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Bis bald, Sharma!

Bis bald, Sharma!

Titel: Bis bald, Sharma! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlies Bhullar
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Zusammenleben in Deutschland unsere Probleme in Luft auflösen würden und deshalb sehnte ich mich so sehr danach, endlich mit ihm für immer zusammen zu sein. Aber die falschen Papiere machten unseren Plänen einen Strich durch die Rechnung. Er durfte ja nicht in Deutschland sein, nur illegal. Es war sowieso schon ein enormes Risiko, dass ich ihn Weihnachten und Neujahr mit nach Regensburg nehmen wollte und das sogar per Zug.
    Wir hatten keine andere Wahl. Wir wo llten nicht immer getrennt sein. Das ständige Hin- und Herfahren raubte mir viel Energie. Die ständigen schmerzvollen Abschiede zerrissen mir das Herz. Ich wollte nicht ein Jahr warten. Ich sah bei jedem Besuch in Sharmas Gesicht, wie sehr die Trennung an ihm zehrte. Er hatte extrem abgenommen, obwohl er ständig aß. Er sah zehn Jahre älter aus, als er wirklich war. Wenn wir noch ein Jahr warten müssten, würde ich mit einem uralten Mann mit weißem Haar und weißem Bart nach Hause kommen.
    Auch ich sah nicht mehr so frisch aus wie in unseren glück lichen Tagen. Auch ich hatte abgenommen und meine Mundwinkel hingen traurig herunter. Manchmal hasste ich mich dafür. Ich wollte natürlich schön sein für Sharma und jede noch so kleine Falte verfluchte ich. Wenn ich mir die früheren Fotos von Sharma anschaute, sah ich einen schönen, ausgeglichenen Mann mit großen Augen und schönen Wangen, aus denen seine spitzbübischen Grübchen blitzten. Seine Wangen waren nicht eingefallen, wie jetzt. Er hatte keine schwarzen Schatten unter den Augen und sein Lächeln schien gelöst. Seine schwarzen Augen strahlten vor Glück und sein muskulöser Körper glänzte. Er hatte schon immer graue Schläfen, aber jetzt wanderten sie weiter nach oben und ergriffen auch seine Haare. Seine glänzenden, blauschwarzen Haare waren dünner geworden und beim Gehen senkte er wieder seinen Kopf. Man sah, dass er todunglücklich war. Ich konnte die Zeit nicht zurückdrehen - zu viel war geschehen. Viele Verletzungen musste er erleiden und sie nagten sichtlich an seinem Äußeren. Ich weinte innerlich vor Gram, wie ich ihn langsam verfallen sah. War das mein INDISCHER TRAUMPRINZ AUS AMRITSAR? Wir mussten so schnell wie möglich zusammenkommen. Koste es, was es wolle. Ich wollte mit ihm wieder in das Licht der Liebe eintauchen. Jetzt vegetierten wir im Schatten der Verzweiflung dahin.
    Ich wollte so schnell wie möglich wieder gesund werden, um zu ihm zu fah ren und ihn nach Hause zu holen. Dieses Risiko mussten wir unserer Liebe Willen eingehen.
    Drei Tage vor Weihnachten. Ich kroch förmlich auf allen vieren nach Salzburg zu ihm. Im Zug war es mir heiß und kalt, ich erstickte fast an meinem Husten und mein ganzer Körper schmerzte. Ich durfte nicht schlapp machen, denn ich musste unbedingt mit Sharma noch im alten Jahr zur indischen Botschaft nach Wien.
    Am nächsten Morgen um vier Uhr früh fuhren wir mit dem Zug nach Wien und kämpften bei der Botschaft vier Stunden lang um Sharmas Papiere. Es waren etwa sechzig Leute in dem Vorraum der Botschaft und alle hatten Nummern - nur wir hatten keine. Die dicke Inderin spielte wieder gelangweilt mit ihrem Gummi und schickte uns weg, weil wir keine Nummer gezogen hatten. Knallhart lächelnd schleuderte sie uns ins Gesicht, dass wir eben morgen früh wiederkommen sollten, heute seien alle Num mern vergeben. Ich kochte vor Wut. Sharma aber war die Ruhe selbst. Er wusste besser, wie man sture indische Beamtinnen besänftigen konnte. Er wartete gelassen, bis alle Leute weg waren. Die Inderin rief ihn nach einiger Zeit selbst zu sich und fragte, was sein Anliegen sei. Sharma zeigte seinen Pass und bat sie, ob er wohl damit eine Geburtsurkunde und einen Staatsangehörigkeitsnachweis bekommen könnte. Und - oh Wunder - die harte Frau gab nach und sagte hochnäsig:
    „Kommen Sie in fünf Stunden wieder, mal sehen, was sich machen lässt!“
    Damit ließ sie uns stehen und wir verbrachten diese fünf Stunden schlotternd und frierend in Wiens eiskalten Straßen. Wir gingen in die Peterskirche und Sharma und ich beteten. Mir ging es total schlecht, ich hatte einen quälenden Husten, fror wie ein lausiger Hund und hatte keine Kraft mehr. Ich wollte nichts mehr von Papieren hören, ich hatte die Nase gestrichen voll.
    Spätnachmittags schleppten wir uns wieder zur Botschaft und ließen uns überraschen. Sharma bat mich, draußen zu bleiben, da ich meinen Mund nicht halten könne. Ich hatte nichts dagegen! Nach weiteren zwei Stunden kam mein

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