Bis dass der Tod uns scheidet
einer Hand an der Brause über seinem Kopf fest.
»Ist Zephyra all die Schmerzen wert?«, fragte ich ihn aus sicherer Entfernung, um nicht nassgespritzt zu werden.
Er brauchte eine halbe Minute, um genug Luft für eine Antwort zu bekommen. »Alles.«
Der größte Feind der Revolution , sagte mein Vater, der durchgeknallte Kommunist, ist die Liebe eines Mannes zu einer Frau. Schlägt sein Herz für irgendeine Señorita mit dunklen Augen und langen Wimpern, wird er seinen Genossen, ohne mit der Wimper zu zucken, den Rücken kehren.
Ich kicherte den ganzen Weg die Treppe hinunter bis zur Straße und dann noch die halbe Strecke bis zu meinem Büro, unterwegs zu dem Fragezeichen von Klient, der dort wartete.
2
Ich drückte auf die Klingel zu meinem Büro im einundsiebzigsten Stock im Tesla Building, dem auserlesensten Beispiel für Art-déco-Architektur in ganz New York. Es gab ein lautes Klicken, ich drückte die Tür auf und betrat den Empfangsbereich der großen Suite.
Mardi erhob sich hinter dem großen Schreibtisch aus Esche, der den Großteil meines Berufslebens über unbesetzt geblieben war. Sie stand meistens auf, wenn ich den Raum betrat, ihre Art, Ehrerbietung und Dankbarkeit zu zeigen. Mardi Bitterman, blass und schlank, blaue Augen, aschblondes Haar, war dazu geboren, mein Mädchen für alles zu sein. Ihr korallenfarbenes Kleid war grau durchsetzt, was das leidenschaftliche Rot abmilderte. Sie trug keinen Schmuck, kein Make-up. Was man sah, war das, was man kriegte.
»Mr. McGill«, begrüßte sie mich. »Mrs. Chrystal Tyler.«
Links von mir stand eine weitere, nicht ganz so junge Frau auf. Sie hatte braune Haut, wie eine glänzende Pekannuss, und war kurvenreich, fast üppig. Ihr Haar in bunte Locken gelegt, die billige Seide ihres Kleides war ein Karneval aus Blau und Rot, von gelbem Konfetti gesprenkelt. Sie trug dick aufgetragenes, aber dennoch nicht zu übertriebenes Make-up. Ihre High Heels und die Tasche aus Glanzleder waren ebenso gelb wie das Konfetti.
Mit den Absätzen erreichte sie meine Größe. Ihre Haut hatte denselben Ton wie meine. Sie lächelte, erkannte etwas in mir und streckte mir die Hand mit den Knöcheln nach oben hin, so als erwarte sie einen Handkuss.
»Sehr erfreut«, sagte sie.
Ich wusste sofort, dass dies eine Lüge war.
Ich nahm die Hand, schüttelte sie und sagte: »Kommen Sie bitte in mein Büro, dort können wir reden.«
Während ich meine potenzielle Klientin zu meinem Büro führte, sahen Mardi und ich uns kurz an. Sie runzelte die Stirn und zuckte leicht mit den Schultern. Ich lächelte und machte eine kleine Handbewegung.
Die junge Frau und ich schlenderten durch den langen Gang, vorbei an offenen, unbesetzten Bürokabinen auf die Tür zum Innersten zu. Ich bat sie herein und ließ sie auf einem der beiden blauen, verchromten Besuchersessel Platz nehmen, die vor meinem extrabreiten Ebenholzschreibtisch standen.
Ich setzte mich und besah sie mir.
Chrystal Tyler war durchaus ansehnlich – sehr ansehnlich sogar. Ihre Augen standen ganz leicht, fast asiatisch schräg, ihre Nasenflügel bebten, als sie durch das große Fenster hinter mir sah.
Von ihrem Platz aus sah sie, wie ich wusste, den Hudson entlang bis hin zu dem Platz, wo das World Trade Center gestanden hatte.
Wir hielten beide einen Augenblick inne und genossen, was wir sahen.
»Ich brauche Hilfe, Mr. McGill.«
»In welcher Hinsicht, Mrs. Tyler?«
Sie hob die linke Hand und drehte sie im Handgelenk – eine spekulative Geste, vielleicht vorgespieltes Zögern. Mir fiel auf, dass ihre Fingernägel dreifarbig lackiert waren: am Ansatz blau, rot an der Spitze, schräge Linien aus Gold dazwischen.
»Mein Mann«, sagte sie. »Cyril.«
Sie trug keinen Ehering.
»Was ist mit ihm?«, fragte ich.
Sie sah mir lange genug in die Augen, dass ein durchschnittlicher Mann peinlich berührt oder vielleicht erregt gewesen wäre.
»Er hat eine Affäre.«
»Und warum kommen Sie damit zu mir?«, fragte ich. Die Frage war ehrlich gemeint. Ihre Kleidung, ihr Make-up, ihre Nägel und die Ausdrucksweise waren an sich schon ein Rätsel.
»Ein Mann namens Norman Close hat Ihren Namen erwähnt«, antwortete sie.
Er wurde No Man genannt, denn so stellte er sich vor, verschluckte das ›r‹ beim Sprechen. No’man Close war ein Schläger, der seine Fäuste und seinen Bizeps zum Tageskurs anbot. Er prügelte und schlug, bedrohte und mordete möglicherweise auch für jeden, der die von ihm geforderten dreihundert
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