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Bis bald, Sharma!

Bis bald, Sharma!

Titel: Bis bald, Sharma! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlies Bhullar
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Ich zeigte ihm also durch mein Verhalten, dass er in meinen Augen ein schwanzgesteuerter Volltrottel war, der absolut nichts anderes in seinem Kopf habe, als herumzuvögeln. Dass er vielleicht tödlich verletzt sein könnte, schien mir nicht einzuleuchten. Ich hätte nur einfach die Situation einmal umdrehen und mir vorstellen müssen, dass er so von mir dächte. Ich wäre ihm vor Wut und Enttäuschung ins Gesicht gesprungen.
    War ich ein infantiler Volltrottel? Wieso liebte er dann diesen Volltrottel? Ich würde Tage brauchen, um diese Ver letzungen wieder auszubügeln, und vielleicht würde immer ein bitterer Nachgeschmack bleiben, denn jedes ausgesprochene Wort bleibt bestehen, es kann nicht mehr zurückgeholt werden.
    Aber mein Sharma liebte mich weiterhin vehement , nichts konnte ihn erschüttern. Er hielt unbeirrbar an seiner Liebe fest.
    Woher nahm er diese Kraft, mir immer wieder zu verzei hen?
    War er vielleicht ein Weiser, ein Guru?
    Was wollte er von mir?
    Liebte er mich wirklich bedingungslos?
    Hatten wir in unserem früheren Leben eine Beziehung zueinander gehabt? War ich vielleicht seine Mutter, seine Schwester gewesen? Durch welche Geheimnisse konnte so eine tiefe Liebe zwischen uns entstehen?
    Ich dachte darüber nach, warum wir uns so sehr liebten. Dieses göttliche Geschenk hatten wir sicher nicht uns zu verdanken. Unsere Liebe musste aus einer anderen, höheren Energiequelle stam men, sie war vollkommenes Glück.
    Das sichtbare Merkmal der Liebe - man wird so sehr zu frieden, so als hätte man alles erreicht. Es gibt nichts mehr zu erreichen. Man ist am Ziel, die Bestimmung hat sich erfüllt. Der Same ist aufgegangen, er ist erblüht. Tiefe Zufriedenheit ist das sichtbare Merkmal der Liebe. Wenn jemand liebt, kann man seine Liebe nicht sehen, aber man kann die tiefe Zufriedenheit spüren, die ihn umgibt. Jeder Atemzug von ihm, jede Bewegung, sein ganzes Wesen - zufrieden.
    Hatte ich dieses Liebesgeschenk verdient?
    Ja, sicher hatte ich das, sonst wäre ich meinem Sharma ja nie begegnet! Nur durfte ich ja nicht diese kostbare Liebe zerstören. Sharma flehte mich am Telefon an:
    „Bitte, bitte zerstöre unsere Liebe nicht, ich flehe dich an, diese Liebe ist zu kostbar, als dass sie zugrunde gehen darf. Bitte passe auf diese wunderbare Blume auf und gib ihr Nahrung, lasse sie nie vertrocknen und reiße ihre Wurzeln niemals aus. So eine Liebe gibt es nur ganz selten, ich bitte dich, meine Geliebte, lasse es nie mals zu, dass sie zerstört wird.“
    Sharma hatte mit diesen Worten mein Innerstes zutiefst berührt und ich legte mich später auf mein Bett und weinte. Ich weinte viele Tränen wegen der Verletzungen, die ich ihm zugefügt hatte und ich schwor mir bei meinem Gott, dass ich so etwas nie mehr zulassen würde. Ich erschauderte, wenn ich daran dachte, dass ich diejenige sein könnte, die diese Liebe zerstören könnte. Nur der Tod sollte unsere Liebe auslöschen. Der Tod? Wir hatten uns doch geschwo ren, uns über den Tod hinaus zu lieben. Aber ich wusste, dass das nicht möglich war, denn der Tod würde uns unsere Körper abnehmen. So sollten wir wenigstens im Leben unsere Liebe genießen.
    Wieder musste ich mich von meiner Liebe losreißen, weil ich nach Hause fahren musste. Den letzten Tag verbrachten wir im Bett eng aneinander gekuschelt, weil der Ölofen noch nicht funktionierte. Sharma streichelte mich stundenlang und das erste Mal hatten wir keinen Sex miteinander. Später erzählte er mir, dass er sehen wollte, ob ich ihn auch ohne Sex lieben würde. Ich war überrascht, dass er keinen Sex mit mir haben wollte und dachte im ersten Moment, dass ich nicht mehr attraktiv für ihn war, aber ich hatte mich getäuscht. Er sagte mir, der letzte Tag unseres Zusammenseins ohne Sex sei ein Beweis meiner wirklichen Liebe zu ihm gewesen.
    Im Zug setzte ich mich in ein leeres Abteil und ließ meine Tränen fließen. Sharma erzählte mir später, dass er noch eine Weile dem Zug nachgeschaut hatte, der mit seiner Liebe langsam verschwand, und auch er habe seine Tränen nicht zurückhalten können.
     
    Liebe ist also Vertrauen und ein eifersüchtiger Mensch ist kein liebender Mensch. In dem Buch eines indischen Gurus las ich etwas über Liebe und Treue:
    „Ein Mann, der niemals an eine andere Frau gedacht hat und seiner Frau das ganze Leben lang treu geblieben ist, der ist entweder tot oder geisteskrank! Wenn ein Mann eine Frau liebt, dann liebt er natürlicherweise auch viele andere Leute; oder wenn

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