Bis ans Ende der Welt
besten, wir gehen raus.« Auf der Treppe beichtete er: »Also, da ist was zwischen Miriam und mir.«
»Oh. Ist ja nicht gerade erfreulich.«
Sie schien nicht mal besonders überrascht - darüber war Ralf überrascht.
»Ja, tut mir wahnsinnig Leid, es ist so passiert und jetzt...«
Mit ihren großen blauen Augen schnitt sie ihm das Wort ab. Ralf fühlte sich wie eine Pizza in zwei Hälften geteilt.
»Ich kann das verstehen - ich war weit weg, Miriam ist sehr nett, und ihr wusstet ja nicht, ob ihr mich überhaupt treffen würdet. Wichtig ist aber, dass wir uns getroffen haben. Ausgerechnet hier, mitten im Dschungel! Das muss Schicksal sein, oder nicht?«
Schicksal! Ja schon, aber so hatte er sich das eigentlich nicht vorgestellt. Er suchte verzweifelt nach einem Weg, der Antwort auszuweichen: Kristine war so wundervoll, und klar, sie hatte die älteren Rechte, aber eigentlich liebte er Miriam, und dieses Zusammentreffen schien ihm mehr ein Unfall des Schicksals zu sein als Bestimmung oder so was. Aber wie sollte er Kristine das erklären? Bevor er Worte fand, küsste sie ihn …
Wieder in der Hütte, forderte Kristine Helge auf: »Sag mal, könntest du nicht bei Miriam übernachten? Ralf und ich haben uns lange nicht gesehen.«
»Ich wollte eigentlich schon schlafen, morgen vielleicht...«
»Komm, Helge, das verstehst du doch. Wir wären gern allein.«
Helge brummte etwas, begann dann aber widerwillig, seinen Kram zusammenzupacken.
Ralf konnte nicht anders, als sie zu bewundern. Sie sagte noch: »Mach schnell. In drei Minuten wird das Licht abgeschaltet.«
Helge war kaum draußen, da fand sich Ralf halb ausgezogen auf dem Bett wieder.
Hinterher blieb er noch lange wach und grübelte. Er drehte sich um und sah auf den perfekten Körper, dessen Haut matt das Licht der Notbeleuchtung spiegelte. Da lag Kristine neben ihm, Zweck der Reise. Alles, was er einmal gewollt hatte.
22.
Am Morgen traf Ralf am Pool wieder Jean-Paul, der wissen wollte, ob Beth schon wach sei.
»Weiß ich nicht.«
»Aber sie schläft doch bei euch in der Hütte.«
»Na ja, aber ich habe woanders geschlafen.«
Jean-Paul grinste. »Was, bei der Blonden? Da wird deine Freundin aber hübsch geladen sein.«
Ralf nickte und sah auf den Boden. »Eigentlich ist es gar nicht komisch. Ich weiß überhaupt nicht, was ich tun soll. Die Blonde ist auch meine Freundin, sogar schon länger. Wegen ihr bin ich nach Australien geflogen. Hier habe ich mich in Miriam verliebt. Nur weiß Kristine es nicht so richtig.«
Jean-Paul dachte kurz nach und sagte: »Dir geht’s wie der Füllung eines Kebabs: auf jeder Seite ein leckeres Brötchen.«
»Haha. Und was soll ich machen?«
»Du musst dich für eine entscheiden - sonst sind beide weg.«
»Ich fühl mich so schlecht, dass sie mich ruhig beide zum Teufel schicken könnten - gerecht wäre es.«
»Quatsch. Das nützt niemandem was. Entscheide dich.«
»Und für welche?«
»Nimm das obere Brötchen - unten liegen ist bequemer.« Er grinste.
Ralf war nicht nach Witzen zumute. »Aha - und wer ist das obere Brötchen?«
»Die große Blonde ist aus Deutschland?«, wollte Jean-Paul wissen.
»Ja.«
»Willst du wieder zurück?«
»Nach Deutschland? Eigentlich schon.«
»Dann würde ich auf die Blonde setzen. Mal ehrlich: Was willst du später mit einer Freundin in Australien?«
Diese Einstellung schien Ralf arg unromantisch, aber vom Standpunkt der Vernunft aus betrachtet hatte Jean-Paul Recht.
Beim Frühstück saß Ralf tatsächlich kebabmäßig eingeklemmt zwischen Kristine und Miriam. Für eine zweite Portion Rosinentoast hätte er unter dem Tisch durchkriechen müssen, aber er hatte ohnehin keinen Appetit.
Er sah Kristine an: Sie war glänzend aufgelegt, quatschte mit jedem, auch mit Miriam, als ob nichts gewesen wäre. Miriam hielt sich zurück, ab und zu sah sie herüber, aber Ralf konnte nicht sagen, was die Blicke bedeuteten, ihre Miene blieb ausdruckslos.
Jean-Paul schlug vor, an die Küste zu fahren. Sie war nur ein paar Meilen entfernt, der Kleinbus würde sie hinbringen und wieder abholen.
Am Strand empfing die Busladung ein Schild mit der Aufschrift: Während der Sommermonate treiben Quallen in den Küstengewässern. Hautkontakt kann tödlich enden!
Für kleinere Verletzungen stand eine Flasche Essig bereit.
Jean-Paul konnte die Ausflügler beruhigen: »Es hat noch nicht geregnet. Erst wenn es tüchtig regnet, werden die Quallen aus den Flüssen ins Meer gespült. Noch ist es
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