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Bis auf die Knochen

Bis auf die Knochen

Titel: Bis auf die Knochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jefferson Bass
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ich f ü r Fahnen gehalten hatte, in Wirklichkeit Transparente waren.
    Ich erstellte im Geiste eine Liste der derzeit im Museum laufenden Ausstellungen und ü berlegte, welche wohl eine Kontroverse ausgel ö st haben konnte. Die Ausstellung von Samurai-Schwertern, -Stichen und anderen Artefakten aus dem neunzehnten Jahrhundert? Sicher nicht. »Die University of Tennessee fliegt zum Mars «, Fotos, Videos und Modelle, die dokumentierten, welche Rolle mehrere Fakult ä ten der Universit ä t bei der Rover-Landung der NASA auf dem Mars gespielt hatten? Zweifelhaft; ich hatte nichts ü ber Fans von, sagen wir mal, Venus gelesen, die von der NASA die Gleichstellung ihres Lieblingsplaneten verlangten. » Die Urspr ü nge der Menschheit «, eine Ausstellung, die auch fossile Ü berreste menschlicher Vorfahren zeigte sowie zwei lebensgro ß e Rekonstruktionen fr ü her Hominide? Hm. Das konnte, meinem Scharm ü tzel mit dem Hornissennest des Kreationismus k ü rzlich nach zu urteilen, durchaus passen.
    Als ich nah genug war, um die Transparente lesen zu k ö nnen, ersp ä hte ich auf vielen ein best ü rzend vertrautes Wort. Es war mein Name, und mit einem Ruck wurde mir bewusst, dass die Streikposten nicht gegen eine Ausstellung zu Felde zogen; sie protestierten gegen mich, Bill Brockton, Darwins lautestes Sprachrohr. DR. BROCKTON HAT SICH NICHT ENTWICKELT, stand auf mehreren Transparenten. BROCKTON ALBERT MIT GOTTE’S SCH Ö PFUNG HERUM, stand auf einigen anderen, in einer Kombination aus fragw ü rdiger theologischer Haltung und der schauerlichen Verwendung des Apostrophs. Einige trugen schlicht nur eine stilisierte Darstellung eines Fisches, ein altes Symbol des Christenturns. Und auf einem, das von jemandem in einem Gorilla-Kost ü m getragen wurde, war sogar ein lebensgro ß es Foto von meinem Kopf auf die Karikatur eines Schimpansen geklebt. Ein Fernsehnachrichten-Team war vor Ort und machte Nahaufnahmen von den Demonstranten, die im Kreis marschierten und die T ü ren zum Museum blockierten.
    Ein halbes Dutzend Beamte der Campuspolizei hielt sich in taktvoller Entfernung zu den Demonstranten. Ich schlich mich an den heran, der am n ä chsten stand, um zu h ö ren, was ü ber die Gruppe in Erfahrung zu bringen war. » Wann hat das angefangen «, fragte ich ihn, » und wer sind diese Leute? Sie sehen nicht aus wie Studierende der Universit ä t.« Abgesehen von dem Gorillakost ü m war ihre Kleidung konservativer als alles, was ich seit Jahrzehnten hier an der Uni gesehen hatte. Die Jungen und M ä nner trugen dunkle Hosen, wei ß e Hemden und Krawatten; die M ä dchen und Frauen trugen lange Kleider und schwere Schuhe, und nirgendwo war ein gepiercter Bauchnabel oder eine T ä towierung zu sehen.
    » Sie sind vor zwanzig Minuten hier aufgetaucht «, sagte der Beamte. » Sie m ü ssen gewusst haben, wann Ihre Vorlesung beginnt. Ein Kirchenbus ist auf den Circle Drive gefahren und hat sie ausgeladen, dann ist er weggefahren, um irgendwo zu parken, auch wenn ich nicht wei ß , wo.«
    » Haben Sie mitbekommen, von welcher Kirche? «
    » Von denen habe ich noch nie etwas geh ö rt. ›True Gospel Fellowship‹ oder vielleicht ›True Fellowship Gospel‹? Den Ort habe ich auch noch nie geh ö rt. Irgendeine Stadt in Kansas.«
    » Kansas «, sagte ich. » Warum ü berrascht mich das nicht? «
    » Der Typ in dem Gorillakost ü m ist anscheinend der Einpeitscher «, sagte der Beamte, » aber ich w ü rde sagen, die F ä den zieht der Typ da dr ü ben am Rand.«
    Ich folgte seinem Blick. Abseits der Demonstranten, die H ä nde vor einem zweireihigen Anzug gefaltet, stand ein gepflegter Mann mittleren Alters. Sein Haar war dunkel, mit einem ersten Anflug von Silber; er hatte es sich aus seiner imposanten Stirn nach hinten gek ä mmt, und entweder war es von Natur aus wellig, oder es war sorgf ä ltig so frisiert, dass es so aussah. Aus seinen Jacken ä rmeln ragten Umschlagmanschetten mit goldenen Manschettenkn ö pfen, und seine Hosenaufschl ä ge ruhten auf gl ä nzenden schwarzen Schuhen, die mit italienischem Akzent von Geld sprachen.
    Ich machte einen gro ß en Umweg, um mich ihm von hinten zu n ä hern. » H ü bsche Schilder «, sagte ich, als ich mich neben ihn schob. » Mein Lieblingsschild ist das mit dem Foto.« Er stie ß ein kurzes, einstudiertes Kichern aus, dann wandte er sich mir zu, um Konversation zu machen. Als er mein Gesicht sah, wirkte er verdutzt, fing sich aber rasch wieder. » Ich bin Bill Brockton,

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