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Bis auf die Knochen

Bis auf die Knochen

Titel: Bis auf die Knochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jefferson Bass
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bert ö nte den L ä rm der Bar. In diesem Augenblick flackerten die Lichter in dem Raum kurz, und sie schaute auf die Uhr und legte mir eine Hand auf den Unterarm. » Schatz, Sie m ü ssen mich kurz entschuldigen. Aber gehen Sie nicht weg. Ich w ü rde gerne zur ü ckkommen und alles ü ber Ihren Doktor und Ihre Arthropologie h ö ren.«
    » An thropologie «, verbesserte ich sie, doch sie eilte bereits durch eine T ü r am Ende des Raums.
    Pl ö tzlich flackerten die Lichter wieder, dann wurden sie ged ä mpft, und der Ger ä uschpegel im Raum fiel um mindestens zehn Dezibel. » Meine Damen und Herren «, dr ö hnte eine verst ä rkte Stimme aus Lautsprechern in der Decke. » Alan Gold ist stolz, Ihnen den besten Entertainer in ganz Chattanooga pr ä sentieren zu k ö nnen, die einzigartige Miss Georgia Young blood! « Viele Besucher pfiffen, johlten und klatschten, als meine neue Freundin, Mikrofon in der Hand, eine kleine B ü hne am Ende des Raums betrat. Sie machte einen tiefen Knicks, beugte sich weit genug vor, um reichlich Dekolleté zur Schau zu stellen – und eine frische Runde Beifall zu provozieren. Als sie sich aufrichtete, verbarg sie das Gesicht halb hinter einer Schulter und gab sich sch ü chtern. Die Meute reagierte auch darauf. Sie wusste genau, was den Leuten gefiel, und gab es ihnen bereitwillig. Dann brachte sie sie zum Schweigen, und aus den Lautsprechern klang Geigenmusik. Ein Scheinwerfer ging an und lie ß Miss Georgias Mokkahaut und ihr gl ä nzendes Haar erstrahlen, und dann fing sie an zu singen. Sie begann leise und vorsichtig, um dann rasch stark und durchdringend zu werden. » Don’t … know … why/ There’s no sun up in the sky/Stormy weather/Since my man and I ain’t together «, sang sie. In ihrer Stimme schwangen Trauer und Sehnsucht – eine tragische Version des glockenhellen Lachens, das sie vor wenigen Minuten hatte h ö ren lassen.
    Aus dem Augenwinkel sah ich, dass Jess sich durch die Menschenmenge zu mir vorgearbeitet hatte. » Ist er nicht phantastisch? Die meisten singen nur Playback, aber der schmettert wie ein junger Gott, was? «
    » Er? « In Jess’ Miene blitzten in rascher Folge Unglaube, Belustigung und Mitleid auf. Dann gewann die Belustigung die Oberhand.
    Sie beugte sich vor, um mir leise ins Ohr sprechen zu k ö nnen. » Oh, Bill. Du wusstest wirklich nicht, dass du mit einer She-Male gesprochen hast? «
    » Einer She-Male? «
    » Ja, She-Male. Einem Transvestiten. Einer Drag-Queen. Miss Georgia dort ist eine Lokalgr öß e, seit sie vor einem Jahr oder so auf der Szene aufgetaucht ist. Die Leute kommen bis aus Atlanta, um sie zu sehen.« Jess zog eine Augenbraue hoch. » Es sah ü brigens ganz so aus, als h ä tte sie dich gleich ins Herz geschlossen «, sagte sie. » Du hast wohl m ä chtig deinen Charme spielen lassen. Ich wollte schon r ü berkommen, um ihr die Augen auszukratzen.«
    » Ach, h ö r auf «, sagte ich. » Ich habe nur versucht herauszufinden, ob sie dein Mordopfer schon mal gesehen hat.«
    » Und? «
    » Anscheinend nicht. Sie sagte, Version A sei nicht der Typ Mann, der ihr auffallen w ü rde, und ›die billige Per ü cke und den billigen Fummel‹, falls ich sie korrekt zitiere, von Version B habe sie hier noch nie an jemandem gesehen. Sie sagt, er w ä re wahrscheinlich von der Modepolizei exekutiert worden. Nein, entschuldige, der Modepo-li-zei «, verbesserte ich mich.
    » Miss Georgia scheint sich mit Mode gut auszukennen «, meinte Jess. » In dem Kleid ist sie echt der Hammer.« Jess schaute an ihrem eigenen Outfit hinunter, das aus ihrer gewohnten schwarzen Jeans und einer eleganten blauen Bluse bestand, die, vermutete ich mal, aus Seide war. » Ihre Titten sind besser als meine, was? Komm schon, sag mir die Wahrheit – ich bin ein gro ß es M ä dchen, ich kann’s ertragen.«
    Ich starrte sie an. Hatte ich zu lange in der Vorstadt und im Elfenbeinturm gelebt? Dieser Abend nahm f ü r meinen Geschmack eine viel zu unwirkliche Entwicklung.
    Oben auf der B ü hne ging Miss Georgias Schnulze zu Ende, ihre Stimme wurde wieder leise und brach ein wenig. » Can’t … go … on/Everything I had … is gone …«, tremolierte sie und klang, als meinte sie es vom Grunde ihres gebrochenen Herzens vollkommen ernst. » Keeps raining all the time/Keeps raining all of the time.«
    Die Geigen verstummten, und Miss Georgia lie ß den Kopf h ä ngen und das Mikrofon in den Scho ß fallen. Die Menschenmenge applaudierte und jubelte

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