Bis Das Feuer Die Nacht Erhellt
sicher. Ich wollte mich an seinem Hemd festhalten, mein Gesicht in seiner warmen Halsbeuge vergraben und nie wieder loslassen.
Patch schob eine verirrte Locke hinter mein Ohr zurück. »Willst du zurück auf die Feier?«, murmelte er.
Ich schüttelte den Kopf.
»Ich fahr dich nach Hause.« Er zeigte mit dem Kinn
auf den Jeep, weil er seine Arme noch nicht von mir gelöst hatte.
»Ich bin mit Vee gekommen«, sagte ich. »Ich sollte mit ihr nach Hause fahren.«
»Vee wird aber auf dem Weg nach Hause kein chinesisches Essen mitnehmen.«
Chinesisch. Das bedeutete, dass Patch zu mir nach Hause zum Essen kommen würde. Meine Mutter war nicht da, was bedeutete, dass wir allein wären …
Ich ließ meine Vorsicht noch ein bisschen weiter fahren. Wir waren wahrscheinlich in Sicherheit. Wahrscheinlich waren die Erzengel nicht in der Nähe. Patch kam mir nicht besorgt vor, also sollte ich es auch nicht sein. Und es war nur ein Abendessen. Ich hatte einen langen, unbefriedigenden Schultag hinter mir und war ausgehungert von einer Stunde Fitnessstudio. Essen hörte sich gut an. Was konnte ein zwangloses gemeinsames Abendessen schon schaden? Die Leute aßen ständig zusammen zu Abend, und es kam zu sonst nichts. »Nur Abendessen«, sagte ich, mehr um mich selbst zu überzeugen als Patch.
Er salutierte nach Pfadfindermanier, aber sein Lächeln führte nichts Gutes im Schilde. Das Lächeln eines bösen Jungen. Das verruchte, charmante Lächeln eines Jungen, der vor gerade zwei Nächten Marcie geküsst hatte … und der mir jetzt anbot, mit mir zu Abend zu essen, höchstwahrscheinlich in der Hoffnung, dass dieses Abendessen in etwas völlig anderes ausarten würde. Er dachte, dass es nur eines einzigen herzerweichenden Lächelns bedurfte, um meinen Schmerz auszulöschen. Mich vergessen zu lassen, dass er Marcie geküsst hatte.
Mein gesamter innerlicher Aufruhr brach in sich zusammen, als ich in die Gegenwart zurückgeholt wurde. Ein plötzliches, starkes Gefühl des Unwohlseins überkam mich,
und es hatte nichts mit Patch zu tun oder mit Sonntagabend. Ich bekam eine Gänsehaut, während ich die Schatten beobachtete, die auf dem Rasen einen Ring bildeten.
»Hmm?«, murmelte Patch, spürte meine Besorgnis und schloss die Arme schützend um mich.
Und dann spürte ich es wieder. Eine Veränderung in der Luft. Ein unsichtbarer Nebel, merkwürdig warm, der tief hing, von allen Seiten Druck aufbaute, sich heranschlängelte wie hundert schleichende Schlangen in der Luft. Das Gefühl war so verstörend, dass ich mir kaum vorstellen konnte, wieso Patch nicht bemerkte, dass etwas nicht stimmte. Auch, wenn er es vielleicht nicht direkt wahrnahm.
»Was ist los, Engelchen?« Seine Stimme war leise, fragend.
»Sind wir in Sicherheit?«
»Ist das wichtig?«
Ich ließ meine Augen durch den Garten wandern. Ich war mir nicht sicher, warum, aber ich musste ständig denken: Die Erzengel, sie sind hier. »Ich meine … die Erzengel«, sagte ich so leise, dass ich kaum meine eigene Stimme hören konnte. »Beobachten sie uns nicht?«
»Doch.«
Ich versuchte, einen Schritt zurück zu machen, aber Patch ließ mich nicht los. »Es ist mir egal, was sie sehen. Ich habe genug von dem ewigen Versteckspiel.« Er hörte auf, meinen Hals zu küssen, und ich sah Trotz in seinen Augen.
Ich wehrte mich heftiger, um mich von ihm zu lösen. »Lass mich los.«
»Willst du mich nicht?« Sein Lächeln war das eines Fuchses.
»Darum geht’s nicht. Ich will nicht dafür verantwortlich sein, wenn dir was passiert. Lass mich los.« Wie konnte er das so gelassen sehen? Sie suchten nach einer Entschuldigung,
um ihn loszuwerden. Er durfte nicht gesehen werden, wie er mich umarmte.
Er streichelte meine Arme, aber als ich versuchte, mich loszureißen, ergriff er meine Hände. Seine Stimme drang in mein Bewusstsein. Ich könnte skrupellos werden. Ich könnte jetzt weggehen und aufhören, nach den Regeln der Erzengel zu spielen. Er sagte das so entschieden, so leichthin, dass ich wusste, es war nicht das erste Mal, dass er darüber nachdachte. Das war ein Plan, den er sich heimlich viele, viele Male in seiner Fantasie ausgemalt hatte.
Mein Herz schlug wie wild. Weggehen? Aufhören, nach den Regeln zu spielen? »Wovon redest du?«
Ich würde immer in Bewegung bleiben, mich immer verstecken, hoffen, dass die Erzengel mich nicht finden.
»Und wenn sie dich doch finden?«
Dann würde ich vor Gericht gestellt, aber es würde uns ein paar Wochen Zeit allein geben,
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