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Bis einer stirbt

Bis einer stirbt

Titel: Bis einer stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf Buettner
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erzählt.«
    Â»Mach’s nicht so spannend.«
    Â»Rate mal, wer an dem Tankstellenüberfall beteiligt war?«
    Genervt sah ich ihn an.
    Â»Philipp. Es waren seine Fingerabdrücke, die auf der Brieftasche gefunden wurden. Was sagst du nun?«
    Gar nichts. Zumindest vorerst. Der Gestank von angebranntem Rührei rief Nils zurück an den Herd, während ich mich auf einen Stuhl plumpsen ließ, um die Neuigkeit besser verdauen zu können.
    Â»Dadurch sieht die Sache natürlich schon wieder ganz anders aus«, meinte er, während er gleichgültig die verkohlte Masse in den Mülleimer kratzte.
    Â»Und warum?« Ich wusste es, aber ich wollte, dass er die Wahrheit aussprach. Ich wollte mich mit ihm darüber streiten.
    Â»Wir müssen alles erst mal in Ruhe überdenken«, meinte er und setzte sich ebenfalls an den Tisch, »bevor wir offiziell deinen Bruder mit ins Spiel bringen.«
    Â»Sag doch einfach, was du meinst«, forderte ich.
    Â»Na schön. Du hast Pit und Philipp am Tag des Überfalls zusammen gesehen. Phil war ein paar Stunden später beim Überfall dabei. Da müsste man schon ein bisschen blöd sein, um nicht auf die Idee zu kommen …«
    An genau dieser Stelle wollte ich eigentlich Einspruch erheben, aber Nils hatte Recht: Pit war, nach dem neusten Stand der Dinge, einer der Hauptverdächtigen in Sachen Tankstellenüberfall. Und falls sich das bestätigte, dann war er aller Wahrscheinlichkeit nach sogar der Mörder. Auch wenn ich mich scheute, diese Möglichkeit auch nur zu denken. Fakt aber war, dass der jüngste und kleinste Täter den tödlichen Schlag geführt hatte.
    Â»Meine Mutter hätte keine andere Chance«, sagte er. »Sie müsste Pit suchen. Und zwar nicht, weil er abgehauen, sondern weil er verdächtig ist.«
    Â»Lass uns bis morgen warten«, erwiderte ich schließlich. »Ich treffe ihn ja bei der Werft. – Einverstanden?«
    Ich hatte plötzlich Angst, dass er Nein sagen könnte.
    Aber er nickte nur. »Na klar.«
    Ich war erleichtert. Seine Haltung in dieser Sache erschien mir nicht selbstverständlich.
    Â»Aber du weißt nicht genau«, sagte er etwas später, »ob morgen Vormittag richtig ist.«
    Â»Na klar ist das richtig«, sagte ich. »Er ist zwar manchmal ein bisschen blöd, aber ganz sicher will er keine hundert Jahre warten. Statt in der Schule bin ich morgen ab acht auf der Schröder-Werft. Wenn ich dort bis mittags warte, können wir uns nicht verfehlen.«
    Â»Darf ich mitkommen?«, fragte Nils.
    Ich nickte. »Und jetzt?« Ich warf einen enttäuschten Blick auf den Mülleimer.
    Â»Hamburger?« Nils grinste. Wortlos schnappten wir unsere Jacken.
    Als er erwacht, glaubt er zunächst, tot zu sein. Es ist eine Dunkelheit um ihn, wie er sie so noch nie erlebt hat, ganz gleich, ob er die Augen offen oder geschlossen hält. Die Finsternis ist vollkommen. Wenn er nicht plötzlich blind geworden ist, muss das der Tod sein. Eiskalt ist es. So kalt, wie er sich das Sterben immer vorgestellt hat.
    Warum sollte der Tod auch gerade ihn verschonen? Den Mann in der Tankstelle hat er ebenso willkürlich geholt wie danach Phil. Warum sollte ausgerechnet er ihm entrinnen? Vielleicht würden sie nun alle nacheinander sterben müssen. Alle, die mit der Sache zu tun hatten. Eine Strafe des Himmels. Und jetzt ist er dran, keine Frage.
    Seine Erinnerung an die Ereignisse der letzten Tage kehrt allmählich zurück. Und sofort denkt er, dass dies hier die Hölle ist, von der der Pfarrer im Religionsunterricht gesprochen hat. Hölle bedeutet, die Erinnerung an diese Tage nie loszuwerden. Sie mit sich herumschleppen zu müssen bis in alle Ewigkeit, eingesperrt an diesem Ort.
    Wo aber ist er gewesen, unmittelbar bevor er hier endete? Die Bilder kommen nur langsam wieder. Irgendwo am Hafen … Richtig, der kleine Segelhafen, wo sie früher immer gespielt haben. Die verlassene Werft. Große Angst hatte er. Er hat sich versteckt.
    Aber vor wem?
    Vor seinem Vater? Nein, der war seltsam weit weg.
    Vor dem, den sie Boss nennen müssen? Obwohl er es hasst, irgendjemanden so zu nennen. Natürlich kennt er den richtigen Namen vom Boss. Alle kennen ihn, aber sie dürfen ihn nicht sagen. Sonst gibt’s ein paar aufs Maul.
    Der Boss. Genau, vor dem war er auf der Flucht. Aber warum? Warum hat das Blatt sich gegen ihn gewendet?

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