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Bis ans Ende der Welt

Titel: Bis ans Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Riehl
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sagte Ralf: »Hallo.«
    »Krieg ich keinen Begrüßungskuss?«
    Klar, machte man so. Als aber die Leuchtraketen in seinem Kopf explodierten, wurde Ralf klar - das war nicht die Art von Kuss, gegen die Miriam eigentlich nichts haben konnte. Nach einer Minute oder fünf oder zwanzig klatschte irgendjemand Beifall, Ralf löste sich langsam, murmelte eine Entschuldigung - er müsse weitermachen, komme aber bald wieder - und hob die Gabel auf.

    Als er 38 Essen später Schluss hatte und zurück zum Tisch kam, machte das Mädchen neben Kristine sofort Platz. Kristine küsste ihn wieder, nicht ganz so lange, dann schlang sie einen Arm um ihn.
    »Erzähl endlich«, forderte sie, »wie hast du mich gefunden?«
    Dasselbe hätte er gerne sie gefragt. Ralf holte weit aus, erzählte, wie er in Melbourne angekommen war, wie er die Nachricht auf dem Anrufbeantworter abgehört hatte, und hätte sie bloß ihr Handy mitgenommen, dann hätten sie sich in Sydney... Also musste er ihr auf gut Glück hinterher und Miriam sei auch mitgekommen.
    »Das war wirklich nett von euch. Ist sie auch hier?«
    »Ja, bin ich.« Miriam humpelte die Stufen zu den Tischen hinauf. Sie sah Ralf an, aber er wusste nicht, was der Blick bedeuten sollte, bis ihm einfiel, dass er versprochen hatte, ihr ein Essen in die Hütte zu bringen. Kristine und Helge begrüßten sie, Miriam musste sofort den Verband erklären und sich dann ans Ende der Bank setzen, wo sie den Fuß hochlegen konnte.
    »Die Schiebetür war rostig«, ergänzte Ralf. Kristine sprach ihr Bedauern aus und wünschte gute Besserung. Sie hatte immer noch einen Arm um ihn geschlungen.
    Miriam sah fragend herüber. Aber das Einzige, was Ralf einfiel, war, im Erdboden zu versinken. Mann, hatte er sich in die Scheiße geritten.
    Beth und Jean-Paul kamen Hand in Hand vorbei und verabschiedeten sich gleich wieder. Sie müssten noch die Küche aufräumen, bald würde das Licht abgestellt.
    »Ja, dann gehen wir auch mal«, sagte Ralf.
    »Hol doch einfach deine Sachen und zieh zu uns um«, schlug Kristine vor, »es ist noch Platz.« Sie lächelte ihn erwartungsvoll an.
    Ralf sah Miriam fragend an, aber in ihrem Gesicht stand keine Antwort. Eine ziemlich lange Sekunde später sagte er: »Eigentlich...«
    »Wir haben uns viel zu erzählen.«
    Das stimmte, da gäbe es einiges. Ralf sah wieder zu Miriam, sie sah weg.
    »Äh - also gut, ich komme.«
    In der Hütte packte Ralf seine Sachen, schweigend auf den Rucksack konzentriert. Miriam sah ihn an.
    »Warum hast du ihr nichts gesagt?«
    »Ich - ich weiß nicht.«
    »Das ist ein bisschen wenig als Antwort.«
    »Ja, ich sag es ihr jetzt. Vorhin war ich so überrascht - auf einmal war sie da. Warum hast du denn nichts gesagt? Soll ich hier bleiben?«
    »Das würde ein bisschen komisch aussehen, nachdem du begeistert auf das Angebot eingestiegen bist, in ihre Hütte zu kommen.«
    »Von begeistert kann keine Rede sein.«
    »Außerdem: Was hätte ich überhaupt sagen sollen? Sie hat dich gefragt, nicht mich, und nicht ich will mit ihr Schluss machen, sondern du. Oder hast du deine Meinung geändert?«
    »Nein.« Aber er wusste nicht, was er tun sollte, am liebsten hätte er sich weggebeamt oder einen Abstecher nach Grönland gemacht, bis Kristine und Miriam ein Urteil gefällt hätten.
    »Ralf« - sie sah ihm in die Augen - »du kannst dich nicht um eine Entscheidung herumdrücken. Von mir aus bring es ihr schonend bei, aber sag’s ihr. Oder sag es mir - jetzt.«
    »Ja - klar, ich sag’s ihr.«
    Sie wandte den Blick ab und begann, das Moskitonetz zurechtzuzupfen. Ralf drückte ihr einen Kuss auf die Wange, der irgendwie nicht richtig gelingen wollte, und nahm seinen Rucksack.
    Auf dem Weg zu Kristines und Helges Hütte dachte er daran, wie viel passiert war, seit er in Australien angekommen war. Es klang albern, aber er war nicht mehr der Ralf, der in Melbourne die 747 verlassen hatte. Das musste er Kristine erklären, und nicht schweigen wie David, er würde es sagen wie ein Mann, dann wäre die Sache ausgestanden, ein Ende mit Schrecken.
    Erst als er durch die Hüttentür trat, fiel ihm etwas auf: Wenn er so sicher war, dass er Kristine alles erklären und zu Miriam zurückkehren würde, wieso hatte er dann den verdammten Rucksack mitgenommen?
    Kristine begrüßte ihn mit einem Kuss. Sie schien zu spüren, dass er nicht richtig bei der Sache war, und fragte: »Ist irgendwas?«
    Ralf stellte den Rucksack ab und registrierte, dass Helge interessiert zusah. »Am

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