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Bis einer stirbt

Bis einer stirbt

Titel: Bis einer stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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vielleicht einfach mal zu?« Stinksauer blieb er stehen. Ich ebenfalls.
    »Und, großer Meister?«, fragte ich gereizt. »Was ist nun mit diesem großartigen Taschentuch?«
    »Es riecht nach Chloroform«, meinte Nils. »Wahrscheinlich wurde jemand damit betäubt.« Erst jetzt bemerkte ich, dass er ganz blass geworden war.
    »Nicht schwer zu erraten, wer. Oder?«
    Plötzlich wurde mir schwarz vor Augen, alles drehte sich, Ich musste mich ins Gras setzen. Hörte das denn nie auf? Ich war absolut am Ende meiner Kräfte. Nils pflanzte sich neben mich. Vorsichtig legte er den Arm um meine Schultern.
    »Wir finden ihn«, sagte er. »Ganz bestimmt. Und wir helfen ihm. Ich versprech’s dir.«
    »Was für Initialen hat das Taschentuch denn?«, fragte ich.
    »Drei Buchstaben und eine Zahl.«
    Verständnislos sah ich ihn an.
    »Man kann sie gerade noch lesen«, sagte er. »Der Lappen scheint ziemlich alt zu sein. Hier.« Er fischte das Tuch aus seiner Tasche und zeigte mir die mit groben Stichen aufgestickten Zeichen.
    » HGH  12«, las ich laut vor. »Vielleicht ein Doppelname?«
    »Und die Zahl?« Sorgfältig faltete er das Taschentuch zusammen und steckte es ein.
    »Keine Ahnung«, sagte ich. »Eine Altersangabe macht ja wohl keinen Sinn, oder?«
    »Kaum. Ich hab eher an eine Hausnummer oder so was gedacht. Obwohl das natürlich auch seltsam wäre. Wer stickt sich schon seine Hausnummer ins Taschentuch?«

15
    Zum Glück gehörte Benjamin nicht wie wir zu den Schulschwänzern. Es war kein Problem, ihn zu finden. Wir brauchten nur die große Pause abzuwarten. Da er nicht in dieselbe Schule ging wie wir, konnten wir einfach über den Schulhof schlendern und nach ihm suchen.
    »Da vorne ist er«, sagte ich zu Nils.
    Ben war alleine. Als er uns kommen sah, tat er, als hätte er mich nicht erkannt, und drehte sich weg, was mir reichlich seltsam vorkam. Wenn er mit Pit Zoff hatte, konnte ich doch nichts dafür.
    »Ben?« Erst als ich seinen Namen zum zweiten Mal rief, blieb er stehen. Widerwillig wandte er sich um und wartete. Irgendwas stimmte hier nicht.
    »Hallo, Ben.«
    »Hallo, Klara.« Er vergrub die Hände tief in den Taschen und beäugte Nils misstrauisch.
    »Das ist Nils, mein Freund.« Das letzte Wort war raus, ehe ich es aufhalten konnte. Bens Skepsis zerstreute das allerdings nicht.
    »Weißt du, wo Pit ist?« Ich ließ das Vorgeplänkel weg, wir hatten keine Zeit zu verlieren.
    »Wie kommst du denn darauf?« Genervt drehte er sich ab. »Wir haben nichts mehr miteinander zu tun. Gar nichts. Ich dachte, das wäre klar.«
    Ich hielt ihn am Jackenärmel zurück. »Er hat dich gestern angerufen«, sagte ich.
    Seine Augen flackerten unruhig.
    »Quatsch. Wir haben uns nichts mehr zu sagen. Warum sollte er mich da anrufen?«
    Wieder wollte er gehen, aber ich hielt ihn energisch zurück.
    »Pit ist in Gefahr!«, rief ich. »Und ich bin sicher, du kannst mir helfen, ihn zu finden!«
    »Schrei noch ein bisschen lauter«, sagte er. »Dann weiß gleich die ganze Schule Bescheid. Vielleicht haben’s noch nicht alle mitgekriegt.«
    Natürlich hatte er Recht. Jeder, der wollte, konnte mich hören. Aber das war mir völlig egal. Hier ging es nicht um Diskretion, es ging um meinen Bruder.
    »Lass uns irgendwo hingehen, wo wir ungestört sind«, schlug ich trotzdem vor.
    Er überlegte kurz. »Aber ohne den da«, meinte er mit einem Blick auf Nils.
    Der entschärfte sofort die Situation: »Kein Problem. Ich warte an der Straße auf dich, Klara.« Ich spürte sein Lächeln, als er sich zurückzog.
    Ben führte mich in einen abgelegenen Winkel des Schulhofs. Er setzte sich auf einen Baumstumpf, zündete sich eine Zigarette an und schaute an mir vorbei.
    »Wie kommst du darauf, dass er mich angerufen hat?« Er sprach mich an, ich existierte.
    »Ich weiß es«, sagte ich bestimmt. »Und jetzt Schluss mit dem Theater. Was weißt du?«
    Ich blieb vor ihm stehen, ungerührt wie ein Baum.
    »Ich glaube«, brummte Ben durch den Zigarettenqualm, »er steckt total in der Scheiße.« Am liebsten hätte er sich irgendwo eingebuddelt. »Aber auf mich wollte er ja nicht hören.«
    Ich setzte mich neben ihn. Der Baumstumpf war groß genug für uns beide. Vorsichtig legte ich einen Arm auf Bens Schulter, aber er schien es gar nicht wahrzunehmen. In seinen Gedanken war er ganz woanders.
    »Mit diesen Typen stimmte was nicht, das hab ich tausend Meilen gegen den Wind gerochen.« Er sprach eher zu sich selbst als zu mir. Pit war ihm noch immer viel

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