Bis das Glück mich findet
sie, als sie mit ihm im Wohnzimmer saß und versuchte, nicht zu der Wand zu schauen, an der die Fotos von seiner Priesterweihe hingen.
»Ich habe eine Stelle bei UNICEF angenommen«, erklärte Gabriel. »Ich werde bei einem Bewässerungsprojekt mitarbeiten. Dafür werde ich für eine Weile ins Ausland gehen.«
Gabriel hatte zu jenem Zeitpunkt bei einem Freund in Donegal gewohnt und war von dort für zwei Tage zu seiner Schwester nach Cork gefahren, um ihr seinen Schritt zu erklären. Er habe sich geirrt, was den Priesterberuf angehe, und wolle endlich Schluss damit machen, den Leuten etwas vorzuspielen.
»Ist es wegen einer Frau?«, fragte Dominique als Erstes.
»Nein.« Gabriel winkte ab.
»Einem Mann?« Sie machte ein skeptisches Gesicht, und Gabriel lächelte schief.
»Nein«, wiederholte er. »Mir ist einfach eines Tages klar geworden, dass ich den falschen Weg eingeschlagen habe, obwohl mir meine Beweggründe damals richtig erschienen.«
»Was für Beweggründe?«
»Ich hielt mich für etwas Besonderes. Ich dachte, das bedeutet, dass ich für den Priesterstand berufen bin.«
»Aber alle haben gesagt, dass du ein wunderbarer Priester warst.«
»Ich weiß. Als Gemeindepfarrer habe ich meine Sache gut gemacht. Doch nach einer Weile erkannte ich, dass ich mir selbst etwas vormachte und auch den Leuten, mit denen ich zu tun hatte. Ich denke« – er geriet kurz ins Stocken – »ich denke, ich habe das Gefühl gebraucht, zu etwas dazuzugehören. Und ich glaube auch vieles von dem, was die Kirche uns lehrt. Ich glaube, dass die Kirche in ganz vielen Bereichen dem Wohl der Menschen dient. Klar, ich weiß auch, dass es Skandale gegeben hat. Aber deswegen habe ich den Priesterberuf nicht an den Nagel gehängt. Ich bin um meinetwillen gegangen.«
»Du hast so viele Jahre deines Lebens vergeudet.«
»Nicht vergeudet.« Er lächelte – dieses Lächeln, das sie insgeheim immer sein Priesterlächeln genannt hatte. Ein wissendes, alles akzeptierendes Lächeln. Doch es hatte nicht mit seinem Priesterstand zu tun, wie sie jetzt erkannte. Es war einfach Gabriels normales, ureigenes Lächeln. »Nicht vergeudet«, wiederholte er. »Das Studium hat mir sehr gefallen. Und meine Arbeit als Priester hat mir auch sehr viel gegeben. Doch darüber hinaus habe ich mich schlichtweg geirrt.«
Dominique fehlten die Worte. Noch nie zuvor hatte sie erlebt, dass Gabriel zugab, sich geirrt zu haben.
Greg verbrachte viel Zeit am Telefon, weil er versuchte herauszufinden, was die Bestellung eines Insolvenzverwalters konkret für Dominique und Kelly bedeutete und was es mit dem Barbados-Geld auf sich hatte.
»Ich weiß nichts über dieses Barbados-Geschäft«, erklärte Dominique. »Nur dass Brendan Geld dafür aufgetrieben hat. Aber ich habe keine Ahnung, um welches Projekt genau es dabei ging.« Sie zuckte hilflos mit den Schultern. »Ich habe eigentlich von seinen ganzen Geschäften so gut wie keine Ahnung. Vielleicht hätte ich ein bisschen besser zuhören sollen. Früher wusste ich über alle geschäftlichen Vorgänge Bescheid, aber als die Firma immer größer wurde, habe ich nicht mehr durchgeblickt, und außerdem hatte Brendan dann ja auch Wirtschaftsfachleute und Buchhalter und Rechtsanwälte und dergleichen, also … also habe ich schließlich aufgehört, Fragen zu stellen. Aber ich hätte mich weiter für das Geschäft interessieren sollen. Dann könnte ich dir jetzt alles über diesen verdammten Barbados-Deal sagen!«
»Barbados könnte Brendan das Genick brechen«, sagte Greg. »Er hat von Privatpersonen aus der Gegend hier viel Geld bekommen, über dessen Verbleib im Moment nur spekuliert werden kann.«
Dann zählte Greg eine ganze Reihe dieser Privatinvestoren auf, bei deren Namen Dominique aschfahl im Gesicht wurde.
»Und was ist das Schlimmste, was mir nun passieren kann?«, fragte sie. »Mal davon abgesehen, dass die Vorstellung, er könnte unsere Nachbarn um ihr Geld gebracht haben, für mich bereits der worst case ist.«
»Nun …« Greg schien sich zu winden. »Die Bank wird dir kein Geld von Brendans Konten auszahlen. Sehr wahrscheinlich wird sie das Unternehmen zerschlagen und verkaufen. Und sie kann auch die restlichen Vermögenswerte pfänden lassen.«
»Aber doch nicht unser Haus?« Dominique stand die Angst im Gesicht geschrieben. »Sie können uns doch bestimmt nicht unser Haus wegnehmen.«
»Euer Haus ist mit einer Hypothek belastet«, erwiderte Greg betreten. »Ich glaube nicht, dass man dich auf
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