windup Girl
Flüsterblätter über Pracha und die Aufzieh-Mörderin.
»Halten Sie es wirklich für eine gute Idee, alleine dorthin zu gehen?«, fragt Jaidee.
»Ich habe doch Sie dabei. Das sollte ausreichen.«
»In diesem Zustand bin ich allerdings nicht besonders gut in Muay-Thai.«
»Pech.«
Die Tore und die Anlegestege des Firmengeländes erheben sich aus dem Wasser. Die spätnachmittägliche Sonne brennt auf sie herab. Ein Flusshändler paddelt vorbei, doch obwohl Kanya hungrig ist, will sie keinen Moment verlieren, denn die Sonne scheint bereits vom Himmel zu fallen. Als ihr Boot an den Landungssteg stößt, nimmt sie das Bugseil und bindet es an einer Klampe fest.
»Sie werden Sie wahrscheinlich gar nicht hineinlassen«, sagt Jaidee. Kanya macht sich gar nicht erst die Mühe zu antworten. Seltsam, dass er sie den ganzen Weg hierher begleitet hat. Bislang hat sein Phii immer nur kurzzeitig Interesse an ihr gezeigt und ist dann zu anderen Dingen und anderen Menschen weitergezogen. Vielleicht, um seinen Kindern einen Besuch abzustatten. Oder er hat sich bei Chayas Mutter entschuldigt. Inzwischen weicht er jedenfalls nicht mehr von ihrer Seite.
»Von der weißen Uniform lässt sich hier auch niemand beeindrucken«, sagt Jaidee. »Dafür haben sie viel zu gute Verbindungen zum Handelsministerium und der Polizei.«
Kanya antwortet nicht, doch tatsächlich, der Haupteingang wird von einer Abteilung der Polizei von Thonburi bewacht. Die Japaner haben in weiser Voraussicht direkt auf dem Wasser gebaut; die schwimmenden Bambusflöße sollen fast fünf Meter dick sein, und auf ihnen sind ganze Firmenkomplexe errichtet, die von Überflutungen oder einer Pegelstandsänderung des Chao Praya unberührt bleiben.
»Ich möchte Mr Yashimoto sprechen.«
»Er ist leider beschäftigt.«
»Es geht um sein Eigentum, das unglücklicherweise einer der Razzien auf dem Flugfeld zum Opfer gefallen ist. Papierkram für Entschädigungszahlungen. «
Der Wachmann lächelt unsicher und verschwindet im Innern des Geländes.
Jaidee kichert. »Sehr schlau.«
Kanya schneidet eine Grimasse. »So sind Sie wenigstens doch noch zu etwas nutze.«
»Obwohl ich bereits tot bin.«
Kurze Zeit später werden sie auf das Gelände geführt. Der Weg ist kurz. Wenn hier irgendetwas hergestellt wird, geschieht dies hinter hohen Mauern. Die Megodonten-Gewerkschaft beschwert sich fortwährend, ohne eine Energiequelle könnte keine Arbeit ausgeführt werden, doch die Japaner haben weder eigene Megodonten eingeführt noch welche von der Gewerkschaft angefordert. Alles deutet auf illegale Technologie hin. Allerdings waren die Japaner auch bereit, dem Königreich technische Hilfsmittel zukommen zu lassen. Im Austausch gegen thailändisches Saatgut liefern die Japaner ihre ausgefeilteste Segeltechnik. Deshalb sind beide Seiten sorgsam darauf bedacht, nicht allzu viele Fragen zu stellen, etwa darüber, wie so ein Schiffskörper überhaupt gebaut werden kann und ob der Entwicklungsprozess ganz legal ist.
Vor ihnen öffnet sich eine Tür. Ein hübsches Mädchen verbeugt sich mit einem Lächeln. Kanya hätte beinahe ihre Federpistole gezogen. Die Kreatur, die vor ihr steht, ist ein Aufziehmädchen. Sie scheint jedoch Kanyas Unbehagen gar nicht zu bemerken, und bedeutet ihnen mit abgehackten Bewegungen, ihr zu folgen. Der Raum, den sie betreten, ist voller Sorgfalt mit Tatami-Matten ausgelegt und mit Bildern im Sumi-e-Stil dekoriert. Ein Mann, von dem Kanya annimmt, dass es sich bei ihm um Mr Yashimoto handelt, kniet am Boden und malt. Das Aufziehmädchen führt Kanya zu einer Sitzgruppe.
Jaidee bewundert die Kunstwerke an den Wänden. »All diese Bilder stammen von ihm selbst.«
»Woher wollen Sie das denn wissen?«
»Ich bin hierhergekommen, um herauszufinden, ob es
wirklich zehnarmige Wesen in ihrer Fabrik gibt. Gleich nachdem ich gestorben bin.«
»Und, gibt es sie?«
Jaidee zuckt mit den Schultern. »Schauen Sie doch selbst nach.«
Mr Yashimoto taucht seinen Pinsel ein, und mit perfektem Schwung vollendet er das vor ihm liegende Bild. Dann erhebt er sich und verbeugt sich vor Kanya. Er beginnt auf Japanisch zu sprechen. Die Stimme des Aufziehmädchens setzt eine Sekunde später ein und übersetzt alles, was er sagt ins Thai.
»Ihr Besuch ehrt mich.«
Danach macht er eine kurze Pause, und auch das Aufziehmädchen verstummt. Sie ist außergewöhnlich hübsch, denkt Kanya bei sich. Wie zerbrechliches Porzellan. Das kurze Jäckchen gibt den Blick auf ihre
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