Bis du erwachst
dafür etwa dankbar sein?», fragte Cara böse.
«Kitty, mach dir wegen deines Alters doch keine Gedanken», warf Ade ein. Aber Caras Frage hing noch immer in der Luft. Millie war enttäuscht. Sie waren in letzter Zeit so viel besser miteinander ausgekommen, und sie hatte so sehr gehofft, dass sich Caras neue Sanftheit auch auf Kitty erstrecken würde. Da hatte sie sich offenbar getäuscht.
«Außerdem siehst du aus wie vierzig», fügte Ade hinzu.
«Ich würde lieber wie dreißig aussehen!»
«Nun, ich könnte mir vorstellen, dass du den jungen Schauspielerinnen nichts schenkst.»
«Wie lieb von dir, Ade.»
«Sicher vermisst du es. Das Theater, meine ich.»
«Jeden Tag. Wisst ihr, ich hatte gehofft, eines meiner Kinder würde in meine Fußstapfen treten. Am ehesten Millie. Sie hat das Aussehen. Ja, das hatte ich tatsächlich gedacht.» Sie wandte sich an Millie. «Vor allem, weil du in den Schulaufführungen so geglänzt hast!»
Millie warf Cara einen «Das ist mir aber neu»-Blick zu.
Sie konnte sich nur an eine Schulaufführung erinnern, in der sie gut gewesen war. Und das war in der Grundschule gewesen, in einer Aufführung des Musicals «Der Zauberer von Oz».
Damals war ein Traum für sie wahr geworden. Für die Hauptrolle, die alle hatten haben wollen, waren nach dem Vorsingen noch fünf Bewerber übrig gewesen, darunter Millie. Aber weil es ein so anspruchsvolles Musical war, hatte die Theaterpädagogin Mrs. Pinkin entschieden, dass alle fünf Mädchen Dorothys Songs singen sollten, aber nur eines ihr buntes Kostüm tragen dürfe.
Millie wurde ausgewählt.
«Ich darf Dorothys Kostüm tragen!», hatte sie begeistert erzählt.
«Aber das ist doch blöööd», hatte Cara genölt.
«Warum?»
«Weil die dann alle hinter dir singen. Und wer soll da deine beschissene Stimme schon hören!»
«Cara, sag doch nicht so was, Millie singt wirklich gut!», hatte Lena eingewandt.
Liebevoll hatte sie Millie in die Arme genommen, wie schon so oft. Obwohl Millie inzwischen elf war und fand,dass sie viel zu alt dafür war, genoss sie die Umarmungen der älteren Schwester.
«Glaubst du, dass Mum es rechtzeitig schafft?», hatte Millie gefragt.
«Hat sie es denn versprochen?»
«Ja, aber du weißt ja …»
«Keine Sorge, sie kommt bestimmt. Sie weiß, dass ich an diesem Abend an meinem Auftrag arbeiten muss», hatte Lena erwidert und Millie sanft auf die Stirn geküsst. «Sie kommt bestimmt.»
Millie erinnerte sich an die Lichter, die Geräusche, den Applaus und daran, wie aufgeregt sie gewesen war. Und wie sie auf der Bühne gestanden und nach dem lächelnden Gesicht ihrer Mutter gesucht hatte. Insgeheim hatte sie sogar erwartet, dass ihr Vater auch kommen würde, aber er hatte schon vorher abgesagt. Wahrscheinlich saß er zu Hause und las Zeitung.
Der erste Akt verstrich, und keine Mummy zeigte sich. Erst während des zweiten Aktes setzte sich endlich jemand auf den Platz ihrer Mutter.
Lena, strahlend und lächelnd.
Nach all der Zeit wusste Millie noch genau, wie verletzt sie gewesen war. Jetzt stiegen ihr bei dem Gedanken daran wieder die Tränen in die Augen. Leise schlich sie sich aus dem Zimmer und ging zur Toilette.
Als sie wiederkam, war Cara schon wieder eifrig dabei, Unfrieden zu stiften.
«Ich weiß gar nicht, wovon du sprichst», sagte Justin zu Cara.
«Du erinnerst dich doch an Lenas Dreißigsten, oder?»
«Natürlich!», sagte er höhnisch. Millie begann sich allmählich zu schämen, dass Michael das alles mit ansehen musste.
«Schade nur, dass du nicht daran gedacht hast, in dem Restaurant in Bloomsbury aufzutauchen, in dem sie an diesem Abend einen Tisch reserviert hatte.»
«Warst du denn dort?», erkundigte sich Justin. Cara öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch es kam kein Ton heraus.
«Ich bin auch nicht hingegangen … ich hatte zu tun! Warum reden wir jetzt überhaupt über Geburtstage?», warf Millie ein.
«Frag deine Schwester, sie hat aus heiterem Himmel damit angefangen!», sagte Kitty.
«Du warst auch nicht da, Kitty», klagte Cara sie an.
«Ich konnte nicht, nein. Aber ich habe sie angerufen», verteidigte sie sich. Es klang schwach.
«Am nächsten Tag!»
«Ich war mit Freunden in Indien, es war nicht einfach, von dort anzurufen», erwiderte Kitty leise. Ihr Blick flackerte.
«Und als sie dich einlud, wusstest du wohl noch nicht, dass du in Indien sein würdest?»
«Ich habe in letzter Minute ein Billigangebot bekommen!»
«Wie üblich ist
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