Bis du erwachst
echte Beziehung
vor fünf Jahren
kaputtgegangen ist, behandelst du jede Frau mies, der du irgendwie nähergekommen bist.»
«Ich … ich will das gar nicht. Es ist nur so, dass sie immer mehr von mir wollen, als ich geben kann.»
«Was denn?»
«Meine ganze Zeit. Dinge …»
«Dafür ist eine Beziehung da! Was ist heutzutage nur mit den Männern los? Sobald die ersten Probleme auftauchen, gehen sie auf Tauchstation. Schau dir nur Georges und Serenas Dad an.»
Michael wusste, dass sich der Zorn seiner Schwester in Wirklichkeit gegen ihren Exmann richtete, nicht gegen ihn.
«Lass es einfach bleiben. Es hat doch keinen Sinn. Wie sagst du immer? Du musst erst mal mit dir selber klarkommen», sagte sie, ganz die große Schwester.
«Ja, ich weiß», erwiderte er düster.
«Offenbar deprimiere ich dich. Räumen wir den Tee weg und machen wir eine Flasche Wein auf.»
Nach ein paar Schlucken fühlte er sich besser. «Noch eins?»
«Für mich lieber nicht, die Kinder sind oben. Aber mach ruhig, ich schau dir gerne zu», kicherte Charlotte.
Sie griff nach dem Telefon. «Weißt du noch, wie wir als Kinder immer Klingelstreiche gespielt haben?»
«Hmm, ja.»
«Wie wär’s mit einem Telefonstreich?»
Beide kicherten unbeherrscht los, bis Michael nervös vorschlug: «Rufen wir bei Kidzline an!»
«Jetzt doch? Von mir aus, wenn du unbedingt darauf bestehst», erwiderte sie. Die warme, verschwommene Wirkung des Weines vernebelte Charlotte den Verstand.
«Aber nein, das können wir doch nicht, oder?», sagte Michael aufgeregt.
«Ach, ist doch egal», meinte Charlotte.
Er zog die orangefarbene Karte aus der Hosentasche.
«Ist da Kidzline?», fragte sie.
«Nicht!», rief er schwach. Ihm war plötzlich etwas eingefallen.«Wenn sie gewollt hätte, dass ich sie anrufe, hätte sie mir ihre richtige Nummer gegeben, nicht die Hotline.»
Charlotte winkte ab. «Ich habe zwei Kinder … und es beschäftigt mich wirklich sehr … in welcher Schule ich sie anmelden soll … genau, das ist es! Und ich möchte darüber mit Lena sprechen.»
Charlotte und Michael bemühten sich, sich das Lachen zu verbeißen. Sie blinzelte ein paarmal, sagte «Danke!» und legte auf.
«Was ist passiert?»
Charlotte setzte sich neben ihn und faltete die Hände im Schoß. «Sie hat gesagt, dass ihre Berater normalerweise nie ihren Namen sagen. Außerdem ist Lena zurzeit nicht da.»
«Okay, vermutlich macht sie länger Urlaub. Zumindest arbeitet sie dort noch.»
«Ich glaube nicht.» Charlotte wirkte plötzlich ganz ernst.
«Wieso sagst du das?»
«Wenn sie nur im Urlaub ist, wieso ist die Frau am Telefon dann in Tränen ausgebrochen?»
12
Obwohl sie den Anruf bei Michael Johns total vermasselt hatten, musste Cara einräumen, dass es lustig gewesen war. Es war seit ewigen Zeiten das erste Mal, dass Millie und Cara etwas zusammen unternommen hatten. Als Kinder hatten sie sich nicht sonderlich nahegestanden. Cara hatte ihre kleine Schwester eher als Ärgernis betrachtet. Lena war das verbindende Element gewesen, hatte sie immer wieder ermutigt, sich zu treffen. Aber in letzter Zeit fühlte es sich nicht mehr ganz so gezwungen an. Es machte Spaß, mit Millie zusammen zu sein, und vielleicht war sie doch vernünftiger, als Cara gedacht hätte.
Von Millie ermutigt, hatte sie sich stark genug gefühlt, sich Lenas Handy anzusehen. Natürlich hätte Cara es nie zugegeben, aber nur die Tatsache, dass Millie bei ihr war, hatte ihr die Kraft gegeben, die Sache anzugehen. Lenas Handy war keines dieser Allrounddinger, die alles konnten, außer Kaffee zu kochen. Es war altmodisch, und ein albernes Kunstlederbändchen war daran befestigt, auf das mit Buchstabenperlen LENA aufgefädelt war.
«Schalte es ein», drängelte Millie.
«Warte doch!», fuhr sie ihre Schwester an. Dann sahen sie beide zu, wie das Handy zum Leben erwachte. Der Akkuwar schon ziemlich leer, obwohl es seit zwei Wochen ausgeschaltet war, daher mussten sie sich beeilen, um zu finden, was sie brauchten. Sie blätterten sich durchs Menü, bis sie den Nachrichteneingang mit Lenas SMS erreicht hatten.
«Fühlt sich ganz schön komisch an, so in ihrem Handy herumzuschnüffeln», sagte Millie schwach. Aber sie konnten nicht mehr zurück. Sie beide wollten mehr über ihre Schwester erfahren, einen Weg finden, mit ihr zu kommunizieren, obwohl das in Wirklichkeit ja nicht möglich war. Vor allem aber brannten sie darauf zu erfahren, was in den Wochen vor dem Unfall bei ihr
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