Bis das Glück mich findet
reichlich geflossen waren. Sie schluckte entschlossen den Ärger auf ihren Mann hinunter, während sie die Scheine zählte und in einen großen braunen Umschlag steckte, ihn zuklebte und dann in dem Safe in seinem Büro deponierte. Sie würde das Geld gleich morgen früh zur Bank bringen und danach mit dem Krankenhaus telefonieren und einen Termin zur Überreichung des Schecks vereinbaren. Die Krankenhausverwaltung wollte ein Foto von der Übergabe, und Dominique war nur allzu gerne bereit, diesem Wunsch nachzukommen.
Sie schloss den Safe, ging wieder nach draußen und ließ sich in den breiten, bequem gepolsterten Korbsessel sinken, der so platziert war, dass man die letzten Strahlen der untergehenden Sonne einfangen konnte. Es würde noch eine ganze Weile dauern, ehe die Sonne endgültig hinter dem Horizont versank. Dominique hatte gern Gäste, aber sie wusste auch die Stille zu genießen, wenn alles gut verlaufen war, der letzte Gast sich verzogen hatte und sie sich ungestört ihren Gedanken hingeben konnte.
Nicht dass sie etwas besonders beschäftigt hätte. Denn während Dominique so dasaß in ihrem Sessel, dachte sie eigentlich an gar nichts. Sie war einfach zufrieden, an dem Ort zu sein, der ihr der liebste auf der Welt war, und zu wissen, dass sie Glück gehabt und sich alles in ihrem Leben zum Guten gewendet hatte. Wahrscheinlich hätte sie, wenn man sie gefragt hätte, nicht diese vielen Kehren und Windungen in ihren Lebensweg eingeplant, aber alles, was im Leben geschah, hatte seinen Sinn und Zweck. Davon war Dominique überzeugt, genauso wie sie davon überzeugt war, dass sie sowohl aus dem Guten als auch aus dem Schlechten in ihrem Leben ihre Lehren gezogen hatte.
Aber hoffentlich warten nicht noch weitere Lektionen auf mich, sagte sie sich. Hoffentlich habe ich inzwischen alle gelernt.
Als es dunkel wurde, war Brendan immer noch nicht heimgekommen, und Dominique ging ins Haus. Er hält es nicht einmal für nötig, mich anzurufen, dachte sie verärgert, vor allem weil ihr seine Gedankenlosigkeit nun auch noch das schöne Gefühl nach dem gelungenen Tag verdarb. Sie versuchte mehrmals, ihn anzurufen, aber sein Handy war ausgeschaltet. Und auch in ihrem Haus in Mount Merrion ging niemand ans Telefon.
Vor Jahren hätte sie nun angefangen, sich Gedanken zu machen, gegrübelt, warum er nicht ans Telefon ging, doch jetzt nicht mehr. Es gab tausend Gründe, weswegen er sich verspätet haben konnte, tausend Gründe, weswegen er aufgehalten worden war; und so verdrängte sie ihn aus ihren Gedanken und ging frühzeitig zu Bett, nachdem sie Kelly ermahnt hatte, nicht zu lange wegzubleiben. Kelly hatte gelacht. Sie treffe sich nur mit Alicia und der ganzen Clique, und auch wenn Joanna, Alicias wilde jüngere Schwester, mit von der Partie sein würde, würden sie trotzdem nicht sehr lange ausbleiben, und sie solle sich keine Sorgen machen. Sie brauche auch nicht auf sie warten, da sie ohnehin bei Alicia übernachten werde, fügte Kelly hinzu, weil deren Haus nicht so weit außerhalb der Stadt lag.
Ich bin eine richtige Glucke, dachte Dominique, aber ich kann nun mal nicht aus meiner Haut. Also bat sie Kelly, ihr eine SMS zu schicken, wenn sie wieder zu Hause bei Alicia wären, woraufhin ihre Tochter sie mit einem genervt-belustigten Blick bedachte, sie sei schließlich erwachsen und könne es gar nicht haben, wenn abwechselnd ihr Vater und ihre Mutter sich Sorgen um sie machten. Das weiß ich doch, hatte Dominique erwidert, sei nicht böse, aber ich kann nun mal nicht anders. Mütter machen sich eben immer Sorgen.
Dominique las bis kurz nach Mitternacht, als die SMS von Kelly ankam, und dann machte sie das Licht aus. Brendan hatte sich immer noch nicht gemeldet. Dieses Verhalten war typisch für ihn, wenn er mitten in einem großen Projekt steckte, aber es hatte sie stets geärgert. Es war ja wirklich albern von ihr zu erwarten, dass er anrufen würde, wenn er in seine Arbeit vertieft war, dennoch wünschte sie, er würde es tun. Immer wenn er sie so vergaß wie jetzt, wurden wieder die Erinnerungen an die Episode mit Little Miss Valentine wach. Damals war er auch ständig beschäftigt gewesen, und dennoch war sie nicht misstrauisch geworden. Das durfte nicht wieder passieren. Und deshalb wurde sie jedes Mal nervös, wenn sie ihn für längere Zeit nicht erreichen konnte, verkniff es sich jedoch, ihn anzurufen und ihm nachzuspionieren, weil sie ja schließlich nicht unter zwanghaftem Verhalten litt, wie sie
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