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Bis an das Ende der Nacht (German Edition)

Bis an das Ende der Nacht (German Edition)

Titel: Bis an das Ende der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Coake
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leicht unsicher, wo ihr Gravitationsschwerpunkt war? Dann könnte Jimmy sie fragen: Welche Fächer studierst du? Und sie könnte ihn abblitzen lassen. Oder sie könnte sich an seinen Arm lehnen.
    Ihr Mann hat ganz schön was los, sagte Jimmy zu ihr.
    Danke, sagte Dana, töricht – als hätte sie Bryan zu dem gemacht, was er war.
    Er ist verrückt nach Ihnen. Dana, Dana – er redet ständig von Ihnen.
    Jimmy warf ihr wieder diesen Seitenblick zu. Es war unheimlich – trug sie ein Schild um den Hals, auf dem ihre wunden Punkte aufgelistet waren? Hatten Männer wie Jimmy einen Sensor für so etwas? Wahrscheinlich.
    Sie hatte Bryan vorhin mit dem neuen Kleid zu überraschen versucht. Donnerwetter, hatte er gesagt, als sie darin aus dem Badezimmer kam. Ein Aufblitzen in seinen Augen, ein Grübchen in seiner Wange – und schon hatte sie sich dankbar gefühlt, größer, stärker. Genau wie früher: So leicht konnte das gehen. Er band sich den Schlips. Sie wollte, dass er ihn hinwarf, dass er zu ihr kam – dass er sie küsste, sie dicht an sich heranzog. Aber er hatte nur gesagt: Du siehst umwerfend aus, Liebling, um gleich wieder mit gefurchter Stirn seinen schiefen Knoten zu mustern.
    Und vor ihrem inneren Auge hatte sich der bevorstehende Abend ausgebreitet: Die lange Ödnis der Feier, nach deren Ende sie und Bryan endlos würden ausharren müssen, um sicherzustellen, dass die betrunkenen Kassierer alle heil nach Hause gelangten. Es würde mindestens drei Uhr früh werden, bis sie wieder in ihrem Schlafzimmer wären, sie würden nach Schweiß und nach kaltem Rauch stinken, und Bryan wäre im Zweifel schon eingeschlafen, mit dem Gesicht zur Wand, ehe das Kleid auch nur ausgezogen war.
    Sie sollte wieder hineingehen, das wusste sie. Diesen Gedankengang abbrechen, bevor er weiter ausufern konnte.
    Stattdessen klopfte sie noch eine Zigarette aus der Packung. Sie tastete nach ihrem Feuerzeug, aber Jimmy hielt ihr seines hin. Dana beugte sich zu seinen gewölbten Händen vor. Durch die Ärmel ihrer Mäntel spürte sie seinen Arm. Er trug Eau de Cologne; gerade nur ein Hauch wehte sie von seinem Hemdkragen an.
    Nein, ganz im Ernst, hörte sie Jimmy sagen. Ich arbeite unheimlich gerne für ihn, alle hier tun das. Er ist echt ein verdammt netter Mensch.
    Ja, das ist er.
    Darf ich Sie etwas fragen? In seinen Augen glitzerte es.
    Dana tat einen raschen Atemzug, nicht so ganz sicher, was sie hoffen sollte. Natürlich, sagte sie.
    Ich habe da dieses Gerücht gehört.
    Und augenblicklich wusste sie, was er fragen würde, und die Enttäuschung war so groß, dass sie beinahe geweint hätte.
    Sie sagte: Nämlich?
    Stimmt es, dass – ich meine, ich habe gehört, dass – Jimmy lachte über sich selbst. Stimmt es, dass er mal jemandem das Leben gerettet hat? Und dass er deshalb …? Jimmy strich mit den Fingern an seinem Unterarm auf und ab, um Bryans Narben anzudeuten.
    Dana fragte sich, was wohl für ein Ausdruck auf ihrem Gesicht war.
    Ach je, sagte Jimmy, tut mir leid, ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten. Wirklich.
    Aber sie hatte es sich ja selbst zuzuschreiben, dass er fragte. Vor fünf Jahren, als sie noch – ja, als sie praktisch noch ein Kind war, hatte Dana bei einem Sentinel-Dinner in einer Ecke gestanden und zum erstenmal die Geschichte von Bryans Verbrennungen – Bryans Heldentat – zum besten gegeben. Die Leute, mit denen er zusammenarbeitete, sollten wissen, was Bryan geleistet hatte, was für einer er war. Und die Tatsache, dass Bryan Macarthur jetzt die Filiale leitete, konnte durchaus etwas zu tun haben mit dieser Geschichte, die seitdem im Flüsterton die Runde machte. Dana und Bryan hatten diese Möglichkeit nie erörtert, aber daran gedacht hatten sie beide, das wusste sie. Er war ungehalten gewesen – unglücklich -, als er erfuhr, dass sie es erzählt hatte.
    Sie schauen mich ganz anders an, hatte er gesagt. Ich bin niemand Besonderes.
    Für mich schon, hatte sie ihm gesagt. Und ihn geküsst, lange.
    Jetzt holte sie Atem.
    Doch, es stimmt, sagte sie. Wir waren zusammen auf dem College, in Colorado. Wir haben einen Skiausflug in die Berge gemacht. Wir sind in einen Blizzard geraten, und vor uns ist ein Auto verunglückt. Bryan hat eine Frau aus dem Wagen gezogen, als der Wagen schon brannte.
    Dana schob den Mantelärmel und den Ärmel ihres Kleides zurück. Sie hielt Jimmy ihr Handgelenk hin und drehte es leicht.
    Wir haben sie zu zweit zur Straße hochgeschleppt, sagte sie. Ein bisschen was habe ich auch

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