Birne sucht Helene
ist doch live, oder? Das bringe ich nicht.«
»Ach was, wird alles aufgezeichnet. Die gehen doch mit einer Kochshow nicht live auf Sendung! Also keine Sorge, du musst einfach nur machen, was ich dir sage. Vor der Kamera tun wir aber so, als kennen wir uns gar nicht.«
»Ich würde ja helfen, aber ich muss wirklich dringend weg.« Paul wurde langsam panisch. Er wollte jetzt endlich nach Bonn.
DochDave packte ihn an den Schultern. »Ich organisiere ein Treffen mit Eli! Dann könnt ihr euch aussprechen, okay? Die Sache hier ist echt wichtig für mich.« Dabei zuckte er leicht mit den Ohren. Das machte er immer, wenn er log. Schon früher in der Schule. Er wollte ihn also nach Strich und Faden bescheißen – was damals schon nie geklappt hatte.
Na, dem würde er es zeigen.
»Okay, ich bin dabei.«
»Echt? Danke! Das ist so cool von dir.«
»Aber immer.«
Paul musste noch eine Schürze anziehen, dann wurde er mit einem Mikrophon verkabelt und ins Fernsehstudio geschoben, wo der Warm-Upper gerade seine Arbeit beendete. Irgendein Fernsehmensch mit Headset briefte ihn kurz, dann platzierte er Paul an eine frei stehende Küchenzeile, die komplett in Knatschgelb gehalten war. Sie sah aus, als gehörte sie Ernies Quietscheentchen. Paul hatte nur kurz Zeit, nachzusehen, wo die Kochlöffel und andere Gerätschaften lagen, bevor es losging.
Applaus brandete auf, als Dave den Saal betrat. Lachend begrüßte er das Publikum und stellte den ersten Gastkoch vor, einen braungebrannten Surfertyp. Er sah nicht aus, als gäbe er jemals Sahne an seine Saucen oder als wüsste er, wie man das Wort »Butter« buchstabierte. Sie plauderten etwas, doch Paul hörte gar nicht richtig zu, dafür war er viel zu wütend auf sich. Wieso stand er jetzt hier, statt auf dem Weg nach Bonn zu sein? Wie war das Ganze nur passiert? Wie konnte man nur so dämlich sein?
Doch bevor er eine Antwort fand, stand Dave neben ihm.
»Und in unserer gelben Küche begrüße ich Paolo Birnbaum, einen Teilzeit-Schäfer. Hallo, Paolo.«
»Hallo, David.«
Klatschen.
»Was ist deine Spezialität beim Kochen?«
»Vegetarisch.«Paul grinste.
»Tja, dann wartet heute Abend eine Überraschung auf dich: Du musst …« Er sah auf seinen Zettel. »… Lamm kochen, um zu gewinnen. Mit Schaf kennst du dich ja aus.«
Das Publikum lachte.
Dieses Schwein! Das hatte er sich doch extra ausgedacht.
»Blutig?«, fragte Paul mit zusammengekniffenen Zähnen.
»So gehört es sich. Obwohl Graf Dracula heute nicht zu Gast ist.«
Erneutes Lachen aus dem Publikum.
Darum ging es also, ihn vor allen Zuschauern lächerlich zu machen, inklusive Eli, die sicher später die Aufzeichnung sehen würde.
Paul verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich werde kein Lamm kochen.«
»Wie bitte?«
»Niemals wieder werde ich Lamm kochen. Und wenn sich alle auf den Kopf stellen!«
Dave legte väterlich den Arm um ihn. »Wir werden natürlich nicht versuchen, dich hier zu missionieren.« Er blickte direkt in die Kamera. »So was ist nämlich das Allerletzte. In Köln sagt man, jeder soll nach seiner Fasson glücklich werden. So halten wir es auch in meiner Sendung. Deshalb helfe ich dir beim Lamm, und du kannst derweil die Kartoffeln schälen. Die hütest du sicher nicht in deiner Freizeit, oder?«
Schallendes Gelächter.
Jetzt war es genug!
Pauls innerer Dampfkochtopf war explodiert: »Du willst Blut, Dave? Hier hast du Blut.«
Er nahm das Lammstück und wischte es Dave über die Kochjacke und durchs Gesicht – der war davon so überrascht, dass er sich überhaupt nicht regte. Doch das Publikum pfiff Paul aus. Die hatten ja keine Ahnung! Paul schäumte vor Wut – und griff sichdas Rehfilet des kochenden Surfers. Damit rannte er zum Publikum.
»Sie wollen auch Blut? Bitte sehr, bitte gern!«
Er patschte es dem grinsenden Ottfried-Fischer-Double auf den Kopf. Ohrenbetäubende Pfiffe.
So viel geballten Hass war Paul nicht gewohnt, und das trotz jahrelanger Arbeit in der KFZ -Zulassungsstelle.
Ein Kabelträger wollte sich auf ihn werfen, allerdings wich Paul geschickt aus. Mit einer Hand erwischte ihn der Bursche dann aber doch am Fuß und ließ nicht mehr los. Paul sah aus den Augenwinkeln, wie die Producerin ein Schild hochhielt. »Keine Gewalt! Lasst ihn sich austoben!«
Er hob die Hände und versuchte die tobende Masse zu beruhigen: »Lasst mich mal eins klarstellen. Ich bin nicht irgendein Hobbykoch.«
»Ja, klar, du bist der Meisterkoch persönlich!«, kam es aus der
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