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Bis ans Ende der Welt

Bis ans Ende der Welt

Titel: Bis ans Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Ulrich
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habe auch nicht an den Erfolg des Rauchverbots in Italiens Kneipen geglaubt, aber durch die grassierende Denunziation und hohe Geldstrafen seien die Wirte schnell zur Räson gebracht worden. Da werde man doch in den deutschsprachigen Ländern nicht weniger, sondern noch viel mehr petzen. Dafür werde schon die Gehirnwäsche im Fernsehen sorgen. Habe man in Deutschland nicht gerade das Messertragen verboten? Müsse man in der Schweiz etwa jetzt nicht schon am helligsten Mittag mit eingeschaltetem Licht fahren, und werde nicht angepflaumt, wer den Unsinn nicht mitmacht? Die Liste an Bevormundung habe bald kein Ende mehr, die Freiheit gehe dahin, während immer mehr Kontrollen gegen die grassierende Anarchie machtlos sind. Und das Fernsehen werde uns alles so eintrichtern, daß es uns paßt. Schlimmer noch, daß es die Politiker und die Konzernbosse auch wissen und sich daraus Guten Tag machen.
    Ich hielt mich da nicht auf, der Weg war noch lang. Und er zog sich hin, dampfend und triefelnd, wohl an zweitausend Höhenmeter rauf und runter unter niedrig hängenden Wolken, die keine Sicht gaben. Am Ende dachte ich, die Beine selbst tragen zu müssen, und in Wattwil wackelten die Knie recht bedenklich. Doch halten konnte ich noch nicht. Es gab da ein Kloster, in dem ich gerne übernachtet hätte, aber die Schwestern nehmen keine Pilger mehr auf. Folgen des Personalmangels. Es sind wohl wieder nur ganz wenige übrig geblieben, und wer sollte sich um die Leute kümmern? Erst in einer Almhütte einige Kilometer weiter fand ich Unterschlupf bei einem sympathischen Bauernehepaar. Die jungen Leute nahmen in ihrem originell umgebauten Holzhaus Pilger auf, um ihr Einkommen zu verbessern. Gerade im Appenzeller Land schienen die Bauern nicht gerade auf Rosen gebetet zu sein. Viele der Höfe sahen ärmlich, manche gar armselig aus, während mir später einige Städter erregt ausrechneten, wieviel die Subventionen für die marode Landwirtschaft den Staat kosten würden. Wie schon in Allgäu versuchte man auch hier die Intensivbewirtschaftung mit Unmengen von Jauche, die man mittels ausgelegter Schläuche auf die Weide brachte, um möglichst viel Kühe durch das Jahr durchzubringen. Aber einzig konkurrenzfähig war nur der Gestank, nicht der Wohlstand, das war riech- und sichtbar. Kuhfladen, Kuhfladen, wohin man trat. Ich jedenfalls, hatte an diesem Tag das Haus für mich allein, die Bäuerin wusch und trocknete meine Kleider, und das Frühstück am nächsten Morgen war gut und reichlich.
Pfäffikon, km 497
    Es hätte nur nicht so verbissen regnen müssen. Ich hätte überhaupt nichts dagegen, einmal in der Schweiz auch ein paar Berge zu sehen. Die Schweiz und ihre berühmten Berge, wo waren sie denn? Malerische Schweizer Kulturlandschaft, schöne Rundumsicht, Postkartenmotive allerorten, höhnte der Wanderführer. Irgendwo gar eine grandiose Sicht auf den Matterhorn mit einer weißen Nachtmütze? Ein Hohn. Wohl stieg der Weg auf und ab, auch sah man rundherum undeutlich steile Wiesen. Sofern sich die Wolken ein wenig hoben, und man nicht zu sehr damit beschäftigt war, dünnen, seltsam grünlich schillernden Rinderfladen auszuweichen. Aber Berge? Keine Berge zu sehen.
    Hören konnte man. Im Nebel knallte es von wütenden Salven eines schweren Maschinengewehrs. Jemand gab da richtig Gas, und es klang recht nahe. Erst wußte ich nicht, ob ich mich nicht besser bücken sollte, dann aber verließ ich mich auf den Nebel. Ich konnte den Schützen nicht sehen, so konnte mich der Schütze nicht sehen – nahm ich an. Außerdem, wer sollte gleich mit schwerem Maschinengewehr auf mich schießen. Und gar mit Dauerfeuer? Vorsichtshalber prüfte ich mein Gewissen. Und ich erinnerte mich, daß der Führer von einer monströsen, sprich „nicht so recht in die Landschaft passenden“ Schießanlage sprach. Entwarnung also. Ein Hoch auf die Schweizer Wehrhaftigkeit. Daraufhin zischten ein paar Gewehrgranaten durchs Gebüsch und explodierten mit eindrucksvollem Krach. Die kann man von einer modernen Infanteriewaffe computergesteuert so abfeuern, daß sie erst hinter der Gegnerdeckung explodieren. Sehr praktisch. Ich sah mich um, konnte aber nichts erkennen, außer Nebel und Regen in Fülle. Ich beschloß, daß bei diesem Wetter auf dem Bauch zu kriechen zu aufwendig wäre, und hielt tapfer durch. Gut, daß man wenigstens in Deutschland das Tragen von Messern verbot. Nicht auszudenken, wenn sich alle so garstig bewaffnen würden. Dann kam mir ein

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