Bis Das Feuer Die Nacht Erhellt
solange sie beratschlagen.
Ich konnte den verwunderten Ausdruck auf meinem Gesicht spüren. »Und dann?«
Sie würden mich in die Hölle schicken. Er schwieg und setzte dann mit ruhiger Überzeugung hinzu: Ich habe keine Angst vor der Hölle. Ziemlich sicher verdiene ich, was mir bevorsteht. Ich habe unschuldige Menschen verletzt und mehr Fehler gemacht, als ich aufzählen kann. Auf die eine oder andere Weise habe ich dafür bezahlt, seit ich existiere. So viel anders kann die Hölle auch nicht sein. Sein Mund verzog sich zu einem kurzen, ironischen Lächeln. Aber ich bin sicher, dass die Erzengel noch ein paar Asse im Ärmel haben. Sein Lächeln erstarb, und er sah mich aufrichtig an. Mit dir zusammen zu sein hat sich nie falsch angefühlt. Es ist das Einzige, was ich richtig gemacht habe. Du bist das Einzige, was ich richtig gemacht habe. Die Erzengel sind mir egal. Sag du mir, was ich machen soll. Ich tue, was du willst. Wir können sofort los.
Ich brauchte einen Moment, um seine Worte zu verstehen.
Ich sah zum Jeep. Die Mauer aus Eis zwischen uns fiel in sich zusammen. Die Mauer war nur wegen der Erzengel da gewesen. Ohne sie bedeutete alles, worüber Patch und ich uns gestritten hatten, nichts. Sie waren das Problem. Ich wollte sie und alles andere hinter mir lassen und mit Patch weglaufen. Ich wollte waghalsig sein; nur an jetzt und hier denken. Wir könnten einander helfen, alle Folgen zu vergessen. Wir würden über Regeln lachen, über Grenzen und am meisten über Morgen. Es gäbe nur mich und Patch, nichts sonst wäre wichtig.
Nichts außer die Aussicht auf das, was passieren würde, wenn diese Wochen zu Ende gingen.
Ich hatte zwei Möglichkeiten, aber die Antwort war klar. Die einzige Art, wie ich Patch behalten konnte, war, ihn gehen zu lassen. Nichts mit ihm zu tun zu haben.
Ich merkte nicht, dass ich weinte, bis Patch mit dem Daumen unter meinen Augen entlangstrich. »Schsch«, murmelte er. »Es kommt schon in Ordnung. Ich will dich. Ich kann nicht so weitermachen wie bisher, ein halbes Leben führen.«
»Aber sie werden dich in die Hölle schicken«, stammelte ich, unfähig, das Zittern meiner Unterlippe zu beherrschen.
»Ich habe lange darüber nachdenken können.«
Ich war entschlossen, Patch nicht zu zeigen, wie schwer es für mich war, aber ich erstickte an den ungeweinten Tränen. Meine Augen waren feucht und geschwollen, und meine Brust schmerzte. Dies war alles meine Schuld. Wenn es mich nicht gäbe, dann wäre er kein Schutzengel. Wenn es mich nicht gäbe, wären die Erzengel nicht so interessiert daran, ihn zu zerstören. Ich war dafür verantwortlich, dass es so weit gekommen war.
»Du musst mir einen Gefallen tun«, sagte ich schließlich mit kleiner Stimme, die mehr wie die einer Fremden klang
als wie meine eigene. »Sag Vee, dass ich zu Fuß nach Hause gegangen bin. Ich muss allein sein.«
»Engelchen?« Patch griff nach meiner Hand, aber ich riss mich los. Ich spürte, wie meine Füße mich von ihm entfernten, ein Schritt nach dem anderen. Weiter und weiter weg von Patch trugen sie mich, als wäre mein Hirn taub geworden und hätte meinem Körper jegliches Handeln überlassen.
DREIZEHN
A m nächsten Nachmittag setzte mich Vee an der Eingangstür zu Enzo’s ab. Ich trug einen gelbes, bedrucktes Sommerkleid, das irgendwo zwischen sexy und professionell lag und deutlich optimistischer war, als ich mich fühlte. Ich blieb vor dem Schaufenster stehen, um mein Haar auszuschütteln, das sich zu Wellen entspannt hatte, nachdem ich die ganze Nacht darauf gelegen hatte, aber die Geste kam mir hölzern vor. Ich zwang mich zu einem Lächeln. Dasselbe, das ich schon den ganzen Morgen geübt hatte. Ich fühlte mich etwas angespannt an den Rändern und zerbrechlich überall dazwischen. Im Fenster sah es falsch und hohl aus. Aber für einen Morgen nach einer durchweinten Nacht war es das Beste, was ich zustande brachte.
Nachdem ich gestern Nacht zu Fuß von Marcie nach Hause gegangen war, hatte ich mich zwar im Bett zusammengerollt, aber nicht geschlafen, sondern die ganze Nacht mit selbstzerstörerischen Gedanken verbracht. Je länger ich wach lag, umso mehr hatten meine Gedanken sich auf eine schwindelerregende Reise begeben, die weit entfernt war von der Wirklichkeit. Ich wollte meinen Standpunkt klarmachen, und zwar drastisch. Ich hatte Gedanken, die ich nie zuvor in meinem Leben zugelassen hätte. Wenn ich meinem Leben ein Ende setzte, dann würden die Erzengel das mitbekommen. Ich
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