Bis du stirbst: Thriller (German Edition)
durchgewinkt.
Es ist eine Frage der richtigen Balance. Frauen gehen nicht in einen Club, wo besoffene Aufreißertypen in der Überzahl sind, und besoffene Typen gehen nicht in einen Club, in dem es keine Frauen gibt.
Sami blickt in den Raum auf der Suche nach Nadia. Er hätte sie nie allein lassen dürfen. Hätte sich niemals von einem inkompetenten Anwalt dazu überreden lassen dürfen, auf schuldig zu plädieren.
Jedes Mal, wenn die Tür aufgeht, sieht er hin, neugierig, ob es Streak ist. Er weiß, wie der Kerl aussieht. Sie waren sich schon einmal über den Weg gelaufen, aber er bezweifelt, dass Streak sich noch daran erinnert. Das war auf einer Party in Notting Hill voller Musikproduzenten, Toningenieure und Manager. Sami war eingeladen, um einen Topmanager zu treffen, einen von den Typen, die Nullachtfünfzehn-Barsänger in den nächsten Robbie Williams verwandeln.
Streak war da. Er kam zur Hintertür herein, griff zum Champagner und tat, als wäre er ein richtiger Gast und jedermanns bester Freund, nur weil er ihren Stoff brachte. Wenn sie den Stoff dann hatten, wollten sie, dass er so schnell wie möglich verschwand – und zwar durch den Lieferanteneingang, bitte.
So ist das mit Zuhältern und Kokshändlern. Sie hängen auf Promi-Partys herum und auf Rockkonzerten hinter der Bühne, halten sich für Busenfreunde der Berühmtheiten, aber eigentlich sind sie nichts anderes als Botenjungen.
Sami hatte an diesem Abend nicht bei dem Manager unterschrieben oder einen Plattenvertrag bekommen, aber er hatte eine hübsche Kellnerin aus Rotherhithe gebumst, die es gern unter der Dusche machte.
Der Club brummt. Junge, hübsche Mädchen und smarte Finanztypen hüpfen auf der Tanzfläche auf und ab. Streak sollte längst hier sein.
Da ist er – auf der Treppe. Er trägt einen Paul-Smith-Anzug und trinkt einen Cocktail. Er hat ein Mädchen bei sich. Es ist nicht Nadia. Sie ist blond, jung, mit einem unschuldigen Gesicht und einem durchtrainierten Körper. Den drückt sie gegen Streak, reibt ihre Titten an seiner Brust.
Streak behandelt sie, als würde sie gar nicht existieren – guckt über ihren Kopf hinweg –, vielleicht sucht er eine Hübschere.
Sami beobachtet ihn eine Weile. Ab und zu kommt jemand vorbei. Ein Nicken, ein Augenzwinkern, ein Handschlag, und dann gehen sie weiter. Ein paar Minuten später schickt Streak das Mädchen hinter ihnen her. Sie muss den Stoff bei sich haben. Wo? In diesem Kleid ist kein Platz für irgendetwas außer ihren Titten.
Sie kommt wieder zurück. Streak steckt ihr eine Kleinigkeit zur Belohnung zu. Sie stellt sich vor einer Toilette an und kommt ganz verträumt und dankbar zurück, knabbert an seinem Ohrläppchen. Sami wartet ein Weilchen. Orientiert sich. Ein schwarzes Mädchen in einem kurzen Jeansrock sitzt auf einem Hocker neben ihm. Ihre Handtasche schlenkert gegen ihren Hintern, und ihr geflochtenes Haar klackt wie Murmeln in einem Sack.
»Du siehst einsam aus«, sagt sie.
»Du siehst teuer aus«, antwortet Sami.
Sie wird sauer und geht, die Hüften schwingend.
Schließlich geht Sami zu Streak. Sagt Hallo. Beobachtet seine Reaktion. Er erinnert sich nicht an ihn. Sami möchte den Arm ausstrecken und seine Kehle zudrücken, bis ihm die Augen aus dem Kopf ploppen.
Stattdessen handelt er eine Linie aus. Er wirft dem Mädchen einen Blick zu. Sie nimmt die Schultern zurück, so dass ihre Titten noch höher kommen. Der Saum ihres Kleides auch. Mein Gott, diese Beine! Sie ist siebzehn, wenn’s hochkommt.
»Draußen in der Gasse«, sagt Streak und schreit über die Musik hinweg. »Zoe trifft dich da.«
Sami dreht sich um und schiebt sich zwischen Körpern auf der Tanzfläche hindurch. Die Musik scheint zu ersterben, als die Feuertür sich schließt. Er kann sich wieder denken hören.
Ein paar Minuten später gesellt sich Zoe zu ihm. Ihre Augen mustern ihn, als würde sie versuchen zu entscheiden, ob er ein Aufreißer ist. Plötzlich legt sie die Arme um seinen Hals und küsst ihn. Der schmale Silberpapierumschlag gleitet zwischen seine Lippen. Ihre Zunge liebkost seine. Er wird augenblicklich steif. Er war fast drei Jahre im Bau. Einen Körper wie ihren an ihn zu pressen, ist ein Verbrechen.
»Kennst du eine Nadia?«, fragt er.
Zoe runzelt die Stirn. »Nein.«
Sie lügt.
»Sie war mit Streak zusammen.«
Zoe sieht zur Feuertür hinüber.
»Nadia ist meine Schwester. Ich suche sie.«
Zoe tritt zurück. Sie trägt eine Handtasche von der Größe einer
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