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Bis auf die Knochen

Bis auf die Knochen

Titel: Bis auf die Knochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jefferson Bass
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weiter aus.«
    Burt schlug Thomas auf die Schulter; Thomas fuhr zusammen, entweder wegen der Wucht von Burts Schlag oder wegen der Verletzung seiner pers ö nlichen Grenzen. »Okay, ich glaube, wir haben’s f ü rs Erste «, sagte Burt. » Wie schnell k ö nnen Sie mir Ihren Bericht schicken? «
    » Ich schreibe ihn im Flugzeug und schicke ihn Ihnen heute Nacht noch per E-Mail. Ist das schnell genug? «
    » Ja, das ist in Ordnung. Danke. Chloe meldet sich bei Ihnen, sobald wir den Prozesstermin wissen. Und ich mache mich daran, diesen Antrag zu formulieren.« Bevor er den Konferenzraum verlie ß , zog Burt die Rollos hoch, und pl ö tzlich war der Raum lichtdurchflutet. Es war das wie frisch gewaschene Licht, das einem schweren Fr ü hlingsgewitter folgt. Ich betrachtete es als gutes Zeichen.

39
    Nachdem ich DeVriess’ Büro verlassen hatte, saß ich mehrere Minuten in der k ü hlen Dunkelheit der Tiefgarage und ü berlegte, wohin ich als N ä chstes fahren sollte. Bis zu meinem Rendezvous mit Art und unserem abendlichen Vorhaben musste ich noch mehrere Stunden totschlagen. Normalerweise w ä re ich einfach in mein B ü ro auf dem Campus gefahren, das nur drei Kilometer entfernt lag, oder nach Hause, das neun oder zehn Kilometer weit weg war. Doch man hatte mich gebeten, von der Uni fernzubleiben, und ich war darauf bedacht, den Reportern aus dem Weg zu gehen, die wahrscheinlich vor meinem Haus lauerten.
    Ich hatte meine Aktentasche dabei, vollgestopft mit den Zeitschriftenartikeln, anhand derer ich das Kapitel ü ber R ö hrenknochen in meinem Lehrbuch aktualisieren wollte. Doch wo sollte ich arbeiten? Die B ü cherei in der Innenstadt war zu ö ffentlich, zu ungesch ü tzt, genau wie das Restaurant gegen ü ber von Burts B ü ro, die Riverside Tavern. Das Letzte, was ich wollte, war, dass man mich angaffte, mit den Fingern auf mich zeigte, mich bel ä stigte, selbst f ü r den unwahrscheinlichen Fall, dass jemand mir viel Gl ü ck w ü nschen wollte. Am Ende fuhr ich zur ü ck in den Tyson Park, wo ich mir, falls ein weiteres Gewitter durchzog, einen leicht klebrigen Picknicktisch unter einem Schutzdach suchte, um meine Unterlagen auszubreiten.
    Nicht lange nachdem ich mich hingesetzt hatte, fuhr ein Auto durch den Park und hielt, als es an dem Schutzdach vorbeikam. Ich schaute gerade lange genug auf, um die Markierung und den Blaulichtbalken eines Streifenwagens auszumachen, dann konzentrierte ich mich mit doppelter Kraft auf meine Unterlagen. Nachdem er endlose zehn Minuten mit laufendem Motor neben dem Taurus gestanden hatte, fuhr der Polizeiwagen davon. Doch er kam im Laufe der n ä chsten drei Stunden in regelm äß igen Abst ä nden wieder vorbei. Die Wache gab mir sowohl das vage Gef ü hl, schuldig zu sein, als auch, zu Unrecht schikaniert zu werden. Ich ü berlegte, ob Wohnungslose sich so f ü hlten – Menschen, vor denen die Tage sich endlos ausdehnten, ohne einen behaglichen, einladenden Ort, wo sie sie verbringen konnten. Ich hatte Geld in der Tasche und ein Dach ü ber dem Kopf – zwei D ä cher, wenn ich mein Haus und die gemietete H ü tte in Norris ber ü cksichtigte –, und doch f ü hlte ich mich an keinem dieser Orte zu Hause.
    Ich konzentrierte mich mit aller Macht auf die menschlichen Arm- und Beinknochen. In den zwanzig Jahren, seit ich die erste Ausgabe meines Lehrbuchs geschrieben hatte, war der durchschnittliche Amerikaner um einige Millimeter gewachsen. Folglich waren auch der Oberschenkel und andere R ö hrenknochen ein wenig gewachsen, und also konnte ein Oberschenkelknochen, dessen Ma ß e ihn vor zwanzig oder drei ß ig Jahren eindeutig als den eines Mannes ausgewiesen h ä tten, heute durchaus auch von einer gro ß gewachsenen Frau stammen. Die Ver ä nderungen waren geringf ü gig, doch nicht unbedeutend. Ich dachte an die Kreationisten und ü berlegte, was sie aus dieser Entwicklung machen w ü rden. Wenn wir nach Gottes Ebenbild erschaffen worden waren, hie ß das f ü r Jennings Bryan und seine Nachfolger, dass Gott ebenfalls wuchs?
    Bis zum Einbruch der Dunkelheit war ich mit Lesen und Ü berarbeiten besch ä ftigt. Als ich nicht mehr genug sah, um zu lesen oder zu schreiben, schob ich meine Unterlagen zusammen, verlie ß den Park und fuhr den Strip hinunter, den Teil der Cumberland Avenue, dessen Restaurants und Bars eine Seite des Campus s ä umten. Ich fuhr noch einmal zu dem Deli, wo ich am Mittag gegessen hatte, denn das Truthahn-Sandwich war gut gewesen und der

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