Bis dass ein Mord uns scheidet
also kann ich mit Kranken umgehen.«
Ich öffnete die Augen. Sie bewegte sich immer noch nicht. Ich ging noch einen Schritt näher und hockte mich neben den Stuhl.
Fayes Bauch drückte gegen die Tischkante, und ihr Kopf lag auf den ausgestreckten Armen. Wenn sie schlief, würde sie einen steifen Hals und Rückenschmerzen bekommen.
Ich musste es wissen. Das musste ich einfach. Meine Angst wurde durch das Bedürfnis, Faye zu helfen, ersetzt. Da ich ihre Mentorin war, musste ich ihr helfen. Vorsichtig griff ich aus meiner hockenden Stellung nach oben und legte meine Hand um ihren nackten rechten Oberarm.
Er fühlte sich an wie der kalte Plastikarm einer Puppe. Nicht echt. Ich zog die Hand zurück und biss die Zähne fest zusammen, um nicht panisch aufzuschreien. Meine Oberschenkel zitterten in dieser hockenden Position, und ich versuchte, auf meinen hochhackigen Sandalen mein Gleichgewicht nicht zu verlieren. Faye muss im selben Augenblick aufgewacht sein, denn sie bewegte sich.
Erschrocken zuckte ich zusammen und fiel um. Ich streckte meine Hände instinktiv nach hinten aus und verhedderte mich im Schulterriemen meiner Tasche. Mein Hintern traf gerade auf den Teppich auf, als Faye vom Stuhl rutschte und auf mich fiel.
Schwer.
Meine Brust wurde zusammengepresst. Ich konnte nicht atmen. Ich riss den Mund weit auf und versuchte verzweifelt, einzuatmen. Eine Strähne kastanienbraunes Haar fiel in meinen Mund, während meine Lungen den Dienst verweigerten. Faye lag auf mir wie ein Totgewicht.
Tot! Ich wusste, sie war tot.
Plötzlich öffnete sich meine Brust, und ich konnte wieder atmen. Ich schnappte nach einer Lunge voll Luft, und während mein Gehirn wieder genug Sauerstoff bekam, um zu begreifen, dass Faye nicht atmete, noch kein einziges Mal geatmet hatte, seit ich das Zimmer betreten hatte, stieg entsetzliche Panik in mir auf. Sie war tot und lag auf mir. Größer und schwerer als ich, war Faye ein bisschen schräg auf mir gelandet, sodass ihr Kopf unter dem Bettrahmen steckte und ihre rechte Schulter unter meinem Kinn klemmte.
Ich versuchte, unter ihr herauszugleiten, aber ich hatte keinen Platz. Das Bett rechts von mir und die Tisch- und Stuhlbeine links, dazu noch Computerkram, ich war gefangen.
Unter einer toten Frau gefangen. Ich keuchte vor Angst, meine Ohren klingelten, und vor meinen Augen tanzten schwarze Punkte. Ich schaffte es, meine linke Hand zu befreien, über Fayes Schulter zu greifen und die Haare aus meinem Mund zu ziehen.
Die Haare einer toten Frau. Ich würgte fast und fragte mich, warum solche Dinge nie anderen Leuten passierten. Ich musste mich beruhigen. Das musste ich. Ich musste an meine zwei Söhne denken. Ich konnte nicht aus lauter Angst unter einer Leiche sterben. Vielleicht sollte ich schreien? Aber der Fernseher lief immer noch, und der Verkehr auf dem Freeway
…
Mein Handy! Es war in meiner Tasche. Meine Tasche hing an meiner rechten Schulter und hatte sich unter meinem Rücken nach links verschoben. Ich nahm mit meiner linken Hand das Handy heraus.
»Denk nicht an Faye.« Ich redete laut, versuchte, ruhig zu bleiben. Meine Hand schloss sich um das kühle Plastiktelefon.
Ich musste meine Schulter weit nach oben drücken, um das Handy aus der Tasche ziehen zu können. Ich beugte meinen Ellbogen und drückte mein Kinn gegen Fayes Schulter, um die Tasten sehen zu können.
So weit, so gut. Ich konnte wählen und dann das Telefon nah genug an meinen Mund halten, um zu schreien. Aber wen sollte ich anrufen? Welche Wahl hatte ich schon? Ich wählte den Notruf.
Ich hörte es klingeln und bemühte mich, das Handy so nah wie möglich an den Mund zu halten. Ich keuchte wie eine Frau, die in den Wehen lag. In meinem Kopf tanzte die Hysterie herum und sang: Du bist unter einer toten Frau gefangen.
Eine Stimme kam aus dem Telefon: »Notruf. Um welchen Notfall handelt es sich?«
Ich starrte auf das schwarze Handy, holte tief Luft und sagte:
»Hilfe! Eine Leiche ist auf mich gefallen, und ich kann nicht mehr aufstehen!«
Jemand hatte mich in das leere Motelzimmer neben Fayes Zimmer geführt. Eine Tasse Kaffee stand vor mir auf dem runden Tisch. Ich saß auf genau dem gleichen Stuhl wie dem, auf dem ich Faye entdeckt hatte, und wandte meinen Blick vom Fenster ab, welches das blinkende Blaulicht auf dem Parkplatz einrahmte, um einen Mann anzusehen, der im Türrahmen stand.
Er kam herein. »Sie müssen Samantha Shaw sein.«
Abgesehen von dem Anzug und der Krawatte sah der Mann
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