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Bios

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Titel: Bios Kostenlos Bücher Online Lesen
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dieses Gesicht etwas hineinzulesen. Wir projizieren unsere Emotionen auf andere Lebewesen, überlegte Zoe; Katzen und Hunden glauben wir anzusehen, was in ihnen vorgeht; doch dieser Gräber war so unergründlich wie ein Hummer. Die Augen zum Beispiel. Bei jeder Kreatur, die größer war als ein Käfer, waren die Augen das eigentliche Orakel; doch die Augen des Gräbers waren einfache, schwarze Ellipsoide in einem Bett aus körnigem Fleisch. Tintenblasen. Fenster, aus denen Zoe sich von einem trüben Dreiviertelbewusstsein kühl beobachtet fühlte.
    »Alter«, sagte sie leise. Neugieriger Alter.
    Der Alte blinzelte – ein silbriger Funke auf schimmerndem Schwarz –, dann wandte er sich ab und trottete davon.

 
Dreizehn
     
    Was Hayes wirklich in Schach gehalten und wovon er Zoe nichts erzählt hatte, war eine Kaskade von Dichtungspannen. Er wünschte sich unwillkürlich Mac Feya zurück – Mac hatte sich auf das Flicken von Dichtungen verstanden. Abgesehen von der einen, die ihn umgebracht hatte.
    Lee, Sharon und Kwame waren ungemein tüchtige Ingenieure, aber sie waren physisch überfordert, versuchten, mit einem Minimum an Schlaf auszukommen. Momentan schien die Lage stabil – die Dichtungen waren ausgetauscht und Proben des erodierten Materials warteten im Glove-Box-Archiv. Hayes hatte die Arbeiten minutiös verfolgt. Dieter Franklin nahm Hayes mit in sein Labor, um ihm zu zeigen, wie sich die Bakterien auf dem Dichtungsmaterial veränderten. Die zunehmende Dichte der fibrillären Substanz im Zellkörper, Mikrotubuli, die sich wie DNS ringelten, wo vor einem Monat nur ein paar vereinzelte Fäden gewesen waren. Auch die körnigen Strukturen auf der Zelloberfläche waren neu, die höchst gegensätzlichen Moleküle, die sie synthetisierten und absonderten, gruben sich ringsherum in das Dichtungsmaterial. Dieter wies auf den Bildschirm, der eben zum Leben erwachte. »Das ist nicht mehr der Organismus, mit dem wir es vor sechs Monaten zu tun hatten.«
    »Selbes Genom, selber Organismus«, sagte Hayes.
    »Dasselbe Genom, aber es drückt sich radikal anders aus.«
    »Reagiert also auf die Umwelt.«
    »Und nicht zu knapp. Man könnte meinen, es versucht regelrecht in die Station einzubrechen.«
    Der Übertreibung nach müsste Dieter zum Gamma Stone-Clan gehören. »Sie wachsen, weil wir sie füttern.«
    »Sie sterben so rasch wie sie wachsen.«
    Das stimmte. Verpackt in seiner Außenmontur hatte auch Hayes mit Hand angelegt, um den Filz aus abgestorbenen Bakterien von der Außenwand der Station zu schrubben. Kamikaze-Bakterien? »Ich glaube nicht, dass sie die Absicht haben, uns zu töten, Dieter.«
    »Eine Annahme, die uns zum Verhängnis werden könnte.«
     
    *
     
    Hayes arbeite von früh bis spät, hieß es. Er kenne keinen Schlaf.
    In letzter Zeit war das nur allzu wahr gewesen. Er hatte persönlich einen Großteil von Zoes erweitertem Außenaufenthalt überwacht, ganz zu schweigen von der Koordination der Dichtungsreparaturen und einem kompletten Filteraustausch in einem der großen Klimaaggregate. Er schlief durchschnittlich vier bis fünf Stunden pro Nacht und war manchmal überglücklich, wenn er so lange schlafen durfte. Der Schlafentzug hatte ihn reizbar und überempfindlich gemacht. Zum ersten Mal in seinem Leben beneidete er die Terrestrier um ihre Thymostaten. Er musste mit koffeinhaltigen Getränken und seiner Willenskraft auskommen, den Bioreglern des kleinen Mannes.
    Es war spät, als er Dieter Franklins Labor verließ. Mit Ausnahme der zweiten Nachtschicht war so gut wie niemand mehr auf den Beinen. Nachts schien die Station zu groß und gleichzeitig zu klein zu sein – das Echo der Schritte kam wie aus weiter Ferne, doch das Geräusch an sich war flach, eingeengt: ein abgeschlossener Raum. Jede Gasse eine Sackgasse.
    Yambuku war ihm nie so verletzlich erschienen.
    Seine biologischen Aufzeichnungen lagen unangetastet in seiner Kabine. Er war versucht, sich dorthin zurückzuziehen, doch eine letzte Aufgabe wartete noch auf ihn. Morgen früh kam dieser terrestrische D&P-Kacho an und brauchte ein Quartier. Aber es gab in Yambuku nur eine einzige Kabine, die nicht belegt war, und das war die Kabine, in der Elam Mather gewohnt hatte.
    Die Kabine für Avrion Theophilus herzurichten war keine große Arbeit. Niemand auf Isis besaß irgendetwas Materielles. Der Witz war, man kam nach Isis, wie man auf die Welt kam: nackt und bange. Und so ging man auch wieder.
    Elam war ganz anders gegangen, aber

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