Bis auf die Knochen
faulenzten auf Betonterrassen, und ein paar ganz Mutige nahmen im Bikini inmitten zahlreicher kleiner Turnschuhe und Flipflops ein Sonnenbad.
Als ich an den unteren Teil des Wasserfalls kam, ü berquerte ich die Stra ß e zu Ross’s Landing am Fluss selbst und wanderte flussaufw ä rts ü ber einen h ö lzernen Plankenweg, dem Beginn des langen Bands von ö ffentlichen Gr ü nanlagen, das sich viele Kilometer hinauf bis zum Chickamauga-Staudamm erstreckte. Ein Schaufelradflussdampfer, der am Anleger vert ä ut war, stie ß einen lauten Pfiff aus. Einige Touristen reagierten, indem sie darauf zueilten. Ein Jogger lief vorbei, schwei ß gebadet, und ich erinnerte mich, dass Jess gesagt hatte, irgendwo hier seien ein Mann und sein Hund einen grausigen Tod gestorben. Ich ging schneller, zielgerichteter, bis ich pl ö tzlich stehen blieb. Vielleicht vierhundert Meter flussaufw ä rts vom Aquarium und Ross’s Landing f ü hrte der Fu ß weg am Fluss entlang unter zwei Br ü cken hindurch und dann im Zickzack einen steilen H ü gel hinauf auf ein auffallend modernes Geb ä ude zu – den neuen Fl ü gel des Kunstmuseums –, das k ü hn ü ber das Steilufer des Flusses ragte. Hier unter den Br ü cken war in den Hang hinein ein seltsames kleines Amphitheater gebaut worden, und auf einer der unteren Stufenreihen klebten an den Br ü ckenpfeilern gelbe und schwarze Fetzen des Bandes, mit dem die Polizei den Tatort abgesperrt hatte. Der gelbbraune Kies wies noch Spuren von Blut auf. Ich besah mir den niedrigen Raum unter den Br ü cken, wie ich mir jeden anderen Mordschauplatz angesehen h ä tte, und versuchte, in den Blutflecken Muster auszumachen, doch der Kies war abgesp ü lt, geharkt und zu sehr aufgescharrt worden, um mir irgendetwas zu verraten. Ich stellte mir diesen Ort bei Einbruch der D ä mmerung vor statt im hellen Licht des Nachmittags und versuchte mir auszumalen, wie es war, wenn zornige junge M ä nner ü ber einen herfielen, nur weil man ein praktisches Ziel f ü r jahrelangen Frust und Verzweiflung abgab.
Das Summen von Gummir ä dern auf dem Pfad riss mich aus meinen schwerm ü tigen Gedanken. Ein bunt gekleideter Fahrradfahrer fuhr auf einem Mountainbike vorbei. Als er die scharfen Serpentinen erreichte, die den Steilhang hinauff ü hrten, erwartete ich, dass er absteigen w ü rde; doch stattdessen nahm er, in einem perfekten Zusammenspiel von Balance und Pr ä zision, die ich auf zwei R ä dern nicht f ü r m ö glich gehalten hatte, eine Haarnadelkurve nach der anderen – insgesamt mindestens zwanzig –, bevor er in der N ä he des Museums oben rauskam und davonsauste. Ich lachte erstaunt und entz ü ckt und stieg selbst den H ü gel hinauf, und als ich nach vielen Kurven oben ankam, schnaufte und schwitzte ich doch ziemlich. Dann wanderte ich durch das Viertel – um das Kunstmuseum dr ä ngten sich Galerien, Cafés und Kneipen – und a ß im Hof eines Restaurants zu Abend. Als ich schlie ß lich gem ä chlich zum Marriott zur ü ckspaziert war, hatte ich m ü de Beine und wunde F üß e und gerade noch genug Zeit, zu duschen und mich umzuziehen, bevor ich mich mit Jess in der Lobby zu unserer Exkursion traf.
Wir fuhren vom Hotel weg, und Jess dirigierte mich rechts auf die Carter Street und noch einmal rechts auf den Martin Luther King Boulevard. Nach vielleicht anderthalb Kilometern gab sie mir die Anweisung, links auf die Central Avenue und noch einmal rechts auf die McCallie Avenue zu fahren. Die McCallie war mir vage vertraut, da ich mehrmals als Gastdozent in die McCallie School eingeladen worden war, eine renommierte Privatschule, zu deren Absolventen etwa der Medienmogul Ted Turner, der Senator Howard Baker und der protestantische Fernsehprediger Pat Robertson z ä hlten. Die Preparatory School lag jedoch weiter ö stlich, schmiegte sich an den Fu ß des Missionary Ridge; unser Ziel, ein Nachtclub namens Alan Gold’s, lag in einem flacheren Teil der Stadt in einem Arbeiterviertel. Wir ü berquerten ein Viadukt ü ber eine Eisenbahnlinie, und zu unserer Linken spulte sich dunkel ein Stadtpark ab. » Okay, fahr jetzt langsamer, langsamer «, sagte Jess. » Da ist es, auf der rechten Seite. Bieg in die Seitenstra ß e da und park irgendwo.«
Das Haus war ein gelbgraues altes Backsteingeb ä ude, zwei Stockwerke hoch; und auf den ersten Blick sah es eher nach einem Elektrizit ä tsversorger aus als nach einem trendigen Nachtlokal. Das einzig Auffallende an der Fassade zur McCallie Avenue
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