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Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition)

Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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würde niemals der sein, der dich niederschlug.
    »Wie heißt du?«, fragte ich ihn.
    Er sah mich böse an. »Was?«
    »Wie du heißt?«
    »Scheiße verdammt, wieso – ?«
    Ich trat dichter heran. »Wie heißt du?«
    »Lyle«, sagte er und versuchte zu grinsen, doch es gelang ihm nicht. »Nicht dass es dich irgendwas – «
    »Okay, Lyle«, sagte ich und lächelte ihn an. »Ich hab eine Frage für dich … du magst doch Fragen, oder?«
    »Hör zu«, sagte er defensiv. »Ich sag ja nur – «
    »Siehst du die Flasche Budweiser?«, fragte ich und zeigte sie ihm.
    »Ja …«
    »Okay, hier ist die Frage. Hörst du zu, Lyle?«
    »Ja.«
    »Gut. Die Frage lautet: Was werde ich mit der Flasche Bud tun? Werde ich sie A: trinken, B: dir geben oder C: sie dir über den Kopf ziehen und dir deine verdammten Augen rausschneiden?« Ich lächelte ihn an. »Hast du die Frage verstanden?«
    Er blinzelte ganz schnell. »Nein … doch, ich meine, ja … ich versteh nur – «
    »Willst du die Antworten noch mal hören?«
    Er schüttelte den Kopf. »Wieso fragst du – «
    »Ich will eine Antwort, Lyle.«
    »Ich – «
    »Schnell.«
    »Du trinkst sie?«, stammelte er.
    »Rat noch mal.«
    »Ich weiß nicht – «
    »Es sind nur noch zwei Antworten übrig, Lyle. B: Ich geb dir die Flasche. Oder C: Ich zieh sie dir über den Schädel und schneid dir deine verdammten Augen raus. Für welche der beiden entscheidest du dich?«
    »B …?«, murmelte er.
    »Bist du sicher?«
    »Ja … ja, ich bin sicher.«
    Ich hielt ihm die Flasche hin. »Gewonnen.«
    Er atmete aus, blinzelte wieder und nahm danach zögernd die Flasche aus meiner Hand.
    »Dann trink sie«, sagte ich zu ihm.
    Er nahm einen zittrigen Schluck.
    »Okay?«, fragte ich.
    »Ja …«
    »Also gut, ich geh jetzt raus, eine rauchen. Dauert ungefähr zehn Minuten. Wenn ich zurückkomme, will ich dich hier nicht mehr sehen, verstanden?«
    Er nickte.
    Ich betrachtete ihn einen Moment, sah mich in seinen Augen, dann drehte ich mich um – wobei reflexhaft ein eisiger Hauch von Hass in mir hochstieg – und verschwand.
    Der Raucherbereich draußen hatte eine beheizte Markise, doch obwohl der Wind scharf und kalt war und aus den tiefen Wolken ein Nieselschleier herabsank, wollte ich keinen Schutz. Ich brauchte die kalte Luft, die Feuchte, den offenen Himmel … ich brauchte irgendwas. Ich ging über den kleinen gepflasterten Hof, blieb vor der Mauer stehen und zündete mir eine Zigarette an. Ich blies den Rauch aus und atmete durch die Nase ein. Ich wollte die Frische des Regens und den leichten Salzgeschmack der Luft kosten … doch ich schmeckte nichts als kalten Rauch und schalen Alkohol.
    Ich nahm einen kräftigen Schluck von dem Bier mit Whisky, schluckte ihn runter und trank gleich noch mal.
    »Scheiße«, sagte ich.
    Eine einsame Möwe schrie von einem nahen Dachfirst.
    Ich zog den Kragen meiner Jacke hoch.
    Was ist los, John? , fragte Stacy.
    »Nichts …«
    Ihre Stimme in meinem Herzen schwieg, doch ich spürte, wie ihr Blick die Frage wiederholte: Was ist los?
    »Keine Ahnung, Stace«, seufzte ich. »Dieser Lyle … ich weiß nicht. Er hat mich einfach wütend gemacht.«
    Er ist doch bloß ein Junge.
    »Er ist ein Stück Scheiße.«
    Na und? Die Welt ist voller Scheiße, das weißt du doch.
    »Ja, schon …«
    So was siehst du doch jeden Tag.
    »Ich weiß.«
    Das nimmst du doch sonst einfach hin.
    »Ja, ich weiß .«
    Was ist also in dich gefahren? Was sollte dieser ganze selbstgerechte Mist gerade eben?
    »Das war kein – «
    Doch, war es. Mach dir nichts vor, John. Du weißt genau, dass es nicht okay war.
    Ich trank noch ein bisschen Bier und schaute hinauf in den Himmel. Die Wolken hingen tief und waren grau. Mehr und mehr Schichten, die immer dunkler wurden, trieben schwerfällig im Wind. Ich drückte meine Zigarette aus und zündete eine neue an.
    Bist du sauer wegen Bridget?
    »Nein.«
    Ruf sie an, John. Red mit ihr. Wird schon gut gehen.
    »Ich bin nicht sauer wegen Bridget.«
    Was ist es dann? Warum bist du so wütend?
    »Ich weiß nicht.«
    Geht es um deinen Dad?
    »Nein.«
    Um Serina, Robyn … Mick Bishop?
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich weiß es echt nicht, Stace. Ich fühl mich nur einfach … keine Ahnung. Irgendwas macht mich fertig, aber ich weiß nicht, was.«
    Na ja, dann musst du es rausfinden, John. Es ist ja okay, sich beschissen zu fühlen, das gehört zu dir. Aber was du da gerade getan hast … das bist nicht du. Und ich kann nicht bei dir sein, wenn

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