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Bis auf die Knochen

Bis auf die Knochen

Titel: Bis auf die Knochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jefferson Bass
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zu sein, du warst noch nicht so weit. Vielleicht wollte ich auch einfach nicht in so viel Traurigkeit hineingezogen werden.«
    » Und jetzt? «
    » Jetzt scheinst du mir dar ü ber hinweg zu sein, zumindest ü ber das Gr ö bste. Du sprudelst nicht gerade vor Lebensfreude, aber das w ä re f ü r einen Kerl mit deinem Beruf vielleicht auch ein bisschen viel verlangt. Du kommst mir jetzt … stabil vor.«
    » Kam ich dir vor ein paar Monaten, als wir um Haaresbreite eine Verabredung zum Abendessen gehabt h ä tten, stabil vor? «
    » Stabil genug «, sagte sie, » in der Mitte. An den R ä ndern vielleicht noch ein wenig melancholisch, aber wer ist das nicht hin und wieder? « Bei diesen Worten neigte sie den Kopf zur Seite, zuckte leicht die Achseln und l ä chelte breit. Ich h ä tte schw ö ren k ö nnen, dass ich sp ü rte, wie ich an den R ä ndern ein wenig melancholisch wurde, aber erregend stabil in der Mitte. Ich machte einen Schritt auf sie zu und ber ü hrte ihre Wange. Sie nickte und rieb ihre Wange an meiner Hand. Ich schloss die Augen, um mich auf das Gef ü hl ihrer Haut zu konzentrieren. » Dann macht es dir nichts aus, dass ich mich heute Abend selbst zum Essen eingeladen habe? « Die Augen immer noch geschlossen, sch ü ttelte ich den Kopf. » Und warum hast du mich nicht noch mal gefragt, ob ich mit dir ausgehen will, nachdem ich damals absagen musste? «
    Die Wahrheit war, dass ich Angst bekommen hatte, aber ich wollte weltm ä nnischer erscheinen. » Ich habe den schwer zu Erobernden gespielt «, sagte ich und h ö rte, wie meine Stimme brach wie die eines Jungen, der gerade in die Pubert ä t kommt. Von wegen weltm ä nnisch. Ich lachte. » Ich habe geh ö rt, nichts interessiert eine Frau mehr, als sich gleichg ü ltig zu geben.«
    Das trug mir eine Backpfeife ein, doch sie war spielerisch ausgef ü hrt. Ich ö ffnete die Augen und sah Jess den Kopf sch ü tteln, doch sie grinste dabei. » Du verlogener Mistkerl «, sagte sie. » Du bist ein wirklich miserabler L ü gner. Aber ein wirklich guter Mann.«
    Sie kam n ä her und hob das Gesicht. Vielleicht hatten sich manche Dinge in der Welt doch nicht so sehr ver ä ndert, denn ich verstand ihre Geste problemlos als Aufforderung, sie zu k ü ssen. In den Stiefeln war sie so gro ß , dass ihre Lippen fast meinen Mund ber ü hrten. Gerade ein klein wenig tiefer, dass es sich gut anf ü hlte, ihr eine Hand in den Nacken zu schieben und mit den Fingern durch ihr dichtes, kastanienbraunes Haar zu fahren.
    Einen Augenblick sp ü rte ich ein angenehmes Beben in meinen Lenden, dann h ö rte es wieder auf. Dann kam es wieder, und mir d ä mmerte, dass es nicht in meinen Lenden bebte, sondern dagegen.
    » Oh, verdammt «, murmelte Jess. » Das ist mein Piepser.« Ich sp ü rte das Beben ein letztes Mal, dann machte sie sich frei und schob eine Hand in die Tasche ihrer Jeans. Als sie den Piepser herauszog, gab er ein weiteres Brummen von sich, wie ein w ü tendes Insekt – eine Zikade –, die sich hilflos auf dem R ü cken drehte. » Mist, die Mordkommission «, sagte sie. » Ich muss da anrufen.« Aus der anderen Tasche zog sie ein Handy, klappte es auf und sagte: » Leitstelle.« Ich h ö rte das Handy eine Melodie aus W ä hlt ö nen spielen, w ä hrend es ihr gehorchte. » Hier ist Dr. Carter «, sagte sie.
    » Sie haben was f ü r mich? « W ä hrend sie zuh ö rte, zuckte sie zusammen und sch ü ttelte den Kopf. » Mist. Um welche Zeit kam der Anruf? … Okay, ich bin in einer Stunde da. Sagen Sie ihnen, sie sollen den Park absperren, daf ü r sorgen, dass die Fernsehkameras drau ß en bleiben, und nichts anfassen.« Sie klappte das Handy zu und raffte ihre Taschen zusammen. » Ein Mord im Riverfront Park.«
    » Ist das der Park, der sich von der Innenstadt am Tennessee River entlang bis rauf zum Chickamauga-Staudamm hinzieht? «
    » Ja. Zw ö lf oder dreizehn Kilometer. Die Leiche wurde nah der Innenstadt gefunden, einen Steinwurf vom Aquarium und vom Kunstmuseum entfernt.«
    » Was ist passiert? Ein Raub ü berfall auf Touristen, bei dem Gewalt ins Spiel kam? «
    » Nein. Ein Ortsans ä ssiger. Ein Jogger mit einem Hund. Der Hund ist auch tot.« Sie hatte pl ö tzlich einen seltsamen Gesichtsausdruck. » Vielleicht mache ich die Arbeit hier schon zu lange, Bill. Ich bin best ü rzt.«
    Ich ber ü hrte ihren Arm. » Das zeigt nur, dass du nicht abgestumpft bist.«
    Sie sch ü ttelte den Kopf. » Nein. Was mich best ü rzt, ist der Hund.«
    Sie

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