Bis Das Feuer Die Nacht Erhellt
langsam. »Aber vielleicht sollte ich mitkommen und dich begleiten, um aufzupassen, dass nichts Schlimmes passiert.«
»Und was ist mit Rixon?«
»Nur weil ich einen heißen Kerl aufgegabelt habe, heißt das noch lange nicht, dass ich meine beste Freundin einsam und allein zurücklasse. Außerdem habe ich das Gefühl, dass du meine Hilfe brauchen wirst.«
»Es wird schon nichts passieren. Ich verfolge ihn, aber er wird gar nicht merken, dass ich da bin.« Trotzdem gefiel mir ihr Angebot. Die letzten Monate hatten mich verändert. Ich war nicht mehr so naiv und leichtsinnig, wie ich früher gewesen war, und Vee mitzunehmen kam mir aus mehreren Gründen recht. Besonders, wenn Scott ein Nephilim war. Der einzige andere Nephilim, den ich kennengelernt hatte, hatte versucht, mich umzubringen.
Nachdem Vee Rixon angerufen und ihm abgesagt hatte, warteten wir, bis Scott sich hinter dem Lenkrad eingerichtet hatte und aus seinem Parkplatz herausgefahren war, bevor wir aus dem Gebäude heraustraten. Er fuhr links aus dem Parkplatz heraus, und Vee und ich rannten zu ihrem 1995er lilafarbenen Dodge Neon. »Du fährst«, sagte Vee und warf mir die Schlüssel zu. Ein paar Minuten später hatten wir den Mustang eingeholt und hielten uns drei Autos hinter ihm. Scott fuhr auf die Autobahn, rechts zur Küste hinunter, und ich folgte ihm.
Eine halbe Stunde später nahm Scott die Ausfahrt am Kai und bog in einen Parkplatz am Rand der Ladenzeile ein, die
zum Meer führte. Ich fuhr langsamer, gab ihm Zeit, die Türen abzuschließen und wegzugehen, und parkte dann zwei Reihen daneben.
»Sieht aus, als wollte Scotty der Potty einkaufen gehen«, sagte Vee. »Wo wir gerade von Einkaufen reden: Hast du was dagegen, wenn ich mich mal ein bisschen umsehe, während du deine Detektivstunde für Amateure abhältst? Rixon sagt, er mag es, wenn Mädchen Schals tragen, und in meiner Garderobe gibt es nicht einen einzigen.«
»Geh du nur.«
Ich blieb einen halben Block hinter Scott und sah, wie er in einen trendigen Kleiderladen hineinging und weniger als eine Viertelstunde später mit einer Einkaufstüte wieder herauskam. Dann ging er in einen anderen Laden und kam zehn Minuten später wieder heraus. Nicht Auffälliges und nichts, was mich denken ließ, er sei ein Nephilim. Nach dem dritten Laden fiel Scotts Blick auf eine Gruppe Mädchen im Collegealter, die auf der anderen Straßenseite beim Mittagessen waren. Sie saßen an einem Tisch unter einem Sonnenschirm auf der Außenterrasse des Restaurants und trugen abgeschnittene Jeans und Bikini-Tops. Scott zog sein Handy hervor und machte heimlich ein paar Fotos.
Ich drehte mich um, um dem Schaufenster des Cafés neben mir ein paar Fratzen zu schneiden, und das war der Moment, in dem ich ihn drinnen in einer Nische sitzen sah. Er trug Khakihosen, ein blaues Hemd und einen elfenbeinfarbenen Leinenblazer. Sein gewelltes, blondes Haar war jetzt etwas länger, er trug es in einem tiefen Pferdeschwanz. Er las die Zeitung.
Mein Vater.
Er faltete die Zeitung zusammen und ging weiter ins Café hinein.
Ich rannte den Bürgersteig zum Eingang des Cafés entlang
und drängte mich hinein. Mein Vater war in der Menge verschwunden. Ich lief bis nach hinten durch und sah mich fieberhaft um. Der schwarz-weiß gekachelte Flur endete mit den Herrentoiletten auf der linken und der Damentoilette auf der rechten Seite. Es gab keinen anderen Ausgang, was bedeutete, dass mein Vater in der Herrentoilette sein musste.
»Was machst du denn hier?«, fragte Scott direkt hinter meiner Schulter.
Ich wirbelte herum. »Wie – was – was machst du denn hier?«
»Ich wollte dich gerade dasselbe fragen. Ich weiß, dass du mir gefolgt bist. Guck nicht so überrascht. Man nennt das Rückspiegel. Verfolgst du mich aus irgendeinem bestimmten Grund?«
Meine Gedanken waren zu durcheinander, als dass es mich kümmerte, was er sagte. »Geh auf die Herrentoilette und sag mir, ob da drin ein Mann in einem blauen Hemd ist.«
Scott tippte mir an die Stirn. »Drogen? Verhaltensgestört? Du benimmst dich wie ein Schizo.«
»Mach’s einfach.«
Scott gab der Tür einen Tritt, und sie flog auf. Ich hörte das Schwingen von Toilettentüren und einen Moment später war er zurück.
»Nada.«
»Ich habe gesehen, wie ein Mann in einem blauen Hemd hier reingegangen ist. Es gibt keinen anderen Weg.« Ich ging in die Damentoilette und öffnete jede Toilettentür einzeln, wobei mir das Herz im Halse schlug. Sie waren alle drei
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