Bis dass der Tod euch scheidet
Vergleich war wirklich amüsant. Wieder nickte Dylan übereinstimmend.
„Seid ihr denn ein Paar?“
„Wie bitte?“ Dylan lächelte noch immer, jetzt allerdings verunsichert.
„Seid ihr ein Paar?“
Er schüttelte den Kopf. „Kein Kommentar.“
„Bitte!“ Sie drängelte, wollte unbedingt eine Antwort hören, aber Dylan konnte ihr diese nicht liefern.
„Ich kann dazu nichts sagen“, entschuldigte er sich. Und die Wahrheit dieser Worte schnürte ihm regelrecht die Kehle zu. „Es tut mir leid, ich kann dazu nichts sagen.“
In Gedanken ließ er den Auftritt Revue passieren. Es war ergreifend gewesen, wie Fahlstrøms Stimme ihn angelockt hatte, wie er ihn mit gemächlichen Schritten umkreist, bis sie sich so nahe waren, bis ihre Blicke verschmolzen und Thor ihn zu sich herangezogen hatte.
Als sich ihre Lippen berührten, schien um sie herum alles vergessen, selbst die Aufschreie der Fans hatte er kaum registriert. In ihm selbst explodierte ein Feuerwerk, nur schwer hatte er sich aus ihrer Umarmung lösen können.
Jetzt stand er ein wenig abseits und trank dabei ein Bier. Im Hintergrund Blitzgewitter. Thor hatte sich weiteren Kommentaren entzogen, jetzt wurde er nur noch von allen Seiten fotografiert.
„Was für ein Trubel.“ Es war Erik, der, inzwischen abgeschminkt, neben ihn trat. Jetzt starrten sie beide zu dem Sänger von Wooden Dark .
„Meinst du, dieser Auftritt wird euch schaden?“ Dylan war plötzlich voller Sorge. „Ich meine, die Fans schienen ganz aufgewühlt … Niemand weiß, dass Thor schwul ist, oder?“
Erik schüttelte den Kopf. „Nicht wirklich …“
Dylan seufzte. Er musste sich setzen. Allmählich ließen seine Kräfte nach. Und er machte sich mittlerweile auch Gedanken darüber, ob ihre Darbietung wirklich einen Erfolg darstellte.
„Ihr werdet vielleicht Fans verlieren …“, stellte er in den Raum.
„Möglich.“ Auch Erik hatte Platz genommen. Neben Dylan schien er fast noch schmaler gebaut.
Und ohne das Corpsepaint, wirkte sein Gesichtsausdruck auch gleich um einiges weicher.
„Wir werden einige Fans dadurch verlieren, ganz sicher, aber andere werden neu hinzukommen.“
Es klang zuversichtlich.
„Die Black Metal Szene ist nicht leicht zu verstehen, oder?“, fragte Dylan, dabei an seine Electro-Fans denkend, die eher ihre Outfits und die Musik an sich in den Mittelpunkt stellten.
„Black Metal ist Krieg“, gestand Erik. „Einen gemeinsamen Grundgedanken wirst du in der Szene nicht wirklich finden. Die meisten Bands hassen sich doch gegenseitig.“
Dylan schüttelte den Kopf. „Wieso?“
„Hass wird groß geschrieben“, erklärte Erik. „So gesehen sind selbst wir viel zu kommerziell. Thor wollte erst gar nicht mitmachen, bei dieser Tournee.“
„Oh.“ Das erstaunte Dylan. Was wäre gewesen, hätte er Thor nie getroffen?
„Die Black Metal-Bands wollen sich am liebsten von allem distanzieren“, sprach Erik weiter. „Am liebsten von der ganzen Welt. Sie wollen nur sich selbst entfalten, und durch ihre teils religionslosen, patriotischen, gar rassistischen Einstellungen kommt es immer wieder zu diesen Provokationen.“
„Verstehe.“ Dylan sah wieder zu Thor, der sich allmählich aus dem Gerangel um sich lösen konnte. „Und Wooden Dark , wo seht ihr euch?“
„Wir verwenden überwiegend blasphemische Texte aus Überzeugung. Thor sieht sich allerdings nicht unbedingt als Satanisten an. Er bewegt sich eher auf spiritueller Ebene, sucht den Sinn des Lebens in der Natur und den nordischen Mythen.“
Dylan hörte gebannt zu. Es war das erste Mal, dass er Dinge über Thor erfuhr, die nicht gelogen oder fraglich waren. Sie kamen aus erster Hand: von seinem besten Freund.
„ Was hat er gegen Schafe?“
Erik lachte. „Wie bitte?“
„Na ja.“ Dylan druckste herum. Er dachte an die gewisse Nacht im Hotel, in der er Thor aufs Zimmer folgen wollte, obwohl zuvor diese unschöne Begegnung mit Julia stattgefunden hatte. „Er meinte mal, ich solle mich ihm gegenüber nicht wie ein Schaf verhalten.“
„Schafe sind feige und dumm“, erklärte Erik. „Das ist sogar erwiesen. Es sind Herdentiere, die ihrem Hirten treudoof folgen. Thor verabscheut Menschen, die sich nur an einen ranhängen, die nicht einzigartig sind, sondern sich um des anderen willen verbiegen.“
„Jetzt wird mir einiges klar.“ Allmählich lichtete sich der Nebel um Thor Fahlstrøm. In diesem Moment hatte Dylan das Gefühl, er würde Thors merkwürdige Verhaltensmuster
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