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Bis das der Biss uns scheidet

Bis das der Biss uns scheidet

Titel: Bis das der Biss uns scheidet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mari Mancusi
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Sie starrt mich an,
    wirft dann einen entsetzten Blick in ihr peinlich sauberes Zimmer.
    »Okay, okay!«, ruft sie. »Dann geh eben.
    Aber sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt!«
    Sie macht den Weg frei und beißt sich dabei auf die Finger. Was zur Hölle verbirgt sich hinter dieser Tür? Wil ich das wirklich wissen? Oh mein Gott, was mach ich, wenn sie einen Haufen abgetrennter Köpfe oder so da drin versteckt....
    Ich lege die Hand an den Türknauf und bete, dass es nicht zu widerlich ist. Sogar Pyrus persönlich wäre eher zu ertragen als Blut, Gemetzel und...
    ...Peperonipizza?
    In dem geräumigen Badezimmer stapeln sich praktisch bis auf Hüfthöhe unzählige Tabletts vom Zimmerservice. Teller, Schüsseln und Besteck füllen die Badewanne und al es ist voll mit Essensresten. Die offensichtlich schon seit mehr als ein paar Tagen dort vor sich hin gammeln. Ich wanke rückwärts, als mir der Geruch in die Nase steigt.
    Was zum Teufel...? Ich drehe mich zu Bertha um. Sie sinkt auf einem Stuhl in sich zusammen, starrt auf ihre Hände und wird knal rot .
    Oha. Sieht so aus, als hätte sie ihre Essstörung doch nicht so ganz überwunden.
    Ich vergesse für einen Augenblick meinen Auftrag, setze mich zu ihr und sehe sie etwas zu freundlich an. Wieder versuche ich, mich selbst daran zu erinnern, dass sie zu den Bösen gehört, aber mein Mitleid überwiegt. Werde wohl etwas sentimental auf meine alten Tage.
    »Hast du mal mit jemandem darüber gesprochen?«, frage ich. »Ich meine, ich weiß, so was ist schwer, aber...«
    Sie funkelt mich hasserfüllt an. »Was weißt du denn schon? Miss Vollkommenheit in Person!«
    Ich ziehe die Augenbrauen hoch.
    »Vol kommen?« Ich schaue mich im Zimmer um, ob sie viel eicht von jemand anderem spricht. »Ah, redest du von mir?«
    »Pah«, faucht sie. »Al e finden dich tol . Du bist schön. Du erledigst jeden Auftrag mit Bravour. Du bist Teiferts Goldmädchen, das nichts falsch machen kann.«
    Oha, wenn ich Teiferts Goldmädchen bin, möchte ich nicht wissen, wer die Bronzemedail e bekommt. Schließlich ist er meistens zu sehr damit beschäftigt, mich anzubrül en oder als totalen Versager zu beschimpfen, um auch nur ein kleines Lob in Erwägung zu ziehen. Ich hätte sogar mein Leben darauf verwettet, dass er nicht eine Lobeshymne kennt, in der mein Name vorkommt.
    »Du weißt nicht, wie das ist«, fährt Bertha fort und ihre überhebliche Art ist nach der Entdeckung ihres schmutzigen Geheimnisses wie weggeblasen. »Von klein auf hat man mir gesagt, ich sei zu hässlich, zu fett, zu doof.« Sie verzieht das Gesicht zu einer weinerlichen Schnute. »Und als ich dann
    endlich etwas gefunden hatte, worin ich gut bin, nämlich die Arbeit als Vampirjägerin …
    nimmt man sie mir wieder weg, weil Slayer Inc. eine attraktive Jägerin auf der Gehaltsliste haben will. Damit sie ein positives Medienecho bekommen, so wie damals, als Buffy noch gesendet wurde. Es war ihnen vollkommen egal, dass ich die Beste war, wenn es darum ging, echte Vampire zu töten. Sie wussten einfach, dass du in einem Lederoveral besser aussiehst.«
    Obwohl ich zugeben muss, dass ich in einem Lederoveral tatsächlich verdammt heiß aussehe, schäme ich mich, als ich das höre.
    Sagt sie die Wahrheit? War das wirklich der Grund, weshalb man sie aufs Abstel gleis geschickt und mich geholt hat? Das würde wohl erklären, warum sie zu so extremen Mitteln gegriffen hat, um äußerliche Vol kommenheit zu erreichen – auf Kosten von geistiger und körperlicher Gesundheit.
    »Das tut mir leid«, sage ich und streichele tröstend ihre Hand. »Davon hatte ich keine Ahnung.«
    »Natürlich nicht«, knurrt sie. »Du warst ja viel zu sehr damit beschäftigt, dein tol es Leben zu leben.«
    Ich schnaube. »Oh ja, ich könnte mir auch kein tol eres Leben vorstel en. Mein Vater wurde von hinterhältigen Elfen ermordet.
    Meine Mutter lebt zur Zeit in einer anderen Dimension. Und meine Zwil ingsschwester flieht gerade um ihr Leben – und ich sol sie aufspüren, sonst machen sie mich ebenfal s zu Staub!«
    Bertha runzelt die Stirn, während sie an einer Nagelhaut knabbert. Eigentlich wil ich überhaupt nicht darüber reden, schon gar nicht mit ihr. Gleichzeitig wird mir aber bewusst, dass auch sie ernsthaft Hilfe braucht. Und ich bin anscheinend die Einzige, die bereit ist, ihr diese Hilfe zu geben.
    Okay, erst mal tief durchatmen.
    »Hör mal, Bertha, ich kann viel besser verstehen, was du durchmachst, als du ahnst«, beginne ich

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