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Bis du stirbst: Thriller (German Edition)

Bis du stirbst: Thriller (German Edition)

Titel: Bis du stirbst: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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seine zu tragen.«
    »Tu ich nicht. Wie viele Leute wohnen denn hier?«
    »Dreißig.« Sie bleiben vor einer Tür stehen. »Das ist dein Zimmer. Verlier den Schlüssel nicht.«
    Sie watschelt davon, wobei sie beinahe auf jeder Seite des Flurs mit der Hüfte anstößt. Sami macht die Tür zu. Schließt ab. Tritt ans Fenster. Das Zimmer geht auf einen von Mauern umgebenen Hof mit leeren Blumenbeeten hinaus, die unter der Notbeleuchtung silbrig glänzen.
    Ein Einzelbett, ein einsamer Stuhl, ein Schrank und ein Nachttisch mit einer Lampe, einem Aschenbecher und einer Bibel. Mehr Mobiliar gibt es nicht. An der Rückseite der Tür ist eine laminierte Kopie der Hausordnung befestigt.
    Sami legt sich auf das Bett und fühlt, wie ihn die Depression schwarz umhüllt. Er denkt an Nadia und an Tony Murphy und an die vier Kerle, die am Morgen vor dem Gefängnis nach ihm Ausschau gehalten haben. So hatte er sich die Freiheit nicht vorgestellt.

9
    Unter normalen Umständen – besseren Umständen – hätte Sami Macbeth vielleicht nie von einem Gangster wie Tony Murphy gehört, aber zwei Dinge hat man im Überfluss, wenn man jeden Tag in einem Gefängnishof spazieren geht: Zeit und Muße für Gefängnisgerüchte.
    Die meisten Geschichten sind gelogen. Jeder behauptet, dass er nichts verbrochen hat, und gibt dann mit den Verbrechen an, bei denen er nicht erwischt wurde.
    Dem Knast-Funk zufolge stammt Tony Murphy aus einer dieser großen irischen Familien (sieben Brüder und Schwestern – die Mädchen genauso verrückt wie die Jungen), die es überall zu geben scheint, außer in Irland. Murphy war in Kilburn aufgewachsen, Nordlondon, und fing schon an, auf Bestellung Autos zu stehlen, als er gerade mal über das Lenkrad hinaussehen konnte.
    Von der Automasche verlegte er sich dann darauf, Begleitungsservices zu managen, Nachtclubs und Kasinos (illegale und andere), einschließlich einer chinesischen Dschunke in Manchester, die er aus Hongkong eingeschifft hatte. Seine neueste Leidenschaft war ein Restaurant auf dem Fluss nah der Millennium-Brücke – eines dieser exklusiven Dinger, wo der Koch ein Fernsehstar ist, der aus einer Tüte Kartoffeln und einem Brühwürfel ein Abendessen mit vier Gängen zaubern kann.
    Das Restaurant hat Nischen entlang der Wände und Tischtücher aus Leinen.
    Der Oberkellner sieht Sami schief an.
    »Haben Sie reserviert, Sir?«
    »Ich bin hier, um mit Mr Murphy zu sprechen.«
    »Sind Sie mit ihm verabredet?«
    »Nein.«
    »Mr Murphy lässt sich ungern beim Essen stören.«
    »Vielleicht könnten Sie ihm eine Nachricht überbringen«, sagt Sami. Er leiht sich einen Zettel und schreibt. Nadias Namen, malt ein trauriges Gesicht darüber und faltet ihn zweimal, bevor er ihn dem Oberkellner gibt.
    Dann beobachtet er, wie dieser sich zwischen den Tischen hindurchschlängelt, drei Stufen hoch, und an einem Tisch stehen bleibt, der den Hauptraum überblickt.
    Er übergibt den Zettel einem fetten Mann, dessen Kopf auf ein Tweedjackett in Übergröße genäht zu sein scheint.
    Murphy liest den Zettel und lehnt sich zurück, wobei er eine Auster aus ihrer Schale schlürft. Saft rinnt über sein Doppelkinn. Er wischt ihn mit einer Serviette weg. Winkt Sami zu sich her.
    Sami ermahnt sich, entspannt zu bleiben. Dies ist ein gut besuchtes Restaurant. Es wird schon nichts passieren.
    Murphys Tischgenosse ist einen Kopf größer, mit roten Backen, die von geplatzten Äderchen unter seiner Haut verfärbt sind. Dieser Kerl ist das lebende Beispiel dafür, dass der Mensch vom Affen abstammt – geblähte Nasenlöcher, ein Oberkörper wie ein Kleiderschrank, Arme, die ihm bis an die Knie reichen. Er sagt kein Wort.
    Murphy und Sami stellen sich vor.
    »Was kann ich für Sie tun, mein Junge?«, fragt der fette Mann und schiebt die Messerschneide unter das Fleisch der nächsten Auster.
    Sami muss vorsichtig sein. Das ist ein Drahtseilakt. Tony Murphy ist kein Mann, dem man droht oder den man verärgert oder den man herumschubst. Es ist aber auch keine gute Idee, ihm in den Arsch zu kriechen und sich dort häuslich niederzulassen. Er muss Respekt beweisen. Rücksichtsvoll sein. Höflich.
    »Toby Streak sagt, Sie wüssten vielleicht, wo meine Schwester ist.«
    »Wie heißt Ihre Schwester denn?«
    »Nadia Macbeth.«
    »Und wie kommen Sie darauf, dass ich wüsste, wo sie ist?«
    »Toby hat gesagt, er hätte sie Ihnen verkauft.«
    Murphy legt die Gabel hin. Wischt sich den Mund ab. Faltet seine Serviette. Legt sie auf den

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