Bis du stirbst: Thriller (German Edition)
Ruiz’ Hirn hängen bleibt, nutzlos vielleicht, aber fesselnd. Als die Körperteile des Bombenlegers im Waggon verteilt gefunden wurden, wurde da vielleicht ein Finger gefunden? War der Nagel sorgfältig geschnitten?
Er ruft Fiona Taylor an und bittet sie um noch einen Gefallen – sie soll ihm das Strafregister eines Rastafari, Drogensüchtigen und Dealers namens Puffa heraussuchen.
»Du hast dir wirklich einen guten Zeitpunkt ausgesucht«, sagt sie zu ihm. »Wir haben einen Einsatz in Soho.«
»Das kann ich sehen«, sagt Ruiz, blickt kurz zum Bildschirm hinüber. »Es eilt nicht.«
Fiona verspricht, sich bei ihm zu melden. Inzwischen kehrt Ruiz zu seinem Guinness zurück, wobei er mit einem Auge den Bildschirm im Blick behält.
Es werden gerade Filmaufnahmen eines Verdächtigen gezeigt, der gesehen wurde, wie er aus der Station Oxford Circus hinausrannte. Der erste Teil des Videos ist körnig und unscharf. Von der Seite. Eine zweite Kamera nimmt den Mann auf, wie er die Straße überquert. Er bleibt an einer Straßenecke stehen. Sieht sich nach beiden Seiten um. Schiebt den Rucksack auf dem Rücken zurecht.
Das Bild bleibt stehen und zoomt auf das Gesicht des Verdächtigen. Der Kerl kommt Ruiz bekannt vor.
Noch ein Bild taucht auf dem Bildschirm auf – ein Foto von Sami Macbeth mit langen Haaren, einem Nirvana T-Shirt und Bleistiftjeans. Er schmollt in die Kamera, hat diesen wütenden Mach-mich-nicht-an-Look, als würde er für Werbefotos posieren und nicht für ein Verbrecherfoto.
Ruiz schluckt sein Bier hinunter und geht hinaus auf die Fleet Street, biegt rechts ab und schlendert an Doppeldeckerbussen und schwarzen Taxis vorbei.
Sami Macbeth ist seit sechsundfünfzig Stunden aus dem Knast und hat es geschafft, in dieser Zeit zu einer Schlagzeile zu werden. Das Kerlchen hat wirklich Talent dafür, sich in Schwierigkeiten zu bringen.
34
Die Straße ist Sperrgebiet. Pappbecher und Einpackpapier wirbeln über das Pflaster, bleiben an Laternenpfählen hängen und an den Reifen angeketteter Fahrräder.
Sami befiehlt Lucy, das vordere Fenster zu beobachten. »Sag mir, was du sehen kannst.«
»Nichts.«
»Da muss doch irgendwas sein.«
»Welchen Teil von Nichts soll ich beschreiben?«
Ein Nachrichtenbanner taucht im Fernseher auf: GEISELNAHME IN SOHO .
Die Straßen sind gesperrt worden. Polizisten in schwarzen Schutzanzügen steigen aus Bussen und nehmen ihre Positionen ein, als gelte es, einen kleinen Krieg auszufechten.
»Augenzeugen zufolge soll ein Mann heute Nachmittag um zwei Uhr ein Restaurant in Chinatown besetzt haben. Er behauptete, eine Bombe bei sich zu haben. Wir glauben, dass die Verhandlungsführer bereits mit dem Geiselnehmer Kontakt aufgenommen haben, aber bisher sind seine Forderungen noch nicht bekannt …«
Ein Foto von Sami blitzt auf dem Bildschirm auf. Sein Polizeifoto. Er hatte darauf längere Haare, weniger Falten und keine einzige Sorge auf der Welt, weil er wusste, dass das alles nur ein Missverständnis war und die Juwelen in Andy Palmers Lieferwagen nichts mit ihm zu tun hatten. Er war unschuldig. Die Wahrheit würde ans Licht kommen.
Nur hatte sie das nicht getan.
»… Der Name des Verdächtigen ist Sami Macbeth, geboren in Glasgow, aufgewachsen in South London. Seine Mutter stammt aus Algerien, sein Vater ist Schotte. Macbeth ist gerade erst aus dem Gefängnis entlassen worden, wo er etwas weniger als drei Jahre für den Besitz von Diebesgut abgesessen hat. Britische Terrorfahnder gehen davon aus, dass er im Gefängnis zum Islam übergetreten ist und unter dem Einfluss von Gangs ….«
Gangs? Radikaler Islam? Die einzigen Gebete, die Sami im Gefängnis gesprochen hat, waren an den Bewährungsausschuss gerichtet gewesen.
»Eine Organisation, die sich selbst die Al-Qaida-Märtyrerbrigade nennt, hat die Verantwortung für die Bombenanschläge übernommen. Es handelt sich höchstwahrscheinlich um eine der Splittergruppen, die sich gebildet haben, seit der Krieg gegen den Terror begann. Diese Gruppen unterhalten nur lockeren Kontakt zu Al-Qaida, werden aber von nahöstlichen Banken und Sympathisanten finanziert …«
Sami schüttelt ungläubig den Kopf. Wer sind diese Experten?
»Fachleute für Terrorbekämpfung beschäftigen sich mit der Frage, warum der Verdächtige seine Bombe nicht gezündet hat. Einige sind der Meinung, dass die Bombe nicht gezündet hat oder dass ihm Zweifel am Selbstmord kamen.«
Ich bin also nicht nur ein islamistischer Extremist, ich bin
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