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Bis ans Ende der Welt (German Edition)

Bis ans Ende der Welt (German Edition)

Titel: Bis ans Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Ulrich
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inspirieren. Immerhin pilge r ten wir schon eine Weile zusammen. Aber auffällig, wie ich bin, war ich früher an der Reihe. So dachte ich, man könnte die Stimmung etwas lockern, wenn man von dem Beistand des Herrn erzählen würde. Es würde vermutlich niemand sehr ernst nehmen, daß er einem den Weg zeigt und verlorene Sachen sucht. A l so erzählte ich, wie der Herr von Anfang an mitgeht und mir das, worum ich ihn bitte, umgehend gibt. In Deutschland wäre wohl entweder allgemeine Belust i gung oder umgekehrt eine gehörige Empörung das Resultat. Nicht aber hier. Die Runde wurde richtig still, als ob es ihnen die Sprache verschlagen hätte. Der Priester brauchte auch einen Augenblick, bis er erwidern konnte, man solle sich darauf lieber nicht zu sehr verlassen. Das sah ich auch so, denn ich war mir nicht ganz sicher, ob mir der Herr auch weiterhin seine Gunst zeigen würde, wenn ich damit überall prahle. Ich hätte es gern, wenn die Sache damit ausgestanden w ä re, aber Sissi brachte gleich die Geschichte mit der Geldbörse. Hoffentlich sah der Herr, daß ich nicht eitel mit seiner Macht punkten wollte. Als wir auseina n der gingen, hielten mich noch einige an, um mir anerkennend die Hand zu drü c ken und gutes Wort zuzusprechen.
Estaing, km 1473
    Elisabeth und Joanna kamen sich nun immer näher, sie wurden geradezu die b e sten Freundinnen. Deswegen warteten wir den halben Vormittag auf Joanna, die sich irgendwie vom Kloster nicht trennen wollte. Erst hieß es, sie werde mit Monika und Lüdtke, dem Bremer Ehepaar, mitgehen, dann aber fanden wir sie in der Halle ins Gespräch mit dem Priester vertieft. Es war ganz offensichtlich, daß sie nicht mit uns gehen möchte. Vielleicht wollte sie sich im Kloster einen Rat suchen oder gar gänzlich dort bleiben. Vielleicht wollte sie sich auch taufen lassen. Aber Sissi schien nichts davon zu merken oder gelten lassen zu wollen. So warteten wir und warteten, bis uns Joanna austrickste und doch noch auf den Weg brachte, mit dem Versprechen, sie werde gleich nachkommen. Wir ma r schierten also zu zweit los und natürlich mit einem gehörigen Tempo, weil uns diesmal nichts aufhielt. Auf Joanna wollten wir irgendwo unterwegs warten. Wir trödelten ein wenig durch Saint-Côme, wo nichts los war. Die bizarren Gassen waren wie ausgestorben, sogar die Kirche war noch verschlossen. Für diese Ku l turlandschaft war sie noch jung. Hier in Okzitanien lag die Heimat der Troub a dours, die meisten Kulturdenkmäler gingen auf das elfte bis dreizehnte Jahrhu n dert zurück. Doch diese Kirche wurde erst im sechszehnten gebaut. Sie war den Heiligen Kosmas und Damian gewidmet. Daher auch der Stadtname. Olt war dann die okzitanische Bezeichnung des Flusses Lot. Mir fielen besonders die verdrehte Turmspize und das großartige Renaissanceportal auf.
    Bald ließen wir die Stadt hinter uns, stiegen durch einen Wald auf den gegen ü berliegenden Bergkamm und marschierten obendrauf. Es gab hier einen schönen Ausblick ins Tal. Ein kräftiger Schirokko blies vom Mittelmeer her und fegte die Wolken vom Himmel. Dort, wo die Aussicht am besten war, stand eine ri e sige Marienstatue, Vierge Notre-Dame-du-Venus , mit dem Rücken zum Tal, auf den Camino blickend. Auffallend war nicht nur die Größe, sondern auch die G e stalt selbst. Während Mariendarstellungen meist lieblich und anmutig sind, en t sprach diese hier eher einer primitiven Bäuerin mit voller Gestalt und groben Gesichtszügen.
    Wir trödelten hier ein wenig herum, sprachen ein Gebet, aber Joanna kam nicht nach. Nun, vielleicht waren wir wieder zu schnell. Aber auch von Monika und Lüdtke fehlte jede Spur. Die hätten wir eigentlich einholen müssen, Lüdtke war ja immer noch fußkrank. Die Sonne stand inzwischen fast im Zenith, und wir beschlossen, hier am Weg solange zu warten, bis uns Joanna einholte. Egal wie langsam sie ging, sie mußte vorbeikommen. Dazu kletterten wir ein paar Meter weiter über den niedrigen Schutzzaun, der die Wanderer vor dem Absturz von der Klippe schützen sollte, und machten es uns im hohen Gras auf dem hal b wegs noch sicherem Streifen vor dem Abgrund bequem. Es war eine mir unb e kannte, wilde südländische Grassorte, durchsetzt mit vielen Blüten- und G e würzpflanzen. Auch einige junge Pinien versuchten hier Fuß zu fassen. Ich fürchtete mich ein wenig von Schlangen und ähnlichen Getier, das sich in so l chem Graß heimisch fühlt. Aber ein so gewaltiger Ausblick bot sich von dieser Stelle, so

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