Bis das Glück mich findet
Tugendlamm«, sagte Joanna.
»Lass den Quatsch.« Alicia schob sich das weich fallende blonde Haar aus der Stirn und schaute ihre Cousine und ihre Schwester eindringlich an. »Wir stecken da doch alle mit drin.«
»Wo genau steckst du drin?«, wollte Kelly empört wissen. »Ich zum Beispiel stecke bis zum Hals in der Scheiße. Mum trifft sich heute wieder mit diesem Anwalt, den Onkel Gabriel ihr empfohlen hat, und sie hat furchtbar Stress wegen unserer Finanzen und wegen allem anderen auch, und ich kapier nicht, was euer Problem eigentlich ist.«
»Es ist schon das zweite Mal, dass Dad ohne Arbeit dasteht«, erklärte Alicia. »Er wird nicht jünger, und seine Chancen, wieder eine Anstellung zu finden, sind nicht gerade rosig. Wir haben auch zu wenig Erspartes. Und Dads Aktien und Anlagen laufen nicht gut, und Mum setzt ihm fürchterlich zu. Er wird damit nicht fertig, ich weiß es.«
»Tja, was soll ich da sagen? Ich und meine Mum müssen vielleicht aus unserem Haus ausziehen, wie sollen wir damit fertigwerden?« Kelly spürte, wie ihr die Tränen in die Augen schossen. »Deswegen trifft sie sich heute mit dem Anwalt. Es kann sein, dass wir Atlantic View verlieren.«
Daraufhin verstummten die beiden Cousinen und schauten Kelly voller Mitgefühl an. Sie hatten immerhin noch beide Eltern und ein Zuhause. Bei Kelly hingegen sah es immer mehr danach aus, dass sie bald nur noch die Mutter und kein Dach über dem Kopf mehr haben würde.
Dominique saß im Büro von Colin Pearson, ihrem neuen Anwalt. Die Kanzlei befand sich in einem der alten herrschaftlichen Gebäude an der Mall in der Stadt Cork, und der dunkelblaue Teppichboden und die cremefarbenen Wände wirkten irgendwie tröstlich auf sie. Gabriels Juristenfreund, der in Dublin arbeitete, hatte ihr Colin empfohlen als denjenigen Anwalt in Cork, der ihr ganz sicher am besten helfen könnte. Er war jünger als Dominique, hatte einen dichten dunkelbraunen Haarschopf und ein kantiges Gesicht, das ihr augenblicklich sympathisch war, auch wenn es bisweilen einen harten, strengen Zug annahm, wenn er seinen Standpunkt darlegte. Der Anwalt hatte Dominique bereits in verständlichen Worten die Situation erklärt, sodass sie nun über ihre Lage Bescheid wusste.
»Soweit ich es jetzt verstehe, gibt es bis dato keinen Hinweis, dass ihr Ehemann sich des Betrugs schuldig gemacht hätte«, sagte Colin Pearson in nüchternem Ton. »Die Tatsache, dass man bis jetzt noch nicht herausgefunden hat, wo das Barbados-Geld angelegt ist, bedeutet nicht zwangsläufig, dass Brendan es einfach an sich genommen hat, obwohl die mangelnde Transparenz natürlich Anlass zur Sorge gibt. Der Zusammenbruch der Firma – die eine Privatfirma ist, wohlgemerkt, ohne Beteiligung von Fremdinvestoren – ist ein geschäftliches Problem. Sie, Mrs Delahaye, sind insofern betroffen, als für einen großen Teil der Darlehen, die das Unternehmen aufgenommen hat, ihr Ehemann zur Kreditsicherung eine persönliche Haftung übernommen hat.«
»Was passiert mit unserem Haus?« Dominique konnte ihre Angst nicht verbergen. »Unser Zuhause ist doch nicht gefährdet, oder?«
Colin Pearsons Antwort war nicht so beruhigend, wie Dominique gehofft hatte. Brendan hatte vor Kurzem eine neue Hypothek auf das Haus aufgenommen, und damit war Dominique als Ehefrau zur Rückzahlung verpflichtet.
»Können Sie sich denn nicht erinnern, dieses Dokument unterzeichnet zu haben?«, fragte Colin.
»Natürlich erinnere ich mich. Aber mir war nicht klar, worum es da eigentlich ging. Brendan hat mir oft etwas hingelegt, das ich nur zu unterschreiben brauchte.« Dominique rieb sich die Stirn. »Sie denken jetzt sicher, wie konnte diese Frau nur so naiv und vertrauensselig sein, nicht wahr?«
»Nun ja, Sie sind mit dem Mann seit über zwanzig Jahren verheiratet«, erwiderte Colin. »Natürlich haben Sie ihm da vertraut.«
Dominique spürte, wie ihr die Tränen kamen.
»Verzeihung«, sagte sie hastig, während sie aus ihrer Handtasche ein Taschentuch herauszog. »In letzter Zeit fange ich bei jeder Kleinigkeit zu heulen an.« Sie putzte sich die Nase. »Sie haben recht, wir sind schon viele Jahre verheiratet, und deshalb habe ich ihm blind vertraut.«
»Ich bin sicher, Sie hatten keinen Grund, es nicht zu tun.«
»Ich habe mich verhalten wie eine alberne, naive Vorzeigegattin!«, rief Dominique. »Alles lief prima, und ich habe nie irgendwelche Fragen gestellt, egal welche Geschäfte Brendan machte. Ich bin so dumm.«
»Das sind
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