Bis du stirbst: Thriller (German Edition)
können, wann immer sie wollen.
»Warum können wir nicht einfach am Telefon weiterreden?«
»Walkie-Talkies sind besser. Ich könnte jemanden damit hineinschicken.«
»Ich glaube, dass ist keine gute Idee.«
Sami hört ein tiefes Grummeln von draußen. Er kauert sich hinter einen umgedrehten Tisch, blinzelt durch ein Fenster und sieht einen Bulldozer. Die Schaufel ist oben, gibt dem Fahrer Deckung.
Sami hält immer noch das Handy.
»Was ist da draußen los, Bob?«
»Nichts.«
»Wollen Sie mich verarschen, Bob?«
»Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
Sami tritt einen Stuhl zur Seite und zieht eine Skimaske über sein Gesicht. Dann zwingt er den Lieferwagenfahrer auf die Füße und öffnet die Eingangstür, wobei er ihn als Schild benutzt. Zwei Schritte. Er ist auf dem Bürgersteig, drückt die Halbautomatische an den Hinterkopf des Fahrers.
»Sehen Sie mich, Bob?«, ruft er. »Entweder schicken Sie den Bulldozer weg, oder ich erschieße jemanden, verstanden? Versuchen Sie so was noch mal, und ich mache einen Krater aus diesem Lokal.«
Sami geht rückwärts durch die Tür, zieht den Fahrer mit sich. Innerhalb einer Minute fängt der Bulldozer an sich zu bewegen, dreht auf breiten Ketten herum und zieht sich zurück.
Die Knie des Lieferwagenfahrers geben nach. Er hat wahrscheinlich in die Hosen gepisst. Sami hilft ihm auf einen Stuhl.
Bob ist immer noch am Telefon. »Das war nicht nötig.« Er hört sich an wie ein Schulmeister.
»Leck mich.« Sami legt auf.
Ein tropfender Wasserhahn in der Küche klingt wie eine tickende Uhr.
Niemand im Restaurant hat etwas gesagt. Lucys Eltern halten sich an den Händen. Könnte sein, dass sie beten. Könnte sein, sie planen ihre Flucht.
Persephone sitzt an einem Tisch und zeichnet, als würde sie ignorieren, was geschieht. Sie hat ein paar Bilder in einer Mappe mit Reißverschluss. Sami sieht ihr über die Schulter und erblickt das Bild einer Gestalt, halb Frau halb Vogel, den Kopf unter einer Kapuze, der Körper nackt.
»Kann ich noch ein paar sehen?«, fragt er.
Sie nickt.
Sami blättert durch das Portfolio. Hauptsächlich Bilder von dunklen Engeln und Göttinnen, halb nackt, mit kräftigen Körpern und dämonischen Augen. An ihrer Nacktheit ist nichts Pornografisches.
Persephone erzählt ihm ihre Idee für einen Fantasy-Comic: ein Mädchen im Rollstuhl, das sich in einen Kämpfer gegen das Verbrechen verwandelt, eine halb mythische Gestalt, die nicht getötet werden kann. Die Idee ist ihr ein bisschen peinlich, aber sie kommt ihm nicht mehr so zornig vor. Wenn überhaupt, dann spürt Sami, dass sie mit ihm flirtet. Vielleicht ist sie eine von den Frauen, die auf Bösewichter scharf sind. Kate Tierney ist ein bisschen so.
»Ich muss auf die Toilette«, teilt ihm Persephone mit.
Es gibt keine Behindertentoilette, und ihr Rollstuhl passt nicht in die Kabine.
»Ich kann das alleine. Ich brauche nur jemanden, der mich zur Tür bringt.«
»Und dann?«
»Dann krieche ich.«
»Ich kann dich nicht kriechen lassen. Ich hebe dich hoch.«
»Ich will Sie nicht dabeihaben.«
»Ich bleibe nicht drin.«
Sami erwartet, dass sie Nein sagt, aber Persephone nimmt an. Er steckt die Knarre hinten in seine Jeans und legt einen Arm hinter ihren Rücken und den anderen unter ihre Knie. Sie wiegt nicht viel.
Sie legt ihren Kopf an seine Schulter. Das ist ein anderes Mädchen, denkt er.
Die Toiletten sind neben der Küche. Es gibt zwei Kabinen und einen kleinen Waschraum dazwischen mit einem Waschbecken und einem Spiegel.
Sami stößt die Tür zum Waschraum mit der Hüfte auf. Trägt Persephone seitwärts hinein, Füße zuerst, passt auf, dass er ihren Kopf nicht anstößt.
»Du kannst das gut«, sagt sie.
Er fühlt ihre Hand an seinem Rücken nicht. Sie schnappt sich die Waffe aus seinem Bund und hält sie ihm mit beiden Händen unters Kinn. Ihre Augen sind weit aufgerissen.
Er bleibt stehen. »Willst du immer noch aufs Klo?«
»Nein. Bring mich zurück.«
»Ich könnte dich hier fallen lassen.«
»Ich könnte dir eine Kugel in den Kopf jagen.«
»Du erschießt mich nicht.«
»Täusch dich mal nicht.«
Sami drückt die Augen zu. »Na, dann mach schon, Tu’s. Erschieß mich.«
Ihr Finger schließt sich um den Abzug.
»Lass sie alle gehen.«
»Das kann ich nicht.«
Betroffenheit in ihren Augen.
»Willst du sterben?«
»Nein.«
»Ich schieße.«
»Nein, das tust du nicht.«
Sami nimmt seinen Arm unter ihren Knien weg, lässt ihre Beine hängen, drückt sie
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