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Bis auf die Knochen

Bis auf die Knochen

Titel: Bis auf die Knochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jefferson Bass
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Teufel «, sagte ich, » nein, der Streit hat mich gesucht. Gewisserma ß en. Ich sch ä tze, man k ö nnte sagen, dass ich letzte Woche ein bisschen Dreck aufgew ü hlt habe. Aber nicht genug, um zu rechtfertigen, was da heute los war.«
    » Igitt «, sagte er. » Klingt ernst. Ruf mich zur ü ck, wenn der Beitrag zu Ende ist.« Damit legte er auf.
    Ich zog einen Bademantel ü ber meine Boxershorts und ging im Dunkeln ins Wohnzimmer, wo ich die Stehlampe neben dem Lehnsessel einschaltete. Die Fernbedienung lag wie immer auf der Armlehne des Sessels. Ich lie ß mich schwer auf das Leder plumpsen, lehnte mich zur ü ck und schaltete den Fernseher ein. Ich erwischte einen lauten regionalen Werbespot einer Gruppe von Autoh ä ndlern drau ß en am Flughafen, die sich selbst die » Airport Motor Mile « getauft hatten, gefolgt von einer ebenfalls l ä rmenden Werbung f ü r einen M ö belgro ß handel, bevor die Nachrichtensendung weiterging.
    Bezeichnenderweise fingen sie jedoch nicht mit der Geschichte ü ber die Demonstration an. Das war eine Sache, die mich an Fernsehnachrichten unheimlich nervte: Sie k ü ndigten wiederholt einen Beitrag an, von dem sie annahmen, dass er viele Leute interessieren w ü rde – etwas mit s üß en Tieren oder einer Slapstickkom ö die oder einem pikanten Skandal – und zeigten ihn dann erst ganz am Ende der Nachrichtensendung. Ich ä rgerte mich durch das Wetter, die Sportnachrichten und seltsamerweise eine Wiederholung der Wettervorhersage (bei der ich auch beim zweiten Mal den Ton abdrehte), bevor der Sprecher – der fr ö hlich dreinschaute, auch wenn er vom Tod eines Kindes berichtete – ein besorgtes Gesicht aufsetzte und fragte: » Steht Tennessee ein neuer Affenprozess bevor? « Es folgte eine Nahaufnahme des Typs in dem Gorillakost ü m, gefolgt von einer Reihe von Aufnahmen von den Demonstranten, einzeln und zu zweit, zu dritt oder zu sechst. So, wie die Bilder zusammengestellt waren, ohne die Gruppe als Ganzes zu zeigen, wirkte es, als w ä ren sehr viele, wom ö glich sogar Hunderte von Menschen dort gewesen und h ä tten Transparente geschwungen, und nicht nur ein Dutzend oder so, die wirklich protestiert hatten. Der Reporter spielte die » Kontroverse « hoch, indem er w ü tende Anschuldigungen von Demonstranten einf ü gte; und als die Kamera zeigte, wie Miranda mit dem Darwin-Schild anr ü ckte, sprach er von einer » w ü tenden Gegendemonstration «.
    Dann kam etwas, was ich nicht erwartet hatte. In einer Reihe von kurzen Interviews mit Zuschauern tauchte Jess Carters Gesicht auf dem Bildschirm auf, und ihr Name und ihr Titel wurden ebenfalls eingeblendet. Ich hatte gar nicht gewusst, dass sie heute dort war. » Diese Leute sind eine kleine Minderheit von engstirnigen, selbstgerechten Wichtigtuern «, sagte Jess direkt in die Kamera. » Wenn sie ihr Gehirn an der T ü r abgeben wollen, bitte sch ö n, aber sie sollten nicht versuchen, andere Menschen auch dazu zu zwingen. Dr. Brockton tut mehr Gutes in der Welt als dieser ganze Haufen von antiintellektuellen Demonstranten zusammen. Sie sollen in ihren Bus steigen und zur ü ck nach Kansas in das Kaff fahren, aus dem sie gekommen sind.« Ich l ä chelte ü ber ihre resolute Tirade und ihre Verteidigung meiner Person, doch gleichzeitig zuckte ich zusammen und hoffte, dass sie nicht zusammen mit mir in diesen Schlamassel hineingezogen werden w ü rde. Im Hintergrund konnte ich hinter ihrer linken Schulter Jennings Bryan sehen, den Anwalt, der die ganze Veranstaltung initiiert hatte. Die meiste Zeit war sein Gesicht eine ausdruckslose Maske, doch ich sah seine Augen vor Zorn Funken schlagen, als sie sprach. In seinem kurzen Statement, das ihrem folgte, prangerte Bryan die Kooption der ö ffentlichen Bildung durch seelenlose Intellektuelle und s ä kulare Humanisten an, deren Hauptziel es sei, gl ä ubige Menschen zu diffamieren. Verdammt, dachte ich wieder, ich und mein gro ß es Mundwerk. Doch dann dachte ich: Nein, ich habe nichts gegen den Glauben – nur gegen vors ä tzliche, tyrannische Ignoranz.
    Die letzte Aufnahme zeigte in qualvoller Zeitlupe, wie eine den ganzen Bildschirm ausf ü llende Sahnetorte auf mein Gesicht zuschoss und dann darin zerschmetterte. Die F ü llung spritzte strahlenf ö rmig weg; gelblich wei ß e Str ö me tropften mir gem ä chlich von Nase und Kinn. Das Bild erstarrte in dem Augenblick, in dem ich mir die Augen wischte und durch die Sauerei blinzelte. Der Sprecher erschien wieder auf

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