Bis bald, Sharma!
mein Misstrauen hatte seine Berechtigung.
Die ersten Frühlingsstrahlen blinzelten durch die kahlen Bäume und wir gruben den Garten um und Sharma setzte Tomatenpflanzen in die Löcher. Ich kaufte Blumensamen und Johannisbeersträucher, die er auch voller Liebe einpflanzte. Jeden Tag goss er sie hingebungsvoll - er war dankbar für jede noch so kleine Arbeit, die er ergattern konnte, um sich von seinen Sorgen abzulenken. Immer wieder schimpfte er über sein indisches Volk, die im Zeitlupentempo arbeiteten.
„Wenn ich ein Osama Bin Laden wäre, würde ich als Erstes eine fette Bombe auf Indien werfen, damit denen die Kacke rauskommt!“, schimpfte Sharma.
Wir warteten und warteten. Die Zeit lief ab und Sharma wusste, dass er möglichst bald wieder zurück nach Österreich musste, damit er keine Probleme mit seinem Asyl bekam. Vor lauter Stress fingen wir an zu streiten.
„Warum machst du den Fernseher ständig an und zappst durch die ganzen Programme?“
Sharma war total beleidigt, machte sofort aus und sagte gehässig: „Heirate doch eine Puppe, die macht, was du willst!!“
Ich schämte mich sehr und entschuldigte mich sofort.
Am 1. April - als ob es ein Aprilscherz wäre - kam Rampal, sein Bruder, stolz wie ein Pfau zu uns und überreichte uns die beiden Papiere. Auf der Rückseite des Scheidungsurteils prangte jedoch über dem Stempel der Stadt Delhi ein noch fetterer Stempel mit der Aufschrift „deleted“. Sein Bruder erklärte uns sofort, dass das Papier sämtliche Stellen durchlaufen habe, aber an letzter Stelle wollte Delhi eine Kopie mit sämtlichen Stempeln, die sein Bruder nicht vorweisen konnte. Was für ein Hohn! Rampal brachte uns ein Dokument mit, das gelöscht war und uns in keiner Weise weiterhelfen konnte. Ein echter Aprilscherz!
Ich hatte dafür keine Worte. Sharmas Bruder beruhigte uns, sein anderer Bruder, der Lehrer, würde eine zweite Kopie anfertigen und sie uns so schnell wie möglich schicken. Das würde höchstens drei Wochen dauern.
Jetzt hielt Sharma nichts mehr in Regensburg. Am nächs ten Tag stiegen wir mutig in den Zug und fuhren nach Salzburg. Wir hatten keine gute Stimmung. Als wir in seiner Wohnung ankamen - es war dort eiskalt und es stank - krachte es gewaltig zwischen uns. Am nächsten Tag gingen wir wie schon so oft durch den Mirabell-Garten zum Standesamt, um zum x-ten Mal die Papiere vorzuzeigen. Eine neue Variante offenbarte sich uns:
Das Scheidungspapier war sowieso ungültig, weil der Rechtskraftstempel fehlte. Haha! Es gab aber in Indien keinen so genannten Rechtskraftstempel. Ich fragte die Be amtin, ob ein Vermerk „final divorce“ genug wäre. Sie bejahte. Wenn Indiens Ämter uns diesen Vermerk nicht geben könnten, dann wären wir gezwungen, eine „Anerkennung einer ausländischen Eheentscheidung“ zu beantragen. Dies wird von einem österreichischen Bezirksgericht gemacht und könne vier Monate oder bis zu einem Jahr dauern. Ich brach im Standesamt in Tränen aus, Sharma lief mir auf der Straße davon. Ich wollte gleich zu so einem Gericht gehen und diese Anerkennung beantragen, aber Sharma wollte erst in Indien anrufen. Leider waren die wichtigen Verbindungen wieder tot, wie immer. Wir mussten irgendeinen indischen Bauern anrufen, der dann vierzig Kilometer zu Sharmas Bruder, dem Lehrer, fuhr, um diesem mitzuteilen, dass er mit dem Scheidungsurteil zu einem Rechtsanwalt gehen solle und dieser Rechtsanwalt das Papier zum Gericht tragen und einen Antrag für das „final divorce“ stellen müsste. Danach mussten erneut sämtliche wertvolle Stempel angebracht werden und erst dann wäre das Dokument gültig. Zusätzlich beauftragte Sharma den Bauern, dem Lehrer mitzuteilen, dass er uns von dem Scheidungsurteil ein Fax schicken sollte, damit wir prüfen konnten, ob der Vermerk „final divorce“ richtig angebracht war. Aber das klappte einfach nicht. Jeden Tag liefen wir zum Faxbüro und fragten nach einem Fax aus Indien. Aber es kam nicht. Ein simples Fax, das eine Sekunde dauert, es wurde nicht geschickt.
Über eine Woche war vergangen, wir hatten noch nichts Schönes erlebt, da musste ich nach Regensburg zurück, um einige Sachen zu erledigen. Ich fuhr früh los, blieb nur vier Stunden und fuhr am Abend wieder zurück zu Sharma. Stress pur! Ich hatte kaum Zeit, zu atmen. Ich wollte mit Sharma zusammen das Fax empfangen und mit diesem zum Standesamt gehen, aber auch nach zehn Tagen war es nicht angekommen. Sharma verlor allen Mut und
Weitere Kostenlose Bücher