Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bis einer stirbt

Bis einer stirbt

Titel: Bis einer stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf Buettner
Vom Netzwerk:
es doch einen richtigen Weg geben.«
    Â»Den gab es mal«, meinte Nils. »Ich glaub sogar, ungefähr hier.«
    Als ich schon kaum noch damit rechnete, standen wir plötzlich vor den vergammelten Brettern eines alten braunen Holzschuppens. Mit einem Mal war er einfach da, wie aus dem Boden geschossen.
    Â»Bitte sehr«, stellte Nils mir die Bretterbude vor. »Der Bootsschuppen der Schröder-Werft.«
    Auf der anderen Seite des Schuppens, der Wasserseite also, gab es ein großes Tor, das nur noch notdürftig in den Angeln hing. Es war mit einem großen Holzriegel versperrt. Die Dämmerung war inzwischen in ein intensives gelbes Licht übergegangen, das die Taschenlampe zunächst überflüssig machte. Den Riegel entfernten wir problemlos. Quietschend öffnete sich der linke Flügel nun von alleine, während der rechte mir fast auf den Kopf gefallen wäre. Das ganze Tor war vollkommen morsch. »Eine Reparatur kann man sich hier klemmen«, meinte Nils, als die eine Hälfte im verfilzten Gras lag. Er leuchtete mit der Taschenlampe ins Innere des Schuppens. Nur an manchen, etwas ärger lädierten Stellen fielen kleine Lichtbündel herein. Hinten in der Ecke gab es im Dach ein größeres Loch, hier war es am hellsten.
    Der ganze Schuppen bestand aus einem einzigen großen Raum. Schweigend tasteten wir uns voran. Alles hier schien seit Jahren unberührt und meine Anspannung flaute etwas ab. Ein paar Sekunden verlor ich Nils sogar aus den Augen, ohne sofort in Panik zu geraten. Ein paar Werkbänke mit ein wenig verrottetem Werkzeug, ein zerfallenes altes Ruderboot und ähnlicher Krimskrams war alles, was wir entdeckten.
    Von Pit keine Spur, gar nichts. Die Enttäuschung fraß ein kleines, extrem fieses Loch mitten in mich rein.
    Â»Hier kann er nicht gewesen sein«, meinte ich ernüchtert. »Sonst wäre ihm das Tor auf den Kopf gefallen und nicht mir.« Ich setzte mich auf eine der Werkbänke.
    Â»An der Seitenwand dahinten«, meinte Nils, »gibt es eine Tür, die nicht abgeschlossen ist. Theoretisch könnte er natürlich auch da reingekommen sein. Aber hast du denn gedacht, dass er schon hier ist?«
    Â»Ich hab’s gehofft. Irgendwo muss er ja schließlich auch gepennt haben.«
    Â»Danach sieht es hier allerdings nicht aus.« Gedankenverloren spielte Nils mit einem alten, verrosteten Schraubstock herum. »Was machen wir jetzt?«
    Â»Warten, was sonst? Der Vormittag ist lang.«
    Â»Und hier ist es viel zu kalt«, meinte Nils. »Findest du nicht?« Mit einem Satz schwang er sich neben mich. Erstaunlicherweise war das alte Ding noch stabil genug, um uns beide auszuhalten.
    Nils lächelte nicht, aber er rückte ein Stück näher an mich heran. Ich hatte keine Ahnung, was das jetzt wieder sollte. Andererseits wehrte ich mich auch nicht gerade, als er den Arm um meine Schulter legte. Und dann war sein Gesicht auf einmal ganz nah an meinem. Er roch wie Kaffee von weit weg. Seine Haut spürte ich schon vor der Berührung, ganz komisch. Dann wurden unsere Lippen zu gegensätzlich gepolten Magneten. Irgendwie konnte man da nichts machen. Mein Kontrollsystem war ausgeschaltet. Und ich war mir noch nicht mal sicher, ob ich mich darüber ärgern sollte oder nicht.
    Â»Lass uns ein bisschen die Umgebung absuchen«, schlug ich vor, nachdem mein Kontrollsystem wieder aktiviert war, zum Glück.
    Â»Um was zu finden?«, fragte Nils ernüchtert.
    Â»Keine Ahnung«, sagte ich. »Vielleicht haben wir doch eine Spur von Pit übersehen.«
    Wie aneinander gebunden hüpften wir im selben Moment von der Werkbank.
    Â»Darf ich noch mal?« Es war, als kämen die Worte von jemand anderem, aber sie kamen eindeutig aus meinem Mund. »Ich glaub, ich brauch das jetzt.«
    Nils blieb ernst. »Ich glaub, ich auch.«
    Noch einmal küssten wir uns. Dann gingen wir durch die Seitentür, die Nils entdeckt hatte, nach draußen. Inzwischen nieselte es. Der Regen war so fein, dass ich ihn zwar sehen, aber kaum spüren konnte.
    Â»Ich hab das saublöde Gefühl«, meinte Nils, »dass es vielleicht überhaupt keinen Sinn macht, hier auf Pit zu warten. Und dass wir das wirklich Wichtige nicht …«
    Mitten im Satz brach er ab. Er hatte irgendwas im Gras entdeckt, gar nicht weit von uns. Sofort sah ich, was er meinte, obwohl es nur schlecht zu erkennen war. Der Gegenstand lag

Weitere Kostenlose Bücher