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Bis ans Ende der Welt

Bis ans Ende der Welt

Titel: Bis ans Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Ulrich
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schöne Landschaft zu bewundern. Geteilte Freude ist ja eine doppelte Freude.
    Genau zur Mittagszeit entdeckten wir ein Freizeigelände mit ein paar Tannen davor. Früher muß an dieser Stelle ein kleiner Bahnhof gestanden haben. Nun gab es da, was selten vorkam, einen richtigen Picknickplatz mit Bänken und Tischen aus dicken Balken. Um ganz sicher zu gehen, wies eine ins Holzbrett eingebrannte Innschrift auf diese Rarität hin. Nur war das Gelände bereits von einer heiteren Seniorentruppe besetzt. Es ging hoch her. Die Herrschaften trafen sich hier regelmäßig einmal im Jahr, kredenzten einander nun freudig jede Menge Delikatessen und diverse feine Weine auf und ließen sich all die Gaben lauthals schmecken, während wir etwas abseits, auf dem Boden hockend, frugal mit Brot, Käse und Wasser vorlieb nahmen. Schweizer Verhältnisse eben. Einer der Männer kam rüber zu uns, erkundigte sich nach unserem Status und kehrte berichtend zur Gruppe zurück. Dort diskutierte man lebhaft den Umstand und beließ es dabei. Es erinnerte mich an eine alte Filmklammotte, in der sich der Komiker in ähnlichen Umständen vor dem Haus, wo gefeiert wird, das trockene Brot zum heranströmenden Wohlgeruch der Fleischgerichte schmecken läßt. Nur daß es hier mehr nach Tannenzapfen als nach Entebraten roch. Vielleicht hätten wir uns auch etwas näher heran setzen müssen, vielleicht ein nettes Gespräch anfangen und unsere ach so prekäre Vorratslage passend an den Mann bringen. Auf mich alleingestellt hätte ich möglicherweise der Versuchung nicht widerstanden. Doch die vornehme Schweizer Zurückhaltung verbot solch frivolen Gedanken. Wir konnten doch nicht die Senioren in ihrer Feier stören, und sie fanden es nicht passend, uns einzuladen. Etwas amüsiert, doch ohne Groll auf die geizigen Alten, zogen wir bald weiter. Immerhin liehen sie Rebekka den Toilettenschlüssel.
    Längst kam ich mir vor wie die alten Seefahrer auf Entdeckungsreisen im Pazifik – ständig auf der Suche nach Vorräten. Kurz vor der Skorbut. Es war ja lächerlich. Sollte ich am Ende eine Obsession davon tragen und künftig zu Hause massiv Eßbares bunkern? Karl May, der in jungen Jahren wegen Unterschlagung bei Brot und Wasser im Knast saß, tat so, und kaum ein Kapitel seiner Abenteuerbücher kommt ohne die mit tiefhängenden Würsten und Schinken gefüllte Speisekammer oder wenigstens eine über dem Feuer gebratene Bärentatze aus. Da soll sich der Leser nicht wundern, wenn ich – wie Karl May oder die bereits erwähnten englischen Klassiker – ständig vom Essen rede. Manchmal, wenn ich so an dem Jungvieh auf der Heide vorbeizog, und die Kälber mich mit ihren großen wissenden Augen traurig ansahen, da hatte ich fast das Gefühl, sie würden mich wegen meines leeren Magens tief bedauern. Ich segnete sie für ihr Mitgefühl. Dabei haben wir erst am Vorabend gut und reichlich gespeist und am Morgen noch einkaufen können. Sogar unterwegs ergatterte ich auf einem Campingplatz, an dem wir vorbei liefen, noch eine Tüte Milch und ein paar köstliche Croissant. Jörg saß schon da, trank ein bitteres Pils und sah nach wie vor traurig aus. Während ich bei Milch und Croissant richtig auflebte, daß ich fast hätte lachen und singen können, was ihn wohl noch trauriger stimmte.
    Oben, aus den Wäldern und Schluchten des Nationalparks kommend, fanden wir uns jäh in einer ganz anderen Landschaft wieder. Ein verstepptes, von karger Landwirtschaft sparsam genütztes Hochplateau erstreckte sich, soweit das Auge reichte, in langen, grünen Wellen bis zum Himmelrand. Um die tausend Meter über dem Meer schritten wir nun an uralten, mit Moos bewachsenen Wegkreuzen vorbei. Ich hatte wieder eine neue große Blase und humpelte ein wenig. Vorbei war es mit der Schwarzwaldromantik, etwas Melancholisches, ja Herbstliches lag plötzlich in der Luft, obwohl es eigentlich doch Hochsommer war. Die Temperatur sank, die Luftfeuchtigkeit stieg. Auf dem Wasser galt das als Vorbote einer Sturmfront, hier vielleicht auch. Das Wetter war instabil. Die Dörfer und Gehöfte, aufgeschichtet aus grau-braunem Bruchgestein, machten einen ärmlichen Eindruck. Überall lagen frische Kuhfladen, wo das Vieh für die Nacht nach Hause getrieben wurde. Man lebte von Rind und Schaf, die Felder gaben nicht viel her, an so etwas wie die Weinrebe war gar nicht zu denken. Bestimmt trieben sich hier am Rande des Nationalparks auch Wölfe herum. Den Menschen stand die harte Arbeit in Hände und

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