Bis das Glück mich findet
irgendeinen anderen schweren Unfall gehabt haben. Aber ganz sicher hätte sie das in der Zwischenzeit erfahren. In so einem Fall wäre schon längst jemand vorbeigekommen, um es ihr zu sagen.
Und so ergriff sie von Neuem der Gedanke, dass Brendan eine andere Frau gefunden haben könnte, eine, mit der er um jeden Preis zusammen sein wollte, sodass er nicht nur bereitwillig ihren, Dominiques, Zorn in Kauf nahm, wenn er schließlich heimkommen würde, sondern auch den Zorn von Barry Keane. Junes Gatte war bekannt dafür, dass er zu Gefühlsausbrüchen neigte, und er würde es garantiert nicht lustig finden, wenn Brendan wegen einer Frau nicht wie verabredet im Büro erschienen wäre.
Dominique legte ihre Handtasche auf das Dielentischchen und ging wieder nach oben. Nicht so leichtfüßig wie vorhin, eher in Gedanken versunken, was es für sie bedeuten würde, wenn Brendan ein Verhältnis angefangen hatte, und warum sie es einfach nicht schaffte, diese Angst loszuwerden. Ging es anderen Frauen auch so wie ihr? War deren erster Gedanke ebenfalls, dass ihr Mann fremdging, kaum dass sie ihn einmal längere Zeit nicht erreichen konnten? Oder war sie die Einzige?
Sie ging in ihr gemeinsames Schlafzimmer und blickte sich um. Dann öffnete sie sein Nachtkästchen.
Lena Doyle, eine ihrer Freundinnen, hatte ihr einmal gestanden, dass sie regelmäßig das Nachtkästchen ihres Mannes durchsuchte, weil er dort seine privaten Dinge aufbewahrte. Dominique war zunächst entsetzt gewesen über das Verhalten ihrer Freundin, denn sie fand, jeder hatte das Recht auf eine gewisse Privatsphäre, aber dann hatte sie überlegt, welche Dinge Brendan wohl vor ihr verstecken würde. Brendan hatte jedoch einen besseren Ort dafür als sein Nachtkästchen, dachte Dominique, als sie es trotzdem öffnete. Er hatte ja den Safe in seinem Büro.
Wie sie erwartet hatte, war das kleine Möbelstück aus Kirschbaumholz fast leer. Sie fand darin nur eine Schachtel Aspirin, eine Packung Tabletten gegen Sodbrennen, die Brendan gelegentlich brauchte, und eine Reservelesebrille, die er seit einigen Jahren tragen musste.
Sie ging wieder nach unten und in sein Büro. Vielleicht hatte er ja einen Terminkalender auf dem Schreibtisch hinterlegt, der ihr Aufschlüsse gab, wo er hingefahren war und was er dort zu erledigen hatte. So etwas machte er gewöhnlich, wenn er ins Ausland reiste, auch wenn er noch nie eine Reise unternommen hatte, ohne ihr Bescheid zu sagen. In den letzten Jahren hatte er sich mehrmals an Wohnbauprojekte außerhalb Irlands herangewagt, etwa diese exklusive Wohnanlage bei Biarritz, die kürzlich fertiggestellt worden war. Er war mit ihr und Kelly hingefahren, um ihnen die fertige Anlage zu zeigen, wobei er allerdings erwähnt hatte, wie Dominique sich jetzt erinnerte, dass sie doch nicht den erhofften Profit gebracht hatte. Sie und Kelly hatten eine Woche lang in einer dieser Wohnungen Urlaub gemacht und es sich dort gut gehen lassen, während Brendan allein nach Dublin zurückgekehrt war. Und dann natürlich dieses Bauvorhaben auf Barbados, das sich jedoch noch in einer frühen Planungsphase befand, deshalb war es völlig ausgeschlossen, dass er dort hingeflogen war. Nie und nimmer wäre er in die Karibik geflogen, ohne ihr vorher Bescheid zu sagen.
Vielleicht ist er überhaupt nicht verreist, überlegte Dominique als Nächstes, und hat bewusst keinen Hinweis hinterlassen, wo er sich aufhält. Ziemlich bescheuert von mir zu denken, wenn ich ihn auf dem Handy erreichen kann, ist alles okay, ohne wirklich Kenntnis davon zu haben, wo er steckt. Er könnte mich vom Südpol aus anrufen und behaupten, er sei in Dublin, und ich würde nicht einmal misstrauisch werden.
Sie seufzte. Brendan würde wieder auftauchen, wenn es ihm passte. Das tat er immer. Wenigstens darauf konnte sie sich verlassen.
Sie war gerade dabei, ein zweites Mal aus dem Haus zu gehen, als ihr Handy klingelte. Falls es Brendan war, dachte sie, während sie es aus ihrer Handtasche angelte, würde sie ihm aber gehörig die Meinung sagen.
»Bist du zu Hause?«
»Emma?«
»Ja. Bist du zu Hause?«
»Ich bin gerade auf dem Sprung.«
»Bleib daheim. Ich fahre jetzt zu dir.«
»Warum? Was ist denn los?«
»Ich bin in einer Viertelstunde bei dir. Dann können wir reden.«
Ihre Schwägerin legte auf, und Dominique starrte entgeistert ihr Handy an. Jetzt hatte sie wirklich ein ungutes Gefühl. Was sollte das alles? Es war nicht Emmas Art, so geheimnisvoll zu tun. Hatte man
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