Bis das der Biss uns scheidet
New York, wo es kein Internet gibt, keinen Handyempfang, keine Verbindung zur Außenwelt. Es ist völ ig unmöglich, sie zu erreichen, es sei denn, wir würden selbst dorthin gehen und eine Möglichkeit finden, in diese geheime unterirdische Welt eingelassen zu werden.«
»Wir müssen es auf jeden Fal versuchen«, erwidere ich. »Wenn es hart auf hart kommt.«
»Ich weiß nicht, Rayne. Wie gesagt, wenn wir erwischt werden...«
»Schon gut. Du brauchst ja nicht mitzukommen«, sage ich hastig. »Aber erwarte nicht von mir, dass ich zu Hause herumsitze und Däumchen drehe, während meine Schwester viel eicht schon von America's Next Top Model abgeschlachtet wird.«
Jareth seufzt erneut und starrt auf seine Hände. »Natürlich nicht«, murmelt er. »Das sähe dir nicht ähnlich.«
Bei dieser Antwort kann ich mir ein kleines Grinsen nicht verkneifen. »Du kennst mich sehr gut, Baby.«
Er schüttelt den Kopf. »Na schön«, sagt er schließlich. »Ich werde ein Charterflugzeug bereitstel en lassen. Den Privatjet des Blutzirkels können wir nicht nehmen – dann schöpfen sie sofort Verdacht.« Er greift in eine Schublade und reicht mir ein kleines Ding aus Metal . »In der Zwischenzeit nimm erst mal das hier mit. Es ist eine Wanze«, erklärt er, als er meinen verwirrten Gesichtsausdruck sieht. »Ich will, dass du sie irgendwo in Berthas Zimmer anbringst, wo sie sie nicht entdeckt. So können wir ihre Gespräche belauschen. Versuch herauszufinden, ob sie etwas über den Aufenthaltsort der beiden weiß oder nicht.«
Ich nehme die Wanze und stecke sie in meine Tasche, dann umarme ich Jareth fest, während eine Wel e der Erleichterung durch mich hindurch geht. »Danke!«, murmele ich immer wieder. »Ich danke dir so sehr. Ich verspreche, dass wir das hinkriegen. Wir werden für ihre Sicherheit sorgen und niemand wird etwas davon erfahren.«
»Hoffentlich behältst du recht«, murmelt er, dann befreit er sich aus meiner Umarmung und starrt wieder auf das Foto von Bertha und Pyrus. »Denn wenn wir versagen, kommen wir in Teufels Küche.«
6
Ich muss ziemlich lange herumtelefonieren – Las Vegas hat VIELE Hotelzimmer -, aber am Ende bekomme ich heraus, wo Bertha residiert. Pyrus hat sich nicht lumpen lassen und sie doch tatsächlich im Bel agio untergebracht. »Geizhals« können wir wohl nicht auf die Liste seiner fiesen Eigenschaften setzen. Dafür aber »nicht allzu clever«, da er sie nicht unter einem falschen Namen angemeldet hat. Und es bedarf nur einer klitzekleinen Menge Vampirlockstoff, um den sabbernden Mann an der Rezeption dazu zu bringen, mir ihre Zimmernummer zu verraten.
Manchmal liebe ich es, ein Vampir zu sein.
Ich mache mich auf den Weg in den zehnten Stock und laufe dort durch einen langen Flur zu ihrem Zimmer. Bevor ich anklopfe, betaste ich noch einmal nervös Jareths Wanze in meiner Tasche. Er hat vorgeschlagen, sie im Bad anzubringen, weil sie empfindlich genug sei, um Gespräche im Nebenzimmer aufzufangen. Außerdem wird sie unter der Toilette niemand so schnel entdecken. Also brauche ich Bertha nur bitten, mich einmal ihre Toilette benutzen zu lassen, dann hab ich es geschafft.
Ich fühle mich wie der weibliche James Bond.
Sie macht immer noch nicht auf, also klopfe ich nochmal. Nach ein paar weiteren Minuten bin ich so weit, zu meinem Freund an der Rezeption zurückzugehen und ihn zu überreden, mir eine Schlüsselkarte zu geben, als sich die Tür endlich öffnet. Bertha hat ihr Kostüm aus Resident Evil abgelegt und trägt jetzt den Hotelbademantel aus ägyptischer Baumwol e samt dazugehörigen Pantoffeln. Dazu hat sie sich die Haare aufgesteckt. Einen Moment befürchte ich, dass sie viel eicht Besuch hat – namentlich einen gewissen Vampir mit politischen Beziehungen, den wir beide kennen und lieben. Aber ein schnel er Blick durchs Zimmer sagt mir, dass sie allein ist.
»Was wil st du?«, fragt sie misstrauisch.
»Darf ich reinkommen?«
»Warum?«
Ich hole tief Luft. Immer schön durchatmen.
»Ich wil mit dir reden. Wir hatten gestern einfach einen schlechten Start, denke ich.
Aber da wir ja schließlich beide für dieselben Leute arbeiten und einen gemeinsamen Auftrag haben, sol ten wir kooperieren, finde ich.« Es fäl t mir höl isch schwer, das hervorzuwürgen, aber ich muss sie dazu bringen, mich reinzulassen.
Zuerst bin ich überzeugt, dass sie mir die Tür vor der Nase zuschlagen wird, aber nach einem Moment hält sie sie auf und lässt mich hinein. Was ja durchaus auch
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