Bis auf die Knochen
dem Bildschirm, seine vorhin so besorgte Miene zeigte jetzt Belustigung. » Wenn es nach den Demonstranten geht «, sagte er, » wird Professor Brockton, dessen Bemerkungen w ä hrend einer Vorlesung diese Kontroverse ausgel ö st haben, sich bald an seinen eigenen Worten verschlucken.« Er zwinkerte. » Das war die heutige Ausgabe von Nightwatch. Gute Nacht – und guten Appetit! «
Angewidert schaltete ich den Fernseher aus und rief Jeff an. » Nicht gerade ein glanzvoller Augenblick f ü r die Hochschule, was? «, sagte ich.
Er lachte. » Nun, das nicht gerade, aber du wirst wenigstens nicht auf dem Scheiterhaufen verbrannt wie Kopernikus.«
» Jedenfalls noch nicht «, sagte ich. » Aber das war nicht Kopernikus. Kopernikus ist friedlich im Schlaf gestorben. Es war Bruno, der ger ö stet wurde, weil er die Auswirkungen der kopernikanischen Theorie genau dargelegt hat – weil er dar ü ber spekulierte, dass es andere Welten geben k ö nnte, die andere Sterne umkreisten, bewohnt von anderen, intelligenteren Wesen.« Ich seufzte. » Manchmal wirken wir nicht gerade wie scharfe Konkurrenz.«
» Aber, hey «, sagte Jeff, » diese Dr. Carter – sie scheint sehr klug zu sein. Ist dir ja ganz sch ö n beigesprungen. Ist das nicht die Frau, die du vor ein paar Monaten mal zum Abendessen mitbringen wolltest? «
» Genau die «, sagte ich. » Sie hat so ihre Art, jedes Mal, wenn ich zum Abendessen mit ihr verabredet bin, angepiepst zu werden. Letzte Woche war es wieder so – ich habe zu Hause f ü r sie gekocht. Gerade als die Kohle hei ß wurde – in mehrfacher Hinsicht –, wurde sie angepiepst.«
» Vielleicht solltest du mir erlauben, dich mit Sheri zusammenzubringen «, sagte er.
» Wer ist Sheri? «
» Eine Steuerberaterin in meiner Firma. Steht drei Monate im Jahr absolut nicht zur Verf ü gung, aber ab dem sechzehnten April hat sie viel Zeit. Und ich habe sie noch nie angepiepst. Bei Steuererkl ä rungen gibt es nicht viele Notf ä lle. Au ß er bei deiner.« Ein ebenso unerwarteter wie unwillkommener Themenwechsel. » Dad, ich habe mich durch diesen Karton durchgearbeitet, den du als Buchf ü hrung bezeichnest, und ich finde keine Kontoausz ü ge f ü r August, Oktober und Dezember.«
» Schau noch mal nach «, sagte ich. » Die m ü ssen irgendwo sein.«
» Dad, ich habe schon zweimal geschaut.« Ich merkte, dass er sauer war; wenn er nicht gut auf mich zu sprechen war, fingen seine S ä tze immer mit » Dad « an. Und zur Zeit der Steuererkl ä rung h ö rte ich sehr oft » Dad «. » Ich habe alles sortiert und geordnet. Dad, sie sind nicht da. «
» Verdammt «, sagte ich. » Dann habe ich keine Ahnung, wo sie sind.«
» Eindeutig.«
» Vielleicht sind sie in der Post verloren gegangen «, spekulierte ich. » Kannst du nicht einfach die Bank anrufen und sie bitten, dir Kopien zu schicken? «
» Nein «, sagte er, » das d ü rfen sie nicht, es ist nicht mein Konto. Warum gehst du nicht ins Internet und l ä dst Kopien runter und schickst sie mir dann per E-Mail? «
» Online? Das Zeug ist online? «
» Nur ungef ä hr die letzten zehn Jahre «, sagte er. » Du m ü sstest irgendwo in deinen Unterlagen einen Benutzernamen und ein Passwort haben.«
» Nun, ich wei ß nicht, wo. Schau bei den Sachen nach, die ich dir gebracht habe. Vielleicht irgendwo da drin.«
» Dad, du bist hoffnungslos «, st ö hnte er. » Ich w ü rde dich ja rausschmei ß en, aber ich bin das Einzige, was zwischen dir und dem vollkommenen Verlust meines Erbes steht.«
» Und wie kommst du darauf, dass du in meinem Testament erw ä hnt wirst, du Klugschei ß er? «
» Oh, ich wei ß nicht. Gut geraten, vielleicht. Vielleicht stand es auch in der Kopie deines Testaments, das in diesem Haufen Papier steckte.«
» Ah «, sagte ich. » Ich habe mich schon gefragt, wo ich sie hingelegt habe. Pass gut f ü r mich darauf auf, ja? Ich muss mich darum k ü mmern, wie ich dich am besten daraus streiche.«
» Richtig. Okay, ich leg jetzt auf. Gute Nacht. Schau, ob du dich darauf programmieren kannst, davon zu tr ä umen, wo die Kontoausz ü ge sein k ö nnten. Oh, und Dad? «
» Ja, Sohn? «
» Viel Gl ü ck mit Dr. Carter.«
» Danke «, sagte ich. » Viel Gl ü ck mit meiner Steuererkl ä rung.«
Am n ä chsten Morgen rief ich Jess in ihrem B ü ro an. »Hey «, sagte ich, als sie abhob, » danke, dass du gestern in den Nachrichten zu meiner Verteidigung angetreten bist.«
» Bekomme ich daf ü r Flei ß k ä rtchen?
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