Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition)

Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
Vom Netzwerk:
über die Insel laufen lassen.«
    Mott sah ihn an. »Ich hatte das Gefühl, dass du hier sowieso alles dichtmachen willst.«
    Tait nickte bedächtig. »Ich werde hier wahrscheinlich weiter das Bargeld durchschleusen, aber das sonstige Geschäft wollte ich schon lange nach Harwich verlegen. Ich muss nur erst die Infrastruktur aufbauen. Sobald das läuft … tja, dann brauche ich bloß noch jemanden, dem ich vertrauen kann, um die Sachen vor Ort zu regeln.«
    »Ja?«
    »Du müsstest vielleicht umziehen.«
    »Nach Harwich?«
    Tait nickte. »Was hältst du davon?«
    »Kriege ich zu dem neuen Kutter auch noch ein neues Haus?«
    »Ich seh keinen Grund, wieso nicht.«
    »Okay, ich denk drüber nach.«
    »Aber nicht zu lange.«
    Mott stand auf. »Dann geh ich jetzt besser.«
    »Was glaubst du, wie lange du brauchst?«
    »Eineinhalb Stunden vielleicht.«
    »Gut.«
    Mott ging hinaus, und als Tait allein dasaß, nachdenklich seinen Schnaps trank und an der Zigarre paffte, wusste ich, dass ich, wenn ich irgendwas unternehmen wollte, es jetzt tun musste. Robyn steckte hier irgendwo, wahrscheinlich in einem Zimmer eingeschlossen, vielleicht gefesselt oder zugedröhnt, und im Moment trennte mich nur Tait von ihr. Aber bald würde Boon mit Linda hier aufkreuzen und wahrscheinlich kam er nicht allein, also musste ich jetzt handeln, um Robyn hier rauszuholen.
    Mir gefiel die Vorstellung nicht, Linda sich selbst zu überlassen, und ich wünschte, ich hätte Stevies Gewehr mitgebracht. Ich hatte das überlegt, als ich den Trailer verließ, mich am Ende aber dagegen entschieden, weil das Risiko zu groß war. Wenn mich jemand mitten in der Nacht mit einem Gewehr hätte rumstolpern sehen …
    Ich hätte das Risiko eingehen sollen , dachte ich jetzt. Wenn ich das Gewehr hätte, könnte ich vielleicht Robyn und Linda hier rausholen …
    Doch ich hatte das Gewehr nicht.
    Aber ich war ziemlich sicher, dass ich trotzdem mit Tait fertig würde, und während ich leise aufstand und von dem knackenden Schmerz in den Knien zusammenzuckte, ging ich in Gedanken schon alles durch – Tür öffnen, mich schnell zum Tisch bewegen, nach der Schnapsflasche greifen, sie kaputt schlagen, Tait packen, ihm die kaputte Flasche vors Gesicht halten, ihn zwingen, mir zu sagen, wo Robyn war …
    Ich legte die Hand an die Tür, holte tief Luft und wollte sie gerade aufstoßen, als ich in dem Raum ein Geräusch hörte – eine Tür, die aufging, dann Schritte und Stimmen …
    Geh da rüber … behalt sie im Auge, ja?
    ’n Abend, Geoff. Danke, dass du gekommen bist.
    Hatte ja wohl keine große Wahl, oder?
    Ich ging erneut vor dem Loch in der Tür in die Hocke und sah, wie Boon den Raum Richtung Tisch durchquerte. Er wirkte nicht besonders glücklich. Hinter ihm stand Gorman neben Linda und hielt ihren Arm fest. Sie war mit Handschellen gefesselt, ihr Gesicht wirkte leer. Ein weiterer Mann lehnte an der Treppe, rauchte eine Zigarette und schaute vage umher. Er war ein ziemlich schwerer Kerl, untersetzt, mit rasiertem Schädel … ich kannte ihn nicht.
    »Das gefällt mir nicht, Ivan«, sagte Boon und schüttelte Tait die Hand. »Das gefällt mir ganz und gar nicht.«
    Tait lächelte. »Ich bezahle dich nicht dafür, dass dir etwas gefällt , Geoff. Ich bezahle dich dafür, dass du es tust. Aber wenn du aussteigen willst, kein Problem. Ich bin sicher, Phil wär nur zu gern bereit, die Sache – «
    »Ich hab nicht gesagt, ich will aussteigen, ich wollte nur sagen – «
    »Regnet es draußen immer noch?«
    »Was …? Ja, klar, es pisst wie verrückt …«
    Ich schaute zu Linda hinüber. Sie sah ziemlich mitgenommen aus – vom Regen durchnässt, die Haare wild durcheinander –, aber körperlich schien sie in Ordnung zu sein. Keine offenen Wunden, keine Blutergüsse. Sie wehrte sich nicht oder sonst irgendwas. Sie stand einfach nur da und starrte stur geradeaus, mit zusammengekniffenen Lippen und scheinbar völlig emotionslos.
    Ich richtete mich wieder auf und trat vorsichtig von der Tür zurück, um schnell meine Chancen abzuwägen. Wie es schien, hatte ich keine große Wahl. Entweder verschwand ich so schnell wie möglich und suchte Hilfe oder ich mussteselbst handeln. Über die erste Möglichkeit lohnte es sich kaum nachzudenken – die Insel war von der Außenwelt abgeschnitten, es gab keinen Handy-Empfang und es existierte hier ohnehin niemand, dem ich vertrauen konnte. Aber Tait stand nicht mehr als Einziger zwischen mir und Robyn, jetzt waren es vier, und

Weitere Kostenlose Bücher