Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bis dass der Tod uns scheidet

Bis dass der Tod uns scheidet

Titel: Bis dass der Tod uns scheidet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
Vom Netzwerk:
welcher Beziehung sie zueinander standen, und das System führte mithilfe der Algorhythmen, die Bug aus tausend verschiedenen Systemen gepflückt und geklaut hatte, eine tiefschürfende Suche durch.
    Es suchte nach Cyril Tyler, Chrystal Chambers-Tyler (sie hatte mir die Kontaktinformationen ihres Mannes und eine korrekte Schreibweise ihres Namens dagelassen), Allondra North und Pinky Todd.
    Chrystal hatte sich geweigert, mir ihre Adresse oder Telefonnummer zu geben, denn »Cyril hat Taschen, die sind so tief, da könnte man ganz Georgia drin verstecken. Ich weiß, er könnte sich einfach ein paar harte Jungs kaufen. Ich rufe Sie morgen gegen vier Uhr an.«
     
    Die Suche war derart gründlich, dass sie nie weniger als fünfzehn Minuten dauerte. Um die Zeit zu überbrücken, beschloss ich, mich in das Schattenkonto einzuloggen, das Bug mir eingerichtet hatte, um meinen jüngsten und mir liebsten Sohn Twill beschatten zu können.
    Nachdem Melinda Tarris, seine Bewährungshelferin von der Jugendstrafbehörde, die Bewährungsauflagen aufgehoben hatte, hatte Twill die Highschool geschmissen und war seitdem ziemlich beschäftigt.
    »Schule ist nichts für mich, Pops«, meinte er, als er mich über seine Entscheidung informierte. »Ich kann lesen und schreiben, denken und Liegestütze, Mann.«
    »Du kannst noch was«, meinte ich.
    »Was denn?«
    »Dich in Schwierigkeiten bringen.«
    Twill, noch keine achtzehn, war schlank und dunkelhäutig, so gutaussehend wie ein kleiner Teufel auf Tagesausflug aus der Hölle. Wenn er lächelte, lächelte man unwillkürlich mit.
    »Keine Sorge, Pops. Ich hab meine Lektion gelernt.«
    Er hatte die Schule geschmissen, aber seine Ausbildung – und meine Prüfungen – hatten gerade erst begonnen.
    Über Bugs Schatten-Netz hatte ich unter anderem herausgefunden, dass Twill ein Konto bei einer Online-Bank in Panama hatte, die einem osteuropäischen Konzern gehörte. Er hatte das Konto mit einem Scheck über zweihundertfünfzig Dollar eröffnet, den Gordo ihm für seine Arbeit im Boxstudio gegeben hatte. Die Summe hatte sich seit drei Monaten nicht verändert. An jenem Nachmittag aber wies Twills Online-Konto eine Summe von 86 321,44 Dollar auf.
    Auf seinem Twitter-Account stellte ich fest, dass er in der letzten Woche 1216 Nachrichten erhalten hatte. Zu jeder Nachricht gehörten ein Dutzend und mehr Absender. Jeder davon hatte elf Dollar auf Twills Online-Konto überwiesen.
    Twills Problem hatte schon immer darin bestanden, dass er zu schnell, zu gut, zu smart war. Setzte man einem solchen Mann keine Grenzen, dann würde er sich ohne jede Vorwarnung riesige Probleme einhandeln. Männer brauchen Ärger, um ihren Erfolg einschätzen und die Auswirkungen ihrer Taten zügeln zu können.
    Ich war Twills einziges echtes Problem.
     
    Ich fragte mich noch, wie ich wohl den neuesten Trickbetrug meines Sohnes entlarven konnte, als ein Signal ertönte. Die Internetsuche war abgeschlossen.
    Ich fand eine Reihe von Onlineberichten und Bildern zu jeder Suchanfrage vor. Ein Richter in Florida hatte Allondra North’ Tod als Unfall eingestuft und den aufgelösten Cyril Tyler von allen Vorwürfen freigesprochen.
    »Das ist eine Tragödie, kein Verbrechen«, hatte Lon Fledheim, Tylers Anwalt, gegenüber dem Miami Herald gesagt. »Eine private Katastrophe.«
    Das Foto von Allondra zeigte, dass sie ein Mischling war, doch konnte ich ihre genaue Herkunft nicht erkennen.
    Pinky Todd, eine Weiße, war von einem durchgedrehten Obdachlosen umgebracht worden, der plötzlich auf der 5th Avenue ausgerastet war und sie mit einem Betonbrocken am Kopf getroffen hatte. Der bärtige Obdachlose war geflohen, auf jeden losgegangen, der sich ihm in den Weg zu stellen versuchte, und war in der Menge verschwunden. Er wurde nie gefunden.
    Merkwürdig.
    Die Sache wurde richtig verzwickt, als Bugs Programm mir Bild und Biografie von Chrystal Chambers-Tyler lieferte. Es handelte sich tatsächlich um eine aufstrebende Künstlerin, die das Pratt Institute besucht hatte und Bilder auf hochglanzpolierten Stahlplatten malte. Es gab Besprechungen aus dem ganzen Land, und ihre Arbeiten hingen in ein paar kleineren Museen. Ihre Heirat mit Cyril hatte in den Klatschspalten gestanden, und niemand machte sich über ihre Ausdrucksweise oder ihren Ghetto-Stil lustig.
    Tatsächlich war es die Nichterwähnung dieses Stils, die mich dazu brachte, mir ihr Bild genauer anzusehen. Zunächst schien alles in Ordnung, doch bei genauerem Hinsehen wunderte

Weitere Kostenlose Bücher